Kommentar

Niedrig hängen

Die ARD-Tagesschau hat an zentraler Stelle darüber berichtet und auch die FAZ (deren Sonntagszeitung vor kurzem noch alle Apotheken abschaffen wollte): Das Urteil des Bundesverfassungsgericht zur Verfassungswidrigkeit von § 14 Abs. 4 des Ladenschlussgesetzes hat für publizistische Furore gesorgt, die erstaunt. Nach den ladenschlussrechtlichen Bestimmungen dürfen "Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein". Für Apotheken soll die Öffnungsmöglichkeit allerdings nicht gelten. Diese Ausnahmebestimmung haben die Karlsruher Richter nunmehr für verfassungswidrig erklärt und die berufsordnungsrechtliche Verurteilung einer Ettlinger Apothekenleiterin, die gegen das Öffnungsverbot verstoßen hatte, aufgehoben. Und in der Tat: Warum sollte es Apotheken verwehrt sein, sich an maximal vier verkaufsoffenen Sonntagen im Jahr ihren Kunden präsentieren zu können? Die Sinnhaftigkeit der Ausnahmevorschrift war schon vom letztjährigen Apothekertag mehrheitlich bezweifelt worden. Entsprechend einhellig war die Zustimmung zum Karlsruher Judikat von ABDA, Kammern und Verbänden (die vor dem Bundesverfassungsgericht z.T. freilich noch für die Gültigkeit der Bestimmung plädiert hatten). "Gemeinwohlbelange", die es rechtfertigten, einen Apothekenleiter anlässlich verkaufsoffener Sonntage in seiner grundrechtlich geschützten Entscheidungsfreiheit zu beschneiden, sind nämlich nicht ersichtlich. Akribisch weist das Gericht nach, dass die zusätzliche Arbeitsbelastung für Apothekenmitarbeiter pro Jahr maximal an vier Sonntagen jeweils fünf Stunden beträgt (und Apotheken im Gegenzug hierzu am vorangegangenen Samstag sogar bereits um 14.00 Uhr statt um 16.00 geschlossen werden müssen). Insgesamt betrifft das Urteil einen nur marginalen Bereich der Apothekenpraxis. Es sollte deshalb niedrig gehängt und in seiner Bedeutung nicht überbewertet werden. Ein apothekenrechtlicher Paradigmenwechsel ist damit jedenfalls - noch? - nicht verbunden. Im Gegenteil: An mehreren Stellen betont das Gericht, ebenso traditionell wie zutreffend, den wichtigen Versorgungsauftrag von Apotheken und ihre spezifische Stellung gegenüber dem sonstigen Einzelhandel. Immerhin ... Christian Rotta

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