Kommentar

Mammographie-Screening: Flächendeckendes Screening soll 2003 eingeführt werden

Berlin (ks). Um die Brustkrebs-Früherkennung steht es in Deutschland nicht zum Besten. Jedes Jahr erkranken hierzulande etwa 47 000 Frauen am Mammakarzinom, rund 17 000 sterben jährlich daran. Um Früherkennung und Behandlung zu verbessern, will Gesundheitsministerin Ulla Schmidt im kommenden Jahr ein flächendeckendes qualitätsgesichertes Mammographie-Screening für 50 bis 69-jährige Frauen einführen.

Während in anderen europäischen Ländern qualitätsgesicherte Vorsorgeprogramme bereits seit vielen Jahren zum Alltag gehören, ist die Bundesrepublik noch immer das Land der "grauen" Mammographie. Rund 4 Millionen solcher Mammographien werden jährlich unter unzureichenden Qualitätskriterien und mit bedenklichen Geräten durchgeführt, schätzt Karl Lauterbach vom Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen. Auch die Befundqualität lässt zu wünschen übrig: Durch die Vielzahl falsch-positiver Befunde kommt es Lauterbach zufolge jedes Jahr zu rund 100 000 unnötigen offenen Biopsien. Dies verunsichert nicht nur die Frauen, sondern stellt auch einen erheblichen Kostenfaktor dar. Es gibt also viele gute Gründe, die graue Mammographie durch ein evidenzbasiertes Screening nach europäischen Leitlinien zu verdrängen. Gegenwärtig laufen in Deutschland in drei Regionen Modellversuche, die darüber Aufschluss geben sollen, wie das Screening bundesweit eingesetzt werden kann. Schmidt setzt bei der Durchführung der Reihenuntersuchungen auf die Selbstverwaltung anstelle einer gesetzlichen Regelung: Ärzte und Krankenkassen haben sich auf einheitliche Standards geeinigt, die am 1. April in Kraft treten sollen und nach denen die behandelnden Ärzte bestimmte Qualifikationsvoraussetzungen erfüllen müssen. Zudem müssen die Mammographie-Aufnahmen über eine optimale technische und diagnostische Qualität verfügen.

Schmidt sprach sich dafür aus, dass Krankenkassen mit Ärzten, die den Anforderungen genügen, Direktverträge abschließen können. Auch sollen diese Ärzte mit ihren besonderen Leistungen werben dürfen. Besonders wichtig ist der Ministerin, dass Frauen darauf vertrauen können, dass die Kosten für notwendige Früherkennungsmaßnahmen und Therapie von der Gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden.

Wenn eine Frau ein besonderes Risiko aufweist und/oder Symptome vorliegen, zahle die Kasse, betonte Schmidt. Sie sieht mit ihren Vorhaben den "Durchbruch zur Qualitätssicherung bei der Früherkennung und Behandlung von Brustkrebs" gekommen. Dazu trage auch bei, dass die Erkrankung in die Disease-Management-Programme der Krankenkassen aufgenommen wurde.

Anhörung im Gesundheitsausschuss

Am 27. Februar, zwei Tage nach der Ankündigung der Ministerin, die Früherkennung verbessern zu wollen, fand im Gesundheitsausschuss auf Antrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Grüne eine Anhörung zum Thema statt. Bei den Sachverständigen herrschte Einigkeit, dass die Einführung flächendeckender Screenings nach europäischen Leitlinien unerlässlich ist. Auch die Errichtung zentraler, besonders zertifizierter Kompetenzzentren sowie eine verbesserte Dokumentation wurde gefordert. Bei der Frage, ob ein entsprechendes Gesetz nötig sei, gingen die Meinungen jedoch auseinander. Während die Kassenärztliche Bundesvereinigung der Ansicht ist, die Selbstverwaltung könne die Aufgabe selbst lösen, halten Selbsthilfe-Gruppen eine gesetzliche Regelung für unerlässlich.

Das Bundesamt für Strahlenschutz warnte darüber hinaus vor den Gefahren von Röntgenuntersuchungen. Mammographien dürften nur durchgeführt werden, wenn der gesundheitliche Nutzen das Strahlenrisiko überwiege. Voraussetzung für Reihenuntersuchungen sei daher, dass eindeutlich belegt ist, dass die Behandlung tatsächlich Leben verlängern kann. Schmidt hat mit diesen Einwänden offensichtlich kein großes Problem. Bei Frauen über 50 sei "damit zu rechnen, dass der Nutzen höher ist als das Risiko".

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