Kommentar

Ärzte-Kampagnen gegen Aut idem: Patienten werden mit Schreckensvisionen verunsi

Eschborn (abda/az). "Hier wird blanker Lobbyismus zu Lasten der Patienten betrieben!" In scharfer Form verurteilte der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), Hermann Stefan Keller, die Reaktionen einzelner Ärzteverbände, wie zum Beispiel des Hartmannbundes, auf die seit kurzem gültige Aut-idem-Regelung. Mit immer neuen Schreckensvisionen von "Billigmedizin" und dem Verlust der ärztlichen Therapiehoheit würden Patienten verunsichert und massive Stimmungsmache zu eigenen Gunsten betrieben. "Wer so agiert, schadet letztlich nur einem, nämlich dem Patienten, der in seiner persönlichen Krankheitssituation zu Recht schnelle und wirksame Hilfe erwartet."

Zur Sache selbst betonte Keller, dass der Arzt jederzeit die volle Therapiehoheit habe. Er allein bestimmt den Wirkstoff des Arzneimittels, er schreibt die Wirkstärke, die Darreichungsform sowie die Packungsgröße fest. Nach diese klaren Vorgaben wählt dann der Apotheker ein preisgünstiges Arzneimittel aus. Die vermehrte Abgabe preisgünstiger Arzneimittel decke sich zudem voll inhaltlich mit den Vorstellungen der offiziellen Vertretungen der Ärzteschaft. So habe die Kassenärztliche Bundesvereinigung gerade erst zum 1. Januar 2002 eine Zielvereinbarung mit den Krankenkassen getroffen, in denen die Ärzte sich selbst verpflichtet hätten, in größerem Umfange preisgünstigere Arzneimittel zu verordnen. "Im übrigen hat der Arzt jederzeit die Möglichkeit, aut idem auszuschließen, wenn er selbst das konkrete Fertigarzneimittel auswählen will", betonte Keller.

"Letztlich stehen hinter dem Agieren einzelner Verbände nur wirtschaftliche Interessen", meinte Keller. Dies werde besonders daran deutlich, dass der NAV-Virchow-Bund sogar das Dispensierrecht für Ärzte fordert. "Alle Länder, die dies als Notlösung wegen geringer Apothekendichte zulassen, haben - wie zum Beispiel die Schweiz - wesentlich höhere Arzneimittelausgaben pro Patient als in Deutschland. Die Aut-idem-Regelung werde die Krankenkassen dagegen entlasten. Das Bundesgesundheitsministerium rechnet mit Einsparungen von rund 250 Millionen Euro. Im übrigen zeige das tatsächliche Verordnungsverhalten, dass die weitaus meisten Ärztinnen und Ärzte aut idem den Apothekern einräumen.

"Das ständige Agieren einzelner Verbände gegen aut idem", so Keller schließlich, "soll offenkundig nur die Patienten verunsichern. Ich halte das für unverantwortlich, denn als Folge nehmen möglicherweise manche Patienten ihre notwendigen Arzneimittel nicht richtig oder vielleicht sogar überhaupt nicht ein." Der DAV-Vorsitzende forderte diese Ärzteverbände dringend auf, zu einer rationalen und praxisorientierten Diskussion zurückzukehren.

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