Kommentar

Reformkonzept der Forschenden Arzneimittelhersteller: Rezepte für ein krankes S

Berlin (ks). Die Frage, wie das deutsche Gesundheitswesen zu reformieren sei, beschäftigt zur Zeit eine Vielzahl von Personen, Verbänden und Institutionen. Auch der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) hat nun ein Reformkonzept präsentiert: Die Solidarität stärken, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung fördern, einen qualitätsorientierten Wettbewerb und ein neu gestaltetes Finanzierungssystem einführen - so sollen die bestehenden Missstände unseres Systems beseitigt werden.

"Nicht zukunftsfähig" sei das derzeitige deutsche Gesundheitswesen, erklärte der VFA-Vorstandsvorsitzende Bernhard Scheuble bei der Vorstellung des Reformkonzepts des Pharmaverbandes am 12. Juni in Berlin. Seit 25 Jahren werde in erster Linie Kostendämpfungspolitik betrieben: "Nicht der medizinische Fortschritt, sondern Finanzierungsprobleme dominieren die medizinische Versorgung", so Scheuble. Nun müsse gehandelt werden; auch der VFA wolle seinen Beitrag leisten - und zwar über den Arzneimittelbereich hinaus für das Gesamtsystem.

Grundlage für das VFA-Konzept ist ein Gutachten der Gesundheitsökonomen Peter Zweifel und Michael Breuer vom Sozialökonomischen Institut der Universität Zürich. Dieses kommt dem VFA zufolge zu dem Ergebnis, dass eine marktwirtschaftliche Reform sozial ausgestaltbar, finanziell darstellbar und politisch umsetzbar sei.

Stärkung der Solidarität

Das VFA-Konzept geht zunächst von einer verpflichtenden Basis-Krankenversicherung für alle aus. Wie dieser Mindestversicherungsschutz genau auszusehen habe, müsse allerdings der Gesetzgeber festlegen, sagte Scheuble. Zur Stärkung des Solidarprinzips sieht das Reformkonzept vor, die sozialen Umverteilungsaufgaben auf den Staat zu konzentrieren. So sollten etwa versicherungsfremde Leistungen aus Steuergeldern finanziert werden. Daneben will der VFA mehr Selbstbestimmung und Eigenverantwortung ins System bringen. Wahlangebote der Versicherer stärkten den Wettbewerb und garantierten so eine hochwertige Gesundheitsversorgung, erklärte Scheuble.

Mehr Wettbewerb auch für Apotheken

Auch im Bereich der Arzneimittel fordert der VFA mehr Wettbewerb: Krankenkassen könnten ihren Versicherten Verträge anbieten, die den Kreis der erstattungsfähigen Arzneimittel ausweiten oder einschränken. Wer will, kann Generika generell den Vorzug geben - chronisch Kranke könnten sich aber auch für eine freie Medikamentenwahl mit geringerer Zuzahlungsverpflichtung entscheiden. "Damit könnten Apotheken von der Pflicht befreit werden, stets die preisgünstigsten Medikamente abgeben zu müssen" heißt es im Reformkonzept. Allerdings müssten Apotheken dann auch auf den bislang geltenden Kontrahierungszwang verzichten und sich dem Leistungswettbewerb aussetzen. Dies bedeute etwa ein Aushandeln der Margen mit einzelnen Versicherungen an Stelle eines einheitlichen Rabatts, welcher den Krankenkassen derzeit zu gewähren ist.

Paritätische Finanzierung nicht mehr zeitgemäß

Nicht zuletzt möchte der VFA die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) grundlegend reformiert sehen: Die paritätische Finanzierung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer sei im Kern ein "historisches Relikt", erklärte Scheuble. Der GKV-Beitrag müsse den Charakter eines Versicherungsbeitrags bekommen. Modelle - wie das der individuellen, risikogerechten Prämien - lägen bereits vor und seien machbar, wie es etwa das Züricher Gutachten zeige.

Scheuble ist sich bewusst, dass eine grundlegende Reform nicht von heute auf morgen erfolgen kann. Einige Schritte, so der VFA-Vorstandsvorsitzende, wären jedoch schon in der kommenden Legislaturperiode möglich. So könnte die Rolle des Patienten durch bessere Information und mehr Mitsprache gestärkt und eine Wahlmöglichkeit zwischen Sachleistungs- und Kostenerstattungsprinzip zur Erhöhung der Kostentransparenz eingerichtet werden. Auch die Umwandlung des Arbeitgeberanteils in Lohn könne schnell erfolgen, erklärte Scheuble, ebenso die Beendigung der Verschiebebahnhöfe zulasten der GKV, etwa durch Auslagerung versicherungsfremder Leistungen.

Das VFA-Reformkonzept finden Sie im Internet unter www.vfa.de/vfareformkonzept, das Züricher Gutachten unter www.vfa.de/zuerichermodell.

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