DAZ aktuell

KBV geht in die Offensive: Patienten und Ärzte stellen Chroniker-Programme vo

BERLIN (sw). Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sieht in den Disease-Management-Programmen (DMP) eine Chance zur Verbesserung der Versorgung chronisch Kranker und hat nun zu drei Indikationen den Begriff mit Leben erfüllt und ihre Programme auf einer Pressekonferenz in Berlin am 8. November gemeinsam mit der Bundes-Arbeitsgemeinschaft Hilfe für Behinderte vorgestellt.

Menschen mit einer chronischen Erkrankung sind oft auf mehrere Behandlungsstrategien für Prävention, Behandlung und Rehabilitation angewiesen - ein Aspekt, der in unserem in erster Linie auf die Behandlung von Akuterkrankungen ausgerichteten Gesundheitssystem nicht immer voll zum Tragen kommt. Leitlinienbasierte DMP sollen dabei helfen. Sie können dem Patienten die oft gewünschte "führende Hand" anbieten, ihm den seiner Krankheit und ihrem Schweregrad angemessenen Weg durch die Angebotsvielfalt des Gesundheitswesens weisen. Die KBV hat zunächst DMP-Konzepte für drei Patientengruppen vorgelegt - Diabetiker, Hypertoniker und Asthmatiker (für die es Anhaltspunkte für eine Unterversorgung gibt). Die Konzepte sollen nun innerärztlich abgestimmt werden, Patientenerfahrungen werden durch Arbeitsausschüsse des Patientenforums berücksichtigt.

Was bedeutet Disease Management?

Als Grundlage für die weitere Arbeit an konkreten Programmen hat der KBV-Vorstand eine Arbeitsdefinition von Disease Management (DM) entwickelt. Danach ist DM ein präventiver Behandlungsansatz - unerwünschte Verläufe sollen durch geeignete Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt vermieden werden, die Behandlungsmöglichkeiten nach bestimmten Standards erfolgen. Dabei sollen definierte Versorgungsziele für die relevante Patientengruppe mit hoher Treffsicherheit und Effizienz erreicht werden (z. B. Führung des Patienten durch die sektorenübergreifende Versorgungskette Hausarzt - Facharzt - Krankenhaus).

Kern jedes DMP ist die Vereinbarung ärztlicher Behandlungsleitlinien und Kooperationsmuster unter Einbeziehung möglichst aller maßgeblicher Einrichtungen des Gesundheitswesens (Hausarzt, Facharzt, ambulante, stationäre Versorgung). Zwischen den Einrichtungen erfolgt eine Einigung auf Leitlinien entsprechend der "best practice", die die erforderliche Qualifikation ebenso beinhaltet wie Standards der Prozessqualität, Dokumentationserfordernisse und Evaluierungen. Die Leitlinenbasierung der Programme muss regelmäßig überprüft und aktualisiert werden. Ein wichtiger Bestandteil ist die Mitwirkung der Patienten.

Patienten bei der Programmausgestaltung mit einbeziehen

Die Patienten sollen von Anfang an in die Entwicklung und Ausgestaltung der Programme einbezogen werden, sie sollen die medizinische Arbeitsteilung und die Leitlinen verstehen und unterstützen. Schulungsprogramme zur Eigeninitiative und Kompetenz sind unverzichtbarer Bestandteil der Behandlung, ebenso alle Maßnahmen zur Unterstützung der Therapie und des bruchlosen Übergangs vom stationären zum ambulanten Bereich.

Es nützt den Patienten nicht, wenn verschiedene Krankenkassen für die gleiche Indikation jeweils ihr eigenes Programm entwickeln, eine gemeinsame Bewertung und Abstimmung der Kassen untereinander ist erforderlich. Aus Patientensicht wird gefordert, dass die DMP nicht nur für Volkskrankheiten, sondern auch für seltene Erkrankungen entwickelt werden.

Beispiel Diabetes mellitus

Die Erfahrungen mit bereits existierenden und evaluierten Diabetesvereinbarungen in einigen KVen sind Vorbild für den DMP-Vorschlag. Der qualifizierte Hausarzt übernimmt die Aufgabe der kontinuierlichen Behandlung und Betreuung. Wenn die ausgewählten Verlaufsindikatoren es erforderlich erscheinen lassen, erfolgen besondere Diagnostik und weiterführende Behandlungsmaßnahmen in der fachärztlichen Versorgungsebene in Praxis oder Krankenhaus.

Ziel ist die Prävention diabetischer Komplikationen und Spätfolgen. Durch Normalisierung der Stoffwechsellage und des Blutdrucks sowie ein regelmäßiges Screening sollen diabetische Retinopathie oder Nephropathie sowie der diabetische Fuß vermieden bzw. frühzeitig diagnostiziert und behandelt werden.

Zuständigkeiten müssen geregelt werden

Vorrangig geht es in den DMP um die Regelung ärztlicher Zuständigkeiten. Gleichzeitig erfolgt aber auch eine Vorstrukturierung der Inanspruchnahmerechte des einzelnen Versicherten. KBV und Bundes-Arbeitsgemeinschaft Hilfe für Behinderte weisen daraufhin, dass unterschiedliche Vorgaben für Versorgungsabläufe durch verschiedene Krankenkassen unpraktikabel und höchst ineffizient wären und das Gegenteil der angestrebten Ziele erreichen würden.

Die Krankenkassen als "großer Bruder", der jeden Behandlungsschritt kontrolliert, dürfe es in Deutschland nicht geben. Die Spitzenverbände der Krankenkassen werden aufgefordert, sich einer -einheitlichen Festlegung der medizinischen Inhalte von DMP nicht länger zu verschließen.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.