Praxis

G. HankeApV-Prüfrichtlinie für Nahrungsergänzungs

Die Arbeitsgemeinschaft für Pharmazeutische Verfahrenstechnik (APV) hat sich dem Thema der Nahrungsergänzungsmittel angenommen und eine Prüfrichtlinie erstellt. Diese Prüfrichtlinie ist eine Orientierungshilfe für die Beurteilung und Bewertung von Nahrungsergänzungsmitteln. Bei den Nahrungsergänzungsmitteln handelt es sich um keinen bisher klar definierten Bereich mit entsprechenden Ansprüchen wie im Arzneimittelbereich. Daher gelten allgemeine Vorgaben des Lebensmittelrechts.

Mit Stand vom 8. Mai 2000 hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaft einen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Nahrungsergänzungen vorgelegt. Zu diesem Entwurf gibt es bereits zwei Stellungnahmen bzw. Ergänzungen vom 29. September 2000 (Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik) und 5. Oktober 2000 (Committee on Industry, External Trade, Research and Energy). In diesem Richtlinienentwurf soll allerdings nur geregelt werden, welche Stoffe bei den beiden Gruppen Vitamine und Mineralien verwendet werden dürfen. Es ist darin nicht geregelt, welche Dosierungen als Abgrenzungskriterien zwischen Arzneimitteln und Lebensmitteln gelten sollen. Eine zukünftige ausschließliche Beurteilung der erlaubten Mengen unter dem Aspekt der Sicherheitsüberlegungen erscheint zunächst sinnvoll, Überschneidungen und Schwierigkeiten mit der Abgrenzung zu Arzneimitteln sind jedoch vorprogrammiert.

Da weiterhin der § 18 LMBG (Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz) mit dem Verbot krankheitsbezogener Werbung gelten soll, fehlen klare Aussagen zur Möglichkeit gesundheitsbezogener Formulierungen. Diese unter dem Stichwort "Effektivität" aufgeführten Aussagemöglichkeiten sollten objektiven wissenschaftlichen Kriterien standhalten können.

In der Schweiz regelt's die Nährwertverordnung

In der Schweiz dürfen Lebensmitteln zur Erhaltung oder Verbesserung des Nährwertes Vitamine und Mineralstoffe zugesetzt werden. Zulässige Höchstmengen sowie die Deklaration dieser Zusätze sind in der Nährwertverordnung (NwV) festgelegt. Diese Mengen orientieren sich an den D.A.CH-Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr aus dem Jahr 2000 und den EU-Vorgaben. Darüber hinaus hat eine Arbeitsgruppe Anpreisungen für einzelne Vitamine und Mineralstoffe erarbeitet.

Diese Anpreisungen beruhen auf einem wissenschaftlich anerkannten allgemeinen Konsens. Es handelt sich um so genannte "Nutrient function claims", das heißt um Anpreisungen, die die physiologische Funktion eines Nährstoffes umschreiben. Dabei spielt es keine Rolle, ob die betreffende Substanz von einem Nahrungsmittel von Natur aus vorhanden ist oder ob das Lebensmittel damit angereichert wird.

Voraussetzung für eine Anpreisung ist, dass in der Tagesration eines Lebensmittels mindestens 30% des empfohlenen Tagesbedarfs des betreffenden Vitamins oder Mineralstoffs enthalten ist und sich die Anpreisung klar auf den Nährstoff und nicht auf das Lebensmittel bezieht.

Lebensmittelrecht reicht nicht aus

In der Praxis hat sich gezeigt, dass allgemeine Vorschriften des Lebensmittelrechts nicht ausreichen, um dem Verbraucher Produkte zu garantieren, die drei wesentliche Punkte zufriedenstellend erfüllen: 1. Qualität (Quality) 2. Effektivität (Benefit) 3. Unbedenklichkeit (Safety)

Die APV-Richtlinie gibt deshalb eine Orientierungshilfe für die Beurteilung und Bewertung von Nahrungsergänzungsmitteln, um die vorher aufgeführten drei Bereiche abzusichern. Dabei wurden bewährte Elemente aus dem Arzneimittelbereich berücksichtigt, ohne die gesamten Wertmaßstäbe einer Arzneimittelzulassung anzulegen.

