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DAZ-Umfrage: Immer Ärger mit Importen

(im). Importe schlagen den Kolleginnen und Kollegen aufs Gemüt. Ständig müssen Gespräche mit Patienten über zerschnittene Blister und zugeklebte Packungen geführt werden. In den Apotheken rumort es deswegen ganz schön, und viele Pharmazeuten ärgern sich, dass die Krankenkassen Importarzneimittel so pushen wollen, obwohl die Schwierigkeiten mit der Lieferfähigkeit bestimmter Präparate bekannt sind und es preiswerte Generika gibt. Der höheren Importquote von 5,5 Prozent am Fertigarzneimittelumsatz pro Apotheke und Kasse ab 2002 stehen etliche skeptisch gegenüber. Das wurde in einer kleinen Umfrage der DAZ deutlich. Wir haben eine Apothekerin und einige Apotheker gefragt, wie sie den Schiedsspruch (siehe Kasten auf S. 20) bewerten und wie die Situation in ihrer eigenen Apotheke aussieht, ob sie zum Beispiel ab April noch mehr Importe bestellen müssten.

Hauptsache billig, oder?

Die Importregelung bringt für meine Landapotheke mit überdurchschnittlich großem Anteil an älteren Kunden erhebliche Probleme mit sich. Ich bin persönlich grundsätzlich gegen Importarzneimittel. Inzwischen sind zwar die Großhandlungen mit diversen Importen bevorratet, doch kommt es immer wieder vor, dass ich der Verpflichtung zur sofortigen Belieferung der ärztlichen Verordnung nicht nachkommen kann. Dazu zwei Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit.

Für eine ambulante Chemotherapie lautete die Verordnung über Zavedos fünf sowie zehn Milligramm jeweils drei Kapseln, jeweils von der Firma Kohl. Die Rezepte wurden am Freitagnachmittag gegen 17 Uhr in die Apotheke gebracht, die Therapie musste am Montag darauf beginnen. Bei beiden meiner liefernden Großhandlungen war die Zehn-Milligramm-Form nicht lieferbar, eine Bestellung bei der Firma, die so auf dem Rezept vermerkt war, wäre frühestens am Montag auf den Weg gebracht worden. Im zweiten Fall handelte es sich um Norvasc fünf Milligramm Tabletten von MTK, hundert Stück, exakt so verordnet, die nicht über den Großhandel erhältlich sind, die Preisdifferenz zum Originalpräparat beträgt genau 1,66 Mark.

Bei einer Bestellung über die Firma mit einem Auftragswert unter hundert Mark fallen Portokosten an, die ich in jedem Fall weitergebe. Eine längere Diskussion mit dem Arzt wegen dieser Kosten ergab dann, dass ich den Patienten sofort mit dem Originalpräparat beliefern durfte. Beide Fälle ereigneten sich an demselben Freitagnachmittag. Ein weiteres Problem der Importregelung ist die Patientencompliance, gerade die wird von Ärzten als Argument gegen die Aut-idem-Regelung angeführt. Eine Importpackung mit abgeschnittenen Blistern, Aufdruck in fremder Sprache, zusammengeklebten Einzelpackungen und darüber noch ein Aufkleber in deutscher Sprache ist in meinen Augen für die Compliance ein viel bedeutenderes Hindernis. In einer Gesprächsrunde mit Ärzten vor Ort zu den jüngsten Sparmaßnahmen der Bundesregierung hatte ich zur Demonstration Importpackungen gezeigt, am Verordnungsverhalten hat sich seither nichts geändert, was Importe anbelangt. Hauptsache billig oder doch nicht?

Apothekerin Ursula Porten-Bergmann, Leiterin der Kreuzberg-Apotheke, Ediger-Eller

Beschäftigungstherapie für Bürokraten

Ich halte die Bezugsgröße (Quote: 5,5 Prozent am Fertigarzneimittelumsatz pro Apotheke und Kasse, die Red.) bereits für falsch, weil es im Fertigarzneimittelmarkt inzwischen rund 60 Prozent Generika gibt. Es stellt sich die Frage, ob im reimportfähigen Markt es diese Produkte gibt? Was für ein immenser Verwaltungsaufwand, das pro Kasse auszurechnen. Nach meiner Auffassung liegen die Kosten für das Ganze höher als der Ertrag. Es ist klar, dass das eine reine Beschäftigungstherapie für Bürokraten sein wird. Nach meiner Schätzung ist die Reimportquote insgesamt (in Deutschland, die Red.) nur 2 bis 2,5 Prozent. Das noch zu steigern, wird wohl nicht darstellbar sein. Ich habe in meiner Apotheke meine Quote noch nicht ermittelt, sehe aber keine Möglichkeit, das zu erreichen. Wir rechnen pro Monat mit 180 Kassen ab, das pro Kasse aufzulisten, ist illusorisch. Wenn ich beispielsweise eine Kasse habe, mit der ich fast nur preisgünstige Generika abrechne, sind die 5,5 Prozent nicht zu erreichen. Die ganze Importquote halte ich sowieso für Blödsinn. Wie kommt man dazu, einer Gruppe von Importeuren den Absatz zu garantieren? Wirtschaftlich gesehen ist das Schwachsinn. Außerdem gibt es viele wesentlich günstigere Generika.

