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Reaktionen auf Plan von Ulla Schmidt: "Schritt in die richtige Richtung"

BONN (im). Die Ankündigung von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), die Arznei- und Heilmittelbudgets neu regeln zu wollen, ist auf ein positives Echo bei Beteiligten im Gesundheitswesen gestoßen. Nur die gesetzlichen Krankenkassen warnten vor Lösungen, die zu Mehrausgaben bei den Medikamenten führten.

Ulla Schmidt hatte am 31. Januar bei ihrem ersten Pressegespräch als Gesundheitsministerin in Berlin die Abschaffung des umstrittenen Kollektivregresses angekündigt, bei dem Überschreitungen der regionalen Arzneibudgets vom Honorar aller Ärzte einer Kassenärztlichen Vereinigung abgezogen werden (siehe AZ Nr. 6 vom 5.2.). Vor dem Hintergrund der Sorge vor Überschreitung der gesetzlichen Ausgabenbegrenzungen häuften sich Berichte, denen zufolge sich Ärzte zum Teil mit dem Verschreiben bestimmter Medikamente zurückhielten. So hatten zum Beispiel Selbsthilfegruppen auf Unterversorgung mit Arzneimitteln hingewiesen.

Nach Worten der neuen Bundesgesundheitsministerin sollen die Ärzte über ihre KVen in die wirtschaftliche Verantwortung bei den Arzneiausgaben genommen werden. Eher als Nebensatz kam der Hinweis auf die künftige Positivliste für Arzneimittel. Befragt zum Pharmastandort Deutschland sowie dem Gesundheitswesen als Wirtschaftsfaktor äußerte die Ministerin lediglich, auch sie sehe diesen Sektor als Wachstumsbranche, was gleichbedeutend damit sei, dass durch die vielen Beschäftigten entsprechende Beiträge in die GKV flössen.

Grüne: skeptisch

Für die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen warnte deren gesundheitspolitische Sprecherin vor einer übereilten Lockerung bei den Arzneibudgets und der Ärztehaftung. Es dürfe nicht zu höheren Krankenkassenbeiträgen kommen, wurde Katrin Göring-Eckardt in Agenturmeldungen zitiert.

CDU: Scheitern der Budgets eingestanden

Nach Ansicht der Unionspolitiker Horst Seehofer (CSU) und Wolfgang Lohmann (CDU) hat die Ministerin das Scheitern der Arzneimittelbudgets und damit des "Kernelements der rot-grünen Gesundheitspolitik" eingestanden. Es sei erfreulich, dass Schmidt den Patienten die negativen Auswirkungen der Budgetierung wie das Vorenthalten notwendiger Medikamente nicht weiter zumuten wolle. Die Union habe bereits 1997 mit der damaligen Gesundheitsreform die Umstellung von Budgets auf arztindividuelle Richtgrößen begonnen, die jetzt als Alternative im Gespräch sind. SPD und Grüne hätten das zugunsten der Budgetierung 1999 wieder abgeschafft.

Die Rücknahme der Budgetierung sei ein gutes Signal für Patienten und Ärzte und für einen möglichen Neuanfang in der Gesundheitspolitik, erklärten Seehofer, früherer Gesundheitsminister und jetziger stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Lohmann, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Gesundheit der Unionsfraktion. In ihrer Erklärung fehlt allerdings der Hinweis, dass die damalige Bundesregierung von CDU/CSU und FDP 1993 Arzneimittelbudgets eingeführt hatte, bis man sich zur Umkehr entschloss.

FDP: Geht nicht weit genug

Nach Meinung des FDP-Gesundheitsexperten Dr. Dieter Thomae ist die Aufhebung der Kollektivhaftung für Ärzte nur ein erster Schritt in die richtige Richtung, der aber noch nicht weit genug gehe. Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion forderte die Abschaffung der Arznei- und Heilmittelbudgets insgesamt. Die Versorgung der Patienten, vor allem der chronisch Kranken, müsse verbessert werden. Dies sei mit den vorhandenen zu eng bemessenen Budgets nicht möglich.

Thomae forderte die Gesundheitsministerin zudem zu Aussagen darüber auf, wie die zukünftige Finanzierungsgrundlage des gesetzlichen Systems aussehen werde. Der künftige Umfang des Leistungspaketes der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) müsse Thema werden.

Zufriedene Ärzte

Die niedergelassenen Ärzte begrüßten die Ankündigung von Schmidt als "wichtigen Schritt in die richtige Richtung". Damit sei eine der Kernforderungen erfüllt, kommentierte Dr. Manfred Richter-Reichhelm von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Der KBV-Chef forderte die Krankenkassen in diesem Zusammenhang auf, valide Daten zum Arzneimittelverbrauch zeitnah zur Verfügung zu stellen.

VFA: Beteiligung begrüßt

Ebenso wie Richter-Reichhelm erklärte Cornelia Yzer vom Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) die Industrie wolle sich am angekündigten Runden Tisch beteiligen. Die VFA-Hauptgeschäftsführerin bot Unterstützung für alternative Steuerungsmodelle an, die die finanzielle Stabilität und medizinische Leistungsfähigkeit durch Innovation gewährleisteten.

Wie Yzer sagte, hätten sich Budgets seit 1993 als untauglich erwiesen und dazu geführt, dass Patienten heute innovative Arzneimittel vorenthalten würden.

Kassen Gegen Mehrkosten

Die gesetzlichen Krankenkassen zeigten sich nur unter der Prämisse gesprächsbereit, dass Mehrausgaben für Arzneimittel vermieden würden. Die Politik müsse sich ansonsten fragen lassen, wie sie in der angespannten Finanzsituation weitere Mehrbelastungen der GKV zur Schonung anderer Bereiche verantworten wolle. Unter solchen Umständen würden den Kassen stabile Beitragssätze unmöglich gemacht.

Die Spitzenverbände der Kassen begrüßten, dass die Ministerin eindeutig klargestellt habe, dass das bestehende Recht erst dann zur Disposition gestellt werden könne, wenn gleich wirksame, die Stabilität garantierende Regelungen verbindlich vereinbart sind, so wie es die Vertreter der Ärzteschaft Ulla Schmidt gegenüber auch erklärt hätten.

Unter diesen Voraussetzungen seien sie zu Gesprächen über die Modalitäten der Budgetverantwortung von Ärzten und Kassenärztlichen Vereinigungen bereit, so die gemeinsame Erklärung der Kassen nach einem Treffen mit Ministerin Schmidt am 2. Februar. Sie forderten in diesem Zusammenhang die Mediziner erneut auf, die von der Ärzteseite unterbrochenen Verhandlungen über die gemeinsame Bundesempfehlung zu den Arzneimittelbudgets wieder aufzunehmen.

Die Ankündigung von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), die Arznei- und Heilmittelbudgets neu regeln zu wollen, ist auf ein positives Echo bei Beteiligten im Gesundheitswesen gestoßen. Nur die gesetzlichen Krankenkassen warnten vor Lösungen, die zu Mehrausgaben bei den Medikamenten führten.

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