Kommentar

Rückschritt

Vieles, was vor der Wahl befürchtet wurde, tritt nun ein. Mit dem rotgrünen Koalitionsvertrag ist klar, im Gesundheitswesen geht es weiter rückwärts in Richtung Bürokratisierung und Reglementierung. Wirtschaftliche Bedeutung dieser Wachstumsbranche mit über vier Millionen Beschäftigten? Das wird nicht positiv erwähnt, obwohl der Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Wachstumsschwäche auf dem Papier ganz oben steht.

Bald wird sich die Umsetzung der vagen Absichtserklärungen klären. Aber vom Mut zu echten Reformen, vom Fitmachen etwa der Krankenversicherung für die Zukunft, ist nicht viel zu spüren. Dagegen drohen Notoperationen, und welche! Speziell auf Apotheken kommen harte Zeiten zu. In diesen Tagen laufen die Arbeiten am Vorschaltgesetz, von dem noch nicht die Endfassung bekannt ist, aber dessen Einsparsumme zur Wochenmitte bereits nach oben korrigiert wurde. Die ursprünglich 1,4 Milliarden Euro an Einsparungen wollte die Bundesministerin für Gesundheit und Soziales überproportional bei den Apotheken hereinholen.

Wo zusätzlich Mittel abgeknapst werden, ist derzeit noch unklar. Es gilt, bei künftigen Sparmaßnahmen zweierlei zu unterscheiden. Einerseits wird es wohl drastische Eingriffe geben, die einige Apotheken womöglich nicht überleben. Ob Herstellerrabatt für die Kassen, Senkung der Großhandelsspanne und gekürzte Spannen der Apotheker bei hochpreisigen Arzneimitteln - das ist überwiegend noch in der jetzigen Systematik drin. Gefährlicher für den Berufsstand insgesamt sind Angriffe auf die Basis-Strukturen - mit dem Versandhandel obenan. An den denken SPD und Grüne, wenn es im Koalitionsvertrag lapidar heißt: "die Arzneimittelversorgung wird liberalisiert".

Zugleich warnen die gesetzlichen Kassen vor neuen "Verschiebebahnhöfen", wo zwar nichts gespart wird, ihnen aber aus anderen Bereichen Kosten aufgebrummt werden. Nur weil Ulla Schmidt jetzt auch für Rente, Pflege und Arbeitslosenversicherung zuständig ist, heißt das noch lange nicht, dass die Schwächung der Krankenversicherung zur Sanierung etwa der öffentlichen Haushalte aufhört.

Insgesamt scheint fast Strangulierung angesagt. Wie so neue Jobs geschaffen oder die bestehenden - etwa in Apotheken - gesichert werden, weiß wohl nur die rotgrüne Regierung. Mittelstand und kleine Unternehmen schaffen in der Regel Arbeitsplätze. Höhere Belastungen aber vernichten sie.

Susanne Imhoff-Hasse

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