Apotheker Heribert O. Weiler, Leiter der Paracelsus-Apotheke in Hildesheim

Kaufmännische Profis für Eschborn gesucht

Die ganze Importregelung geht an der Wirklichkeit vorbei. Wir sind gehalten, das Tagesgünstigste abzugeben, aber gerade das ist nie verfügbar. Die Krankenkassen versuchen permanent, auf das Billigste herunter zu gehen. Dabei müssen wir doch schauen, welche Möglichkeiten hat dieser Markt überhaupt? Wir können davon ausgehen, dass die Importeure nur einen Bruchteil des Marktes abdecken können. Ich sehe im laufenden Betrieb immer, es sind Defekte da. Es ist einfach nicht praktikabel, wenn ich für ein Produkt fünf bis sechs Reimporteure anrufen muss, um zu erfragen, wer hat das im Moment überhaupt? Wer zahlt die Porti für aufwändige Einzelbestellungen?

Hinzu kommt die große Verunsicherung der Patienten, mal sind die Packungen rot, mal violett, die Packungen haben ja ein völlig anderes Aussehen, je nachdem, welcher Importeur gerade liefern kann. Wir müssen jedes Mal eine starke Erklärungsarbeit vorn beim Patienten leisten, in Zukunft wohl noch mehr, zumal, wenn die neue Aut-idem-Regelung hinzu kommt.

Im übrigen bin ich der Meinung, dass wir uns in Eschborn kaufmännische Profis mit als Vertreter des Berufsstands zulegen sollten, die den knallharten Geschäftsleuten etwa der Betriebskrankenkassen gewachsen sind. Aber wir kümmern uns mehr intern um QMS und eigene Querelen.

Ich habe meine Importquote im übrigen noch nicht auf den Prozentsatz genau ausgerechnet, schätze aber, dass die Krankenkassen die Quote sowieso weiter erhöhen. Die werden das Stöcklein immer höher halten, bis zum Schluss keiner mehr drüber springen kann. Eine Schwierigkeit ist die, dass die Importeure immer wieder bestimmte Produkte einstellen, weil sie die nicht mehr bekommen. Bei Neo-Gilurytmal hatte ich das Problem. Einige Importeure nehmen das zum Beispiel ganz aus dem Programm, melden das aber oft zu spät. Und die Krankenkassen sagen dann: es steht doch in der Lauer-Taxe drin. Es wird überhaupt nicht geschaut, ob das Präparat verfügbar ist und in welchen Mengen.

Ich werde den Patienten künftig erklären, dass die Krankenkassen wollen, dass ich ihnen solche Präparate gebe, zum Teil mit einer Lieferfrist von mehreren Tagen oder gar Wochen. Das ärgert mich etwas, dass die Kassen den Kranken diese Regelung nicht ausreichend erklären, was sie ja etwa über ihre Mitgliedszeitschriften tun könnten. Stattdessen machen wir Apotheker diese Arbeit. Wir haben den schwarzen Peter in unserer Apotheke, aber wo ist die Aufklärung der Kassen darüber?

Ich sehe enorme Probleme auf uns zukommen. Dabei sind die Apotheken an einem Knackpunkt angekommen. Ich kann jedenfalls als Inhaber einer kleinen Apotheke nicht die Differenz zum günstigsten, aber oft nur theoretisch erhältlichen Importarzneimittel tragen, noch dazu bei weiterer Rabatterhöhung der Krankenkassen.

Georg Mayr, Leiter der Ahorn-Apotheke, Dachau

Chaos ab April

Genaue Zahlen habe ich noch nicht vorliegen, wobei ich mein Rechenzentrum gebeten habe, die Daten zu Importen aufzuschlüsseln. Zur Zeit liegt meine Quote schätzungsweise unter einem Prozent. Ich denke, ich werde meinen Anteil deutlich erhöhen müssen. Ab April wird es vermutlich zu einem ziemlichen Chaos kommen, aus verschiedenen Gründen. Wir wissen nicht von jeder Krankenkasse den Schnitt, bei einigen reichen wir nur zwei bis drei Rezepte ein. Wie soll eigentlich nachvollziehbar sein, wo die Quote erreicht ist und wo nicht? Ich bezweifle, dