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Festbeträge: Bundesgesundheitsministerium will Festbetragsverfahren rechtssiche

BERLIN (bah/diz). Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will zwar am System der Festbeträge festhalten, sieht allerdings die Notwendigkeit, das Festbetragsfestsetzungsverfahren rechtsstaatlich sicher zu machen. Damit geht das Bundesgesundheitsministerium auf Forderungen des Bundesfachverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) ein, der immer wieder eine abgesicherte Festsetzung der Festbeträge und ein Nachdenken über Alternativen zu Festbeträgen gefordert hat.

Unter dem Druck des vom Bundeskartellamt gegen die von den GKV-Spitzenverbänden vorgeschlagenen massiven Festbetragsabsenkungen eingeleiteten Verfahrens - das auf Initiative des BAH zustande kam - und des vom Bundeskartellamt angekündigten Stopps der Festbetragsanpassungen hat das Bundesministerium für Gesundheit am 2. Februar 2001 die Arzneimittelverbände zu einem Sondierungsgespräch eingeladen. Die Vorstellungen des Ministeriums zu den Festbeträgen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Angesichts des breiten politischen Konsenses bei der Einführung der Festbetragssystematik im Jahre 1989 - dieser Konsens besteht grundsätzlich auch heute noch - wolle das BMG an den Festbeträgen festhalten, um die "positiven Auswirkungen der Festbeträge auf die Finanzentwicklung der GKV zu sichern".
  • Das BMG sieht allerdings die Notwendigkeit angesichts der massiven rechtsstaatlichen Bedenken am bisherigen Festbetragsfestsetzungsverfahren ("closed-shop-Verfahren" durch die GKV-Spitzenverbände), dieses Verfahren rechtsstaatlich sicher zu machen. Das heißt, zur Ausräumung der verfassungs- und EG-kartellrechtlichen Bedenken solle die Ermächtigung zur Festsetzung der Festbeträge dem BMG übertragen werden (durch ein Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates) mit der Möglichkeit einer Einzelfestsetzung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates durch eine Bundesoberbehörde.
  • Das BMG sieht auch die Notwendigkeit, das Verfahren zur Bestimmung der Höhe der Festbeträge im Sinne der vom BAH initiierten Kleinen Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion transparent und nachvollziehbar zu machen.
  • Diese Neuregelung solle zeitlich befristet werden bis zum Ende dieser Legislaturperiode (also bis Ende 2002). Verbunden mit dieser Befristung soll auf Basis einer Entschließung des Deutschen Bundestages unter den unterschiedlichsten Aspekten geprüft werden, so die Überlegungen des Ministeriums, ob z. B. Festbeträge angesichts der Preisstabilität im GKV-Arzneimittelmarkt überhaupt notwendig seien, ob diese durch andere Instrumente u. U. abgelöst werden könnten und ob durch die Festbeträge überhaupt noch Einsparungen erzielt werden könnten.
  • Die angekündigten Maßnahmen stünden allerdings in jedem Falle unter dem Vorbehalt einer Kompatibilität mit den noch ausstehenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs.

Wie kurz vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe zu erfahren war, haben nach Aussagen des BMG die GKV-Spitzenverbände ihre Bereitschaft erklärt - bei Zustimmung der Arzneimittelverbände zu diesem Konzept -, am 7. Februar 2001 von einem Beschluss zur Festbetragsabsenkung abzusehen, wobei der definitive Verzicht auf die Beschlussfassung aus Gründen der Gesichtswahrung wohl erst zu einem späteren Zeitpunkt (nach Abschluss der politischen Meinungsbildung im Parlament) erfolgen werde.

Das BMG hat allerdings auch deutlich gemacht, so war zu erfahren, an der im Gesetz vorgesehenen Absenkung der Festbeträge in das untere Preisdrittel festhalten zu wollen. Im Rahmen der parlamentarischen Neudiskussion der Festbeträge könne aber auch über diese Regelung nachgedacht werden.

BAH: Über Alternativen zu Festbeträgen nachdenken

Wie vom BAH zu erfahren war, stimme man dem Vorschlag des BMG grundsätzlich zu. weil dadurch

  • die vom BAH immer wieder geforderte rechtsstaatlich abgesicherte Festsetzung der Festbeträge erreicht werde,
  • im Interesse der Arzneimittelindustrie Transparenz in das Verfahren zur Höhe der Festbeträge komme,
  • die Geltungsdauer der Festbeträge zeitlich limitiert werde,
  • im parlamentarischen Raum offiziell über Alternativen zu Festbeträgen nachgedacht werde,
  • in jedem Falle bei dem vom BMG vorgeschlagenen Verfahren eine weitere Absenkung der Festbeträge frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2001 erfolgen könne und dabei aufgrund des neuen Verfahrens das von den Krankenkassen angestrebte Einsparvolumen von 1,2 Mrd. DM zur Disposition stehe,
  • der BAH im Gegensatz zum bisherigen Verfahren ("closed shop") als gleichberechtigter Partner Mitspracherecht bei der Gruppenbildung und der endgültigen Festsetzung der Festbeträge habe,
  • auch die seit dem 1. Januar 2000 bestehende Rechtswegzuweisung von Festbetragsstreitigkelten an die Sozialgerichte an Brisanz verliere, ohne dass der BAH allerdings seine politischen und rechtlichen Bedenken hiergegen aufgebe.

Der BAH geht nach dem Gesprächsverlauf vom 2. Februar 2001 davon aus. dass auch die anderen Verbände der Arzneimittelindustrie dem BMG-Vorschlag grundsätzlich zustimmen werden. Deswegen werde er noch in dieser Woche eine Arbeitsgruppe einsetzen, um seine Forderungen sowohl für das Verfahren der Festsetzung der Festbeträge als auch zur Bestimmung ihrer Höhe zu formulieren und den Inhalt der geplanten Entschließung (Alternativen zu Festbeträgen) festzulegen. Dabei wolle man auch hier darauf drängen, die gleichfalls verfassungs- und kartellrechtswidrigen Beschlüsse des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Arzneimittel-Richtlinien (AMR) in die vorgesehene Neuregelung mit einzubeziehen und die Berücksichtigung der Interessen der Arzneimittel-Hersteller auch hier zu gewährleisten.

Wie der BAH verlauten ließ, sieht er den Kurswechsel des BMG bei den Festbeträgen als Bestätigung seiner konsequenten Politik. Denn ohne die vom BAH beim Bundeskartellamt gegen die Festbeträge eingereichte Beschwerde sowie durch die vom BAH bei der CDU/CSU-Bundestagsfraktion initiierte Kleine Anfrage an die Bundesregierung hätte dieser Kurswechsel - so die Ansicht dieses Verbands - nicht erzwungen werden können. Vor allem bei den Gesprächen mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu dieser Thematik sei allerdings auch deutlich geworden, dass die CDU/CSU an dem Instrument der Festbeträge grundsätzlich festhalten wolle. Aus diesem Grunde sei eine kurzfristige generelle Abschaffung der Festbeträge derzeit politisch nicht möglich.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will zwar am System der Festbeträge festhalten, sieht allerdings die Notwendigkeit, das Festbetragsfestsetzungsverfahren rechtsstaatlich sicher zu machen. Damit geht das Bundesgesundheitsministerium auf Forderungen des Bundesfachverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) ein, der immer wieder eine abgesicherte Festsetzung der Festbeträge und ein Nachdenken über Alternativen zu Festbeträgen gefordert hat.

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