Arzneimittel und Therapie

Gewichtsreduktion: Wie viele Appetitzügler werden eingenommen?

Zwischen 1996 und 1998 hatten rund 17 Millionen Amerikaner nicht verschreibungspflichtige Präparate zur Gewichtsreduktion eingenommen. Da die Inzidenz der Fettleibigkeit wächst, ist mit einem weiter ansteigenden Verbrauch an Appetitzüglern zu rechnen. Da auch frei verkäufliche Appetitzügler unerwünschte Wirkungen haben können, sollte der Arzt über die Einnahme informiert sein.

Eine langfristige Gewichtsreduktion ist nur durch eine Änderung der Lebensweise, d. h. durch eine reduzierte Kalorienzufuhr und eine vermehrte körperliche Betätigung möglich. Da Änderungen im Lebensstil mitunter mühsam sind, erscheint für viele Übergewichtige der Griff zum Appetitzügler und zu entsprechenden Diätetika als die weniger anstrengende Alternative. In welchem Ausmaß amerikanische Bürger nicht verschreibungspflichtige Mittel zur Gewichtsreduktion einnehmen, wurde 1998 in einer randomisierten Umfrage untersucht.

Umfrage bei knapp 15 000 Erwachsenen

1998 wurden in einer telefonischen Umfrage (The Behavioral Risk Factor Surveillance System) 14 679 erwachsene US-Bürger aus fünf verschiedenen Staaten über ihre sozio-demographischen Daten, bestimmte Erkrankungen (z. B. Diabetes), ihre Lebensweise und Ernährungsgewohnheiten sowie die Einnahme verschreibungspflichtiger und frei verkäuflicher Appetitzügler befragt. Das Ziel der Studie war, die Einnahme frei verkäuflicher Nahrungsergänzungsmittel/Appetitzügler während der letzten zwei Jahre zu ermitteln.

Die wichtigsten Ergebnisse

  • Knapp die Hälfte der Studienteilnehmer war normalgewichtig, ein Drittel war übergewichtig und ein Fünftel fettsüchtig. Ungefähr jeder Dritte gab an, dass er gegenwärtig versucht, sein Gewicht zu reduzieren.
  • 7% der Befragten nahm in den letzten zwei Jahren mindestens ein nicht verschreibungspflichtiges Mittel zur Gewichtsreduktion ein. Dies waren vor allem Phenylpropanolamin (PPA)-haltige Mittel (2% aller Befragten) bzw. ephedrahaltige Produkte (1%).
  • Ein Drittel der Befragten, das einen verschreibungspflichtigen Appetitzügler einnahm, konsumierte zusätzlich ein frei verkäufliches Mittel zur Gewichtsreduktion.
  • Am häufigsten griffen junge fettsüchtige (28,4%) und normalgewichtige Frauen (7,9%) zu Appetitzüglern.
  • Der tägliche Verzehr von Früchten und Gemüse hatte keinen Einfluss auf die Einnahme von Appetitzüglern. Körperlich aktive Personen nahmen hingegen häufiger Mittel zur Gewichtsreduktion ein als inaktive.
  • 5,9% der Diabetiker nahmen einen frei verkäuflichen Appetitzügler ein.

Einnahme von Appetitzüglern nicht verschweigen

Die Rücknahme PPA-haltiger Produkte mag die Einnahme ephedrahaltiger Nahrungsergänzungsmittel oder anderer Appetitzügler zur Folge haben. Angesichts der Tatsache, dass rund 7 % der Bevölkerung ein Mittel zur Gewichtsreduktion einnimmt, sollte der Hausarzt vor allem bei Risikopatienten darüber informiert sein. Dies betrifft die Einnahme verschreibungspflichtiger und frei verkäuflicher Appetitzügler, die häufig zusätzlich angewandt werden und zu möglichen Interaktionen führen können. So wurde z. B. in dieser Studie festgestellt, dass Diabetiker häufig ohne Wissen ihres Arztes Appetitzügler einnehmen. Dies kann vor allem bei bestehendem Bluthochdruck das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko deutlich erhöhen. Da in den USA - wie auch in Deutschland - die Zahl Übergewichtiger ansteigt und auch Normalgewichtige abnehmen wollen, wird die Einnahme von Appetitzüglern oder entsprechenden Nahrungsergänzungsmitteln ansteigen. Ernährungsberater, Apotheker und Ärzte sollten über Einnahme, Wirkweise und Kontraindikationen der eingesetzten Mittel informiert sein.

Kastentext: Ephedrakraut

Ephedrakraut und ephedrahaltige Produkte enthalten Ephedrin und wirken somit sympathomimetisch. Ephedrahaltige Zubereitungen fallen in den USA unter die Diätetika bzw. Nahrungsergänzungsmittel. Aufgrund einer gehäuften Anzahl unerwünschter Wirkungen (u. a. Unruhe, Schlafstörungen, Übelkeit, Miktionsstörungen, Blutdruckanstieg, Herzrhythmusstörungen, Abhängigkeit) schlug die FDA 1977 eine restriktive Handhabung dieser Droge vor, die allerdings nicht umgesetzt wurde. Es besteht lediglich die Empfehlung, dass Patienten mit Diabetes, Hypertonie oder Herzerkrankungen vor der Anwendung ephedrahaltiger Produkte ihren Arzt konsultieren sollten.

In Deutschland ist Ephedrakraut im DAB 2001 monographiert. Als Anwendungsgebiete werden Atemwegserkrankungen mit leichtem Bronchospasmus genannt. Obwohl Ephedrakraut nicht verschreibungspflichtig ist, rät die Arzneimittelkommission von einer Abgabe im Handverkauf ab.

Kastentext: Phenylpropanolamin-haltige Arzneimittel

Phenylpropanolamin-haltige (PPA) Arzneimittel sind sympathomimetisch wirkende Amine, die sich von Ephedrin ableiten. PPA-haltige Produkte gehörten in den USA zu den OTC-Präparaten, die überwiegend als Appetitzügler eingesetzt wurden. Bis vor kurzem waren diese Arzneimittel als unbedenklich eingestuft worden. In den vergangenen Jahren gab es indes Fallberichte über das Auftreten zerebrovaskulärer und kardialer Ereignisse, und eine im Jahr 2000 publizierte Studie zeigte eine Beziehung zwischen dem Auftreten eines hämorrhagischen Schlaganfalls und der Einnahme von PPA. Dieses Studienergebnis hatte im November 2000 die Rücknahme aller PPA-haltiger OTC-Präparate in den USA zur Folge.

In Deutschland wird Phenylpropanolamin u. a. in Appetitzüglern (z. B. Boxogetten®, rp) eingesetzt. Aufgrund der unerwünschten Wirkungen, der nach aktuellem wissenschaftlichem Erkenntnisstand nicht belegten Wirksamkeit und dem Zusammenhang zwischen der Einnahme von PPA und dem gehäuften Auftreten eines hämorrhagischen Schlaganfalls hält das BfArM Maßnahmen zur Arzneimittelsicherheit für erforderlich (s. auch DAZ Nr. 48/2000, S. 10).

Literatur Blanck, H., et al.: Use of nonprescription weigth loss products. Results from a multistate survey. JAMA 286, 930 - 935 (2001).

Für viele Übergewichtige scheint der Griff zum Appetitzügler als die weniger anstrengende Alternative zur Änderung der Lebensweise zu sein. Doch auch frei verkäufliche Appetitzügler können unerwünschte Wirkungen haben. Eine randomisierte Umfrage untersuchte, in welchem Ausmaß amerikanische Bürger nicht verschreibungspflichtige Mittel zur Gewichtsreduktion einnehmen.

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