DAZ aktuell

Prionenerkrankungen: BSE-Forschungszentrum in München geplant

MÜNCHEN (cae). Bayern will in den nächsten beiden Jahren außerplanmäßig 20 Millionen DM für die BSE-Forschung ausgeben. Ein großer Teil dieser Gelder soll in den Ausbau von Instituten der Universität München fließen. Dies sagte der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst Hans Zehetmair in seinem Bericht zum Stand der BSE-Forschung in Bayern, den er am 7. Februar vor dem Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur des Bayerischen Landtags erstattete.

Nachdem die ersten BSE-Fälle in Bayern aufgetreten waren, hatte der Ministerrat noch im Dezember 2000 Wissenschaftsminister Zehetmair beauftragt, ein Forschungskonzept zur BSE-Problematik zu erstellen. Damals wurden sofort 2 Mio. DM für die Verstärkung der Forschungsarbeiten am Lehrstuhl von Prof. Dr. Hans Kretzschmar, Institut für Neuropathologie der Universität München, zur Verfügung gestellt. Dieses Institut ist sowohl das deutsche Referenzzentrum für Erkrankungen des zentralen Nervensystems als auch die Koordinierungsstelle des EU-Netzwerks "Brain-Net". Es liefert dem Bundesgesundheitsministerium auch die offiziellen Zahlen zur Epidemiologie humaner Prionenerkrankungen in Deutschland.

Forschungsverbund zur Prionenforschung

Anfang Januar 2001 wurde die Gründung eines Bayerischen Forschungsverbunds zur Prionenforschung vereinbart. Zu Sprechern der geplanten Institution wurden

  • Prof. Dr. Hans Kretzschmar (s. o.),
  • Prof. Dr. Volker ter Meulen, Institut für Virologie der Universität Würzburg, und
  • Prof. Dr. Eckhard Wolf, Tierärztliche Fakultät und Genzentrum der Universität München,

bestellt. Es ist beabsichtigt, dem Forschungsverbund einen Beirat mit Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland zur Seite zu stellen.

An finanziellen Mitteln wurden dem Forschungsverbund auf Sicht von zwei Jahren 10 Mio. DM bereitgestellt. Die inzwischen eingegangen Förderanträge übersteigen diesen Betrag allerdings erheblich.

Neubau neben der Pharmazie

Außerdem hat der bayerische Ministerrat beschlossen, für den Forschungsverbund ein zentrales Forschungszentrum zu etablieren. Obwohl eine Entscheidung des Kabinetts über den Ort noch aussteht, ließ Minister Zehetmair keinen Zweifel daran, dass dieses Zentrum an der Universität München, und zwar auf dem Campus Großhadern und Martinsried, etabliert wird.

In einem ersten Schritt soll dort kurzfristig durch einen Anbau an die Neubauten der Fakultät für Chemie und Pharmazie die Kapazität zur Durchführung von Tierversuchen gesteigert werden. Das Vorhaben mit einem Anschlag von 10,3 Mio. DM soll in Kürze dem Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtags vorgelegt werden. Damit stellt Bayern insgesamt 20 Mio. DM für den neuen Forschungsverbund zur Prionenforschung zur Verfügung.

In München laufen, unabhängig von dem aktuellen BSE-Forschungsprojekt, weitere Aktivitäten zur Intensivierung neurologischer Forschung: An der Universität München befindet sich ein neu gegründeter Sonderforschungsbereich "Molekulare Mechanismen der Neurodegeneration" in der Begutachtungsphase (die Begutachtung findet noch im Februar 2001 statt). Und bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft ist ein Forschungszentrum "Prionen in Krankheit und Gesundheit" für 20 Mio. DM beantragt worden. An diesem Projekt sind neben der Universität München auch die Technische Universität München, das GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit in Neuherberg und das Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried beteiligt.

BSE-Forschungskonzept

Das Forschungskonzept des Bayerischen Forschungsverbunds zur Prionenforschung hat folgende Schwerpunkte:

  • Erforschung der Nahrungskette vom Erzeuger bis zum Verbraucher einschließlich einer Risikobewertung von Lebensmitteln.
  • Entwicklung von Testverfahren zur Feststellung von Infizierungen beim lebenden Tier sowie Verbesserung vorhandener Testverfahren.
  • Erforschung von Verbreitungswegen des Erregers über Tierfutter, Böden etc. Wissenschaftlich wird auch zu klären sein, inwieweit Produkte aus Rinderbestandteilen außerhalb der menschlichen Ernährung Übertragungswege beinhalten könnten.
  • Überprüfung genetischer Faktoren bei der Entstehung von BSE.
  • Diagnostik aller neuen Varianten der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beim Menschen und darauf aufbauend Therapieforschung, die es in Deutschland bisher noch nicht gibt.
  • Erforschung eventueller Verbreitungswege beim Menschen.

Auch Ministerpräsidenten Edmund Stoiber bekräftigte am 9. Januar 2001 im Bayerischen Landtag die Absicht seiner Regierung, die BSE-Forschung in Bayern zu konzentrieren und zu forcieren. Im Hinblick auf die 20 Mio. DM, die Bayern bereitgestellt hat, erwartet er von der Bundesregierung und der EU, dass sie ihre eigenen Forschungsanstrengungen ebenfalls deutlich verstärken und die Mittel dafür entsprechend erhöhen.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.