Es ist daran gedacht, analog dem Medizinproduktegesetz ein System zu installieren, bei dem unabhängige Sachverständige von einer staatlichen Stelle anerkannt und in einer Liste veröffentlicht werden. Mit der ihnen zugeordneten Nummer und einem Symbol für Nahrungsergänzungen werden überprüfte Packungen gekennzeichnet, sodass eine für Dritte erkennbare und nachvollziehbare Überprüfung des Produktes stattgefunden hat.

Überprüfung durch externen Sachverstand

In Artikel 10 des Vorschlags zu Nahrungsergänzungen ist die Möglichkeit der Einrichtung eines Meldeverfahrens vorgesehen. Diese Meldung könnte sowohl über die Sachverständigen als auch evtl. direkt an das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin erfolgen. Die Überprüfung erfolgt jedoch grundsätzlich außerhalb des direkten Verantwortungsbereichs einer Behörde, sodass der Forderung eines Meldesystems an eine staatliche Stelle gleichzeitig eine Überprüfung durch externen Sachverstand folgt. Als verantwortliche Behörde bietet sich das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin in Berlin an, das bereits ein Meldeverfahren bei Kosmetika installiert hat.

Die nachfolgende APV-Prüfrichtlinie soll hinsichtlich der Effektivität, Unbedenklichkeit und Qualität Transparenz gewährleisten und gibt Vorgaben, wie Nahrungsergänzungsmittel zu überprüfen sind. Die Fragen und Einzelpunkte sind zunächst Vorschläge für den Hersteller und Überprüfer.

Es ist nicht vorgesehen, alle Fragen und Punkte als starres Schema vorzugeben, das detailliert abgearbeitet werden muss. Die Prüfrichtlinie ist eine Orientierungshilfe und dient dazu, für den Hersteller und Verbraucher ein Mindestmaß an Sicherheit für Nahrungsergänzungsmittel zu gewährleisten.

Kasten 1: APV- Prüfrichtlinie für Nahrungsergänzungsmittel

Es ist daran gedacht, analog dem Medizinproduktegesetz ein System zu installieren, bei dem unabhängige Sachverständige von einer staatlichen Stelle anerkannt und in einer Liste veröffentlicht werden. Mit der ihnen zugeordneten Nummer und einem Symbol für Nahrungsergänzungen werden überprüfte Packungen gekennzeichnet, sodass eine für Dritte erkennbare und nachvollziehbare Überprüfung des Produktes stattgefunden hat.

Kasten 2: Liste der in der Schweiz zulässigen Vitamine und Mineralstoffe, die gemäß der APV Prüfrichtlinie zur Beurteilung einer Nahrungsergänzung herangezogen werden kann:

