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Biogenerics eröffnet Fortschrittsperspektiven für die STADA AG

FRANKFURT/MAIN (aal). Die STADA AG hat die seit Frühjahr 2000 laufenden Verhandlungen über die Entwicklung biotechnologisch hergestellter Generika erfolgreich abschließen können. Das Unternehmen verschafft sich damit Zugang zu einem Marktsegment, das zu den größten und am stärksten wachsenden des gesamten Gesundheitsmarktes zählt. Wie auf einer Pressekonferenz am 24. Januar dargelegt wurde, habe das Eindringen eines Generikaherstellers in den bisher wohlgehüteten "closed shop" auch einen ethischen Vorteil. Bisher hätten aufgrund der hohen Kosten dieser Präparate nur wenige Patienten von biotechnologischen Arzneimitteln profitieren können, hieß es. Biogenerika würden dazu beitragen, Spitzenpharmazie und -medizin zu demokratisieren.

Die Biogenerics Arzneimittel AG wurde von STADA gegründet, die inzwischen nach der von HSBC Trinkhaus + Burkhardt betreuten Kapitalerhöhung nur noch 10% an der Firma hält. Insgesamt stehen Biogenerics liquide Mittel von 65 Mio. Euro zur Finanzierung von Biogenerika-Entwicklungen zur Verfügung. Deren Lizenzen werden dann an STADA vergeben, und ab der Markteinführung fließen umsatzabhängige Lizenzerträge zurück. STADA hält im Gegenzug die Option, ab 2010 alle Anteile an der Biogenerics zurückzukaufen, somit wieder Eigentümerin der Firma und aller von ihr entwickelten biotechnologischen Produkte zu werden.

Biotechnologische Lohnherstellung

Die Biogenerics beauftragt die Firma DSM Biologics, die Niederlassungen in Montreal/Kanada und Groningen/Niederlande unterhält, mit der eigentlichen Entwicklung von zunächst vier Biogenerikaprodukten:

  • Erythropoetin (Epoetin). Es wird angewendet bei schwerer renaler Anämie, bei Hämodialyse-Patienten, bei Anämie nach Chemotherapie und bei der autologen Blutgewinnung. Durch zusätzliche Indikationen in der Onkologie und den altersbedingt wachsenden Patientenkreis besteht ein wachsender Bedarf an diesem Arzneimittel.
  • Filgrastim. Eingesetzt wird es bei Neutropenien, die durch Chemotherapie und nach Knochenmarkstransplantationen auftreten, sowie bei der Mobilisierung autologer Blutstammzellen. Da Stammzell- und Knochenmarkstransplantationen zunehmen, ist auch dieser Markt im Wachsen.
  • Interferon alpha 2b. Hepatitis B und C sowie bestimmte Leukämien sind das Einsatzgebiet dieses Arzneistoffs; vor allem die bisher unbehandelbare Hepatitis C wird den Umsatz bestimmen.
  • Interferon beta 1a. Das bisher einzige nachweislich wirksame Mittel bei Multipler Sklerose sowohl vom chronischen wie vom schubförmigen Verlauf wird durch den günstigen Preis einen früheren Behandlungsbeginn ermöglichen. Eine zusätzliche Indikation kann Hepatitis C sein.

Alle vier Produkte repräsentieren zusammen allein in der EU ein Marktvolumen von über 1 Mrd. Euro. Der Umsatz wächst jährlich im zweistelligen Bereich.

DSM Biologics gehört zu der niederländischen DSM-Gruppe, die weltweit als Lohnhersteller tätig ist und einen Umsatz von 12,5 Mrd. DM erzielt. Der Fokus der Unternehmensstrategie von DSM liegt im Bereich Biotechnologie, wo die Gruppe weltweit eine führende Position anstrebt. Mit DSM habe man, so die STADA, einen in der Biotechnologie erfahrenen Partner gewonnen.

Vermarktung mit STADA-Knowhow

Nach Abschluss der Entwicklung der Medikamente durch DSM Biologics wird die Biogenerics Arzneimittel AG die STADA-Tochtergesellschaft STADA R+D (Research and Development) GmbH mit der Durchführung der arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren vor allem bei der europäischen Behörde EMEA beauftragen. Nach Erteilung der Zulassungen haben STADA und ihre Tochtergesellschaften das Recht auf die weltweite Vermarktung aller entwickelten Biogenerika. Die Markteinführung der vier Produkte wird nach dem Patentablauf der Originale voraussichtlich kontinuierlich ab 2005 erfolgen.

Den Vertrieb wird, wie zu erfahren war, hauptsächlich die STADA-Tochter cell pharm GmbH übernehmen, die sich in den Kliniken auf dem Onkologika-Sektor einen soliden Ruf erwerben soll. Letztlich wird die Verselbstständigung der Tochterfirma als Onkologie-Spezialist und vielleicht auch der Gang an die Börse angestrebt.

Ein lohnender Schritt in ein neues Marktsegment

Auf lange Sicht werden gesetzliche Sparmaßnahmen zu permanent sinkenden Margen "normaler" Generika führen. Außerdem wird es eine Zeit lang aufgrund von weniger Patentfreigaben chemischer Substanzen nur wenige generische Neuausbietungen geben.

Genau diese Lücke werden die Markteintritte der biotechnologischen Produkte bei STADA schließen, so vermutet man bei diesem Generikahersteller. Mit den erzielten Vereinbarungen will sich der Konzern den Sektor biotechnologischer Produkte erschließen, ohne deren Entwicklungskosten über Jahre hinaus vorfinanzieren zu müssen.

Diese Kosten sind bekanntlich sehr hoch, da biotechnologische Produkte im Allgemeinen mit fünfmal mehr Patenten umstellt sind als "normale" Arzneimittel. Außerdem scheint bisher kein Mitbewerber Erfahrung mit EMEA-Zulassungsanträgen für Biogenerika zu haben. STADA habe, so hieß es auf der Pressekonferenz, den großen Vorteil der jahrelangen Erfahrung mit Patentimitationen und -umgehungen und pflege darüber hinaus beste Beziehungen mit der EMEA, die sich jetzt auch bei dem neuen Vorhaben auszahlen würden.

STADA geht aus heutiger Sicht davon aus, dass die vier beabsichtigten Biogenerika insgesamt ab dem dritten vollen Marketingjahr zusätzliche Umsätze von über 100 Mio. Euro pro Jahr im Konzern generieren können. Sie sollen somit beginnend ab 2005 die Basis für einen zusätzlichen Expansionsschub für die STADA bilden, zumal die erzielbaren Margen von ca. 80% dabei deutlich besser als bei normalen Generika seien.

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