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Nun ist es doch noch eine würdige Abschiedsfeier für Johannes Pieck, den aus Altersgründen ausgeschiedenen Sprecher der ABDA-Geschäftsführung, geworden, die die ABDA in der vergangenen Woche für ihn organisiert hat. Nachdem man im Eschborner Apothekerhaus zunächst sogar überlegt hatte, die Feier gänzlich abzusagen, weil Pieck Anfang Januar in der Tageszeitung "Rheinische Post" von einem Tageszeitungsjournalisten mit den Worten zitiert worden war: "Apotheken sind ersetzbar, der Arzt nicht". Eine Welle der Entrüstung ging durch die bundesdeutsche Pharmalandschaft - und Pieck in den vorgezogenen Urlaub. Doch nach kurzer Denkpause hielt es die ABDA trotz dieses Fauxpas für opportun, Piecks Verdienste um die deutschen Apothekerinnen und Apotheker gebührend zu würdigen.

Wenn man weiß, wie das unsägliche Zitat zustande gekommen ist (siehe auch mein Editorial in DAZ Nr. 2), dann versteht man, warum es trotz allem richtig war, mit geladenen Gästen aus Politik, Wirtschaft und Verbänden eine Abschiedsfeier zu veranstalten. Gerne schließe ich mich den Worten Frieses an, der in seiner Laudatio betonte, die Lebensleistung von Pieck hat den Apothekern und der ABDA sehr genutzt. Pieck selbst drückte auf der Abschiedsfeier sein Bedauern über die Veröffentlichung in der besagten Tageszeitung aus. Seine Gedanken seien aus dem Kontext gerissen zitiert worden, unvollständig und vordergründig. Um seine Position zur Zukunft der deutschen Apotheke klar zu machen, wiederholte er eine Passage aus seiner Rede auf dem letztjährigen Apothekertag in Köln. Aus ihr geht hervor, dass er auch in Zukunft Chancen für die Apotheke sieht.

Mit Piecks Ausscheiden aus der ABDA hat der Dachverband der Apotheker auf dem Wege des Stühlerückens im Haus einige Positionen in der Organisation neu verteilt. So gibt es bei der ABDA wieder die Stelle eines Hauptgeschäftsführers, sie ist seit 1. Februar mit Prof. Dr. Rainer Braun, dem bisherigen Leiter der Abteilung Pharmazie, besetzt.

Bewegung kommt in die große Gesundheitspolitik. Ulla Schmidt, die neue Gesundheitsministerin mit dem sympathischen Lächeln, will heiße Eisen anpacken: so sollen die Arznei- und Heilmittelbudgets neu geregelt werden. Überlegt werden soll auch, wie man das Verfahren zur Festsetzung von Festbeträgen rechtlich absichert. Und sie hat sogar angekündigt, zu einem späteren Zeitpunkt, nach 2002 - sofern diese Regierung noch im Amt ist - darüber nachzudenken, ob Festbeträge überhaupt noch notwendig sind, ob sie durch andere Instrumente abgelöst werden könnten und ob durch Festbeträge weiterhin Einsparungen erzielt werden können. Pharmaverbände, allen voran der Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller - auf dessen Initiative monierte das Bundeskartellamt das Festbetragsverfahren -, sprechen bereits von einem "Durchbruch bei den Festbeträgen". Ulla Schmidt wird sich an ihren mutigen Ankündigungen messen lassen müssen.

Immerhin bedeuten Überlegungen, die Arznei- und Heilmittelbudgets neu regeln zu wollen, das Eingeständnis, dass Kernelemente der rot-grünen Gesundheitspolitik gescheitert sind. Allerdings sollte man sich nicht zu früh freuen. Auch weiterhin wird im Gesundheitswesen ein harter Sparkurs gefahren werden. Eine Abschaffung der Budgets und die angedachte Einführung von individuellen Richtgrößen für jeden einzelnen Arzt könnte aber für mehr Gerechtigkeit unter den Ärzten sorgen, da die Kollektivhaftung entfiele.

Keine Änderung hat die neue Bundesgesundheitsministerin in Sachen Positivliste angekündigt. Sie spricht sich für das Listenwerk aus und wird die Fertigstellung weiter verfolgen. Einsparungen bei Arzneiverordnungen scheinen möglich zu sein, allerdings auf anderem Weg als durch Budgetierung oder Rationierung. Eine Untersuchung über unverbrauchte Arzneimittel (siehe unseren Titelbeitrag) zeigt, dass Patienten in vielen Fällen ihre verordneten Arzneimittel nicht oder nur unvollständig einnehmen. Jährlich landen Tonnen unverbrauchter Arzneimittel auf dem Müll. Da wäre es sicher sinnvoll, darüber nachzudenken, wie diese Verschwendung verhindert werden kann, beispielsweise durch patientengerechtere Packungsgrößen, durch andere Zuzahlungsmodalitäten, durch Aufklärung der Patienten, um eine bessere Compliance zu erreichen, oder durch eine sinnvollere Verordnung durch Ärzte.

Peter Ditzel

Kleine und große Politik

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