Nährstoff/Tagesbedarf gemäß NwV/Zulässige Anpreisungen, falls mindestens 30% des Tagesbedarfes in der Tagesration enthalten sind - Vitamin A, 800 Mikrogramm, Ist für das normale Wachstum notwendig. Ist am Sehvermögen/an der Zelldifferenzierung beteiligt. Dient dem Unterhalt der Gewebe, der Hautoberfläche und der Schleimhäute. - Beta Carotin (Provitamin A), 4,8 mg, Dient unter anderem dem Unterhalt der Gewebe, der Hautoberfläche und Schleimhaut. Kann als Antioxidans Sauerstoffradikale abfangen. - Vitamin C, 60 mg, Ist notwendig für die Erhaltung von gesunden Knochen, Zähnen, Zahnfleisch und Blutgefäßen. Ist an der Absorption von Eisen beteiligt. Hat die Funktion eines Antioxidans. - Vitamin E, 10 mg, Ist notwendig für die Erhaltung der Muskelfunktionen. Stabilisiert ungesättigte Fettsäuren und Zellmembrane. Kann als Antioxidans freie Radikale abfangen. - Calcium, 800 mg, Ist ein wichtiger Bestandteil/Baustein von Knochen und Zähnen. Spielt eine wichtige Rolle bei der Reizübertragung im Nervensystem. Lebensnotwendiger Mineralstoff für den Aufbau von Knochen und Zähnen. Für gesunden Knochenbau und starke Zähne. - Eisen, 14 mg, Ist notwendig für die Blutbildung und den Transport von Sauerstoff in die Gewebe zur Energiegewinnung. - Jod, 150 Mikrogramm, Ist notwendig für die normale Schilddrüsenfunktion - Magnesium, 300 mg, Ist Bestandteil von Knochen und Zähnen. Spielt wichtige Rolle im Energiestoffwechsel. Ist für eine normale Muskelfunktion und für den Energiestoffwechsel unerlässlich. Spielt eine Rolle im Skelettaufbau. Spielt eine wichtige Rolle bei der Reizübertragung im Nervensystem bei der Muskelkontraktion. - Zink, 15 mg, Ist notwendig für diverse Stoffwechselfunktionen. Ist an vielen Stoffwechselprozessen beteiligt. Ist notwendig für den Aufbau körpereigener Eiweiße. Ist notwendig zur Erhaltung des normalen Stoffwechsels der Eiweiße, der Kohlenhydrate, der Fette und zur Energiegewinnung. - Antioxidanzien Vitamin A, C, E und Selen, Einfacher TB gemäss NwV, Haben antioxidative Eigenschaften. Können als Antioxidanzien freie Radikale und hochreaktive Sauerstoffverbindungen abfangen. Sind wichtig zur Erhaltung und Funktion der Zelle. Helfen die Zellfunktion zu erhalten.

Kasten 3: I. QUALITÄT (Quality)

1. Herstellung 1.1 Zusammensetzung 1.1.1 auf 100 kg bezogen 1.1.2 auf abgeteilte Form oder Dosis bezogen 1.2 Kurze Beschreibung der Herstellung - Gibt es kritische, die Qualität beeinflussende Schritte? 1.3 HACCP / Lebensmittel-HygieneVO - Darstellung der Einhaltung nach Sinn und Zweck der allgemeinen Grundsätze der Hygiene und guten Herstellungspraxis 2. Ausgangsstoffe (Wertgebende Inhaltsstoffe, Hilfsstoffe [Träger], Aromen, Lösemittel, Granulierflüssigkeiten, Primärpackmittel, Sonstiges) 2.1 Fundstelle für Spezifikationen 2.2 Eigene Spezifikation notwendig? 2.3 Gibt es zu den Einzelstoffen (Zutaten) Untersuchungsvorschriften? Wenn ja - offizielle oder firmeninterne? 3. Kontrolle des Fertigproduktes 3.1 Kurze Beschreibung (z.B. Tablette, Kapsel, Brausetablette, Pulver, Flüssigkeit etc,) 3.1.1 Eigenschaften (Spezifikation) 3.1.2 Gibt es Produktions- oder Stabilitätszuschläge? Wie wird das Fertigprodukt vor der Freigabe kontrolliert? 3.2.1 Gibt es eine Spezifikation? 3.2.2 Welche Werte werden - wann - wie - mit welcher Methode erfasst 3.2.3 Wer führt welche Kontrollen durch? 3.2.4 Wer gibt die Ware für den Verkehr frei? 3.3 Wie wird die Eignung der Verpackung belegt? 4. Haltbarkeit 4.1 Wie wird die Haltbarkeit belegt? 4.1.1 Aus Erfahrungswerten oder Analogieschlüssen? 4.1.2 Gibt es Lagertests an Fertigware oder Produkten aus der Entwicklung? Wenn ja, welche Werte wurden - wann - wie - mit welcher Methode erfasst? 4.1.3 Sind spezielle Lagerungshinweise notwendig? 4.1.3.1 Gibt es spezielle Prüfbedingungen (Temperatur, Feuchtigkeit)?4.1.3.2 Wurden Stresstests durchgeführt? 4.2.1 Angabe der Mindesthaltbarkeit 4.2.2 Wurden die Werte aus Erfahrungswerten abgeleitet oder konkreten Stabilitätsdaten (siehe 4.1)? 5. Überprüfung der Fertigpackung/Kennzeichnung 5.1 Verkehrsbezeichnung 5.2 Nährstoffgruppe? (z. B. Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente, Aminosäuren und Aminosäurenderivate, Peptide und Proteine, Kohlenhydrate, Fettsäuren und Phospholipide, Sekundäre Pflanzenstoffe, Pflanzenextrakte, Naturstoffe, Sonstige; Mono-/Kombiprodukt) 5.3 Zutatenliste 5.4 Überprüfung gemäß entsprechender Verordnungen 5.4.1 Welche sind anzuwenden? z. B. - LMKV - LKV - NKV - Vitamin-VO - Fertigpackungs-VO - ZZulV - Diät-VO - Produktspezifische Verordnungen bzw. Leitsätze 5.5 Ist eine Genehmigung nach - § 47a LMBG - § 37 LMBG notwendig und/oder erteilt?

II. EFFEKTIVITÄT (Benefit)

1. Zweckbestimmung 1.1 Beanspruchte Aussagen (intended purpose) >1.1.2 Gibt es "functional claims" (normale Körperfunktionen) 1.1.3 Gibt es "nutritional claims" (nährwertbezogene Behauptungen) 1.2 Wie sind die Produktaussagen belegt? - eigene Studien - Literatur 2. Ist die physiologische Sinnhaftigkeit erwiesen? Ist es ein Mono- oder Kombinationspräparat 2.1 Wie ist die Dosierung des/der Wirkstoffe(s) - als Einzel- oder Tagesdosis? 3. Beurteilungsgrundlage 3.1 Offizielle Unterlagen vorhanden? (z. B. EU oder D.A.CH-Referenzwerte) 3.1.1 Empfehlungen 3.1.2 Schätzwerte 3.1.3 Richtwerte 3.2 Gibt es wissenschaftliche Belege? - wenn ja, in welcher Form (z.B. Studien, Aufsätze)? 3.3 Weitere Belege

III. UNBEDENKLICHKEIT (Safety)

1. Bekanntheit Sind die verwendeten Zutaten allgemein bekannt? ja/nein 2. Ursprung 2.1 pflanzlich 2.2 tierisch (TSE-Bewertung) 2.3 Sonstiges (z. B. mineralisch, synthetisch) 3. Sicherheitsbewertung Gibt es Aussagen zu den wertbestimmenden Bestandteilen? 3.1 NOAEL? 3.2 LOAEL? 3.3 Upper Safety Limit (UL) 3.4 Andere toxikologische Beurteilungen (z. B. D.A.CH Referenzwerte, Nährwertkennz.VO) 3.5 Ist die vorgesehene Verzehrsmenge durch Vorschriften oder wissenschaftliche Literatur belegt? 3.6 Muss auf Rückstände geprüft werden? 3.6.1 z. B. Herbizide/Pestizide/Lösemittel 3.6.2 TSE-Sicherheit gewährleistet?

IV. WERBUNG

- Wie wird mit was wo Werbung gemacht? - Sind die Aussagen belegt? - Wird § 17 LMBG, § 18 LMBG und § 6 NKV beachtet? Beurteilung des Produktes Die Verkehrsfähigkeit des Erzeugnisses (Name):(Inverkehrbringer): wird- uneingeschränkt - eingeschränkt, unter folgenden Auflagen - nicht bescheinigt. Name des Prüfers: Prüfnummer: Ort/Datum: Unterschrift

Die Arbeitsgemeinschaft für Pharmazeutische Verfahrenstechnik (APV) hat sich des Themas der Nahrungsergänzungsmittel angenommen und eine Prüfrichtlinie erstellt. Diese Prüfrichtlinie ist eine Orientierungshilfe für die Beurteilung und Bewertung von Nahrungsergänzungsmitteln. Bei den Nahrungsergänzungsmitteln handelt es sich um keinen bisher klar definierten Bereich mit entsprechenden Ansprüchen wie im Arzneimittelbereich. Daher gelten allgemeine Vorgaben des Lebensmittelrechts.

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