Kommentar

Europäisches Parlament: Kein Pilotprojekt zur Patienteninformation

Straßburg (ks) Das Europäische Parlament hatte in der vergangen Woche über diverse Vorschläge zur Harmonisierung des EU-Arzneimittelrechts zu entscheiden. Eine Abfuhr erhielt ein Vorschlag, den die pharmazeutischen Industrie angeregt hatte: Sie wollte ein Pilotprojekt zur Patienteninformation über Produkte für Aids, Diabetes und Asthma starten. Wenngleich die Europa-Abgeordneten sich für neutrale Produktinformationen aussprachen Ų so weit wollten sie nicht gehen.

Das Europäische Parlament hat sich am 23. Oktober in erster Lesung mit einem Entwurf zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel beschäftigt. Dabei ging es auch um Werbung und Produktinformationen für Arzneimittel. Die Abgeordneten stimmten dabei zwar gegen einen Änderungsantrag, der vorsieht, jede Art von Mitteilung über Krankheiten, Behandlungsstrategien und Arzneimittel, die von einem pharmazeutischen Unternehmen kommt, als Werbung zu bewerten. Zugleich stieß die von der Industrie angestrebte Produktinformation für drei ausgewählte Indikationsgebiete im Europäischen Parlament auf Ablehnung. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass die Patienten vergleichende Informationen über Arzneimittel von unabhängigen Quellen verlangen. Die vorgeschlagene Ausnahmeregelung sei "in Wirklichkeit der erste Schritt zur direkten Verbraucherwerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel, unter dem Deckmantel der Aufklärung über Krankheiten". Zudem würde sie "eine Erhöhung der Ausgaben im Gesundheitswesen zur Folge haben und einen rationellen Einsatz von Medikamenten für Diabetes, Aids und Asthma beeinträchtigen". Damit bleibe es vorerst beim bisher bestehenden Verbot der Direktwerbung für verschreibungspflichtige Medikamente.

Das Europäische Parlament beschäftigte sich auch mit einem Vorschlag für eine Verordnung, in der ein Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung, Überwachung und Pharmakovigilanz von Arzneimitteln festgelegt werden soll und die die Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln vorsieht. Der Verordnungsvorschlag wurde vom Plenum in erster Lesung weitgehend begrüßt. Die Abgeordneten nahmen jedoch auch eine Reihe von Änderungsanträgen an. So sollen etwa Medikamente für Kinder einer Verträglichkeitsprüfung unterzogen werden. Zudem soll die Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit neuer Arzneimittel künftig auch für Frauen klinisch evaluiert werden. Für neue Medikamente fordern die Europa-Abgeordneten außerdem in den ersten fünf Jahren nach Marktzulassung folgenden Hinweis auf der Packungsbeilage: "Neu zugelassenes Arzneimittel. Bitte melden Sie jegliche Gegenreaktion".

Die Vorschläge werden nun dem Europäischen Rat vorgelegt. Für das so genannte Verfahren der Mitentscheidung sind jeweils zwei Lesungen im Parlament und im Rat vorgesehen. Sollte keine Einigung zwischen den beiden Organen herbeigeführt werden, kann ein Vermittlungsausschuss einberufen werden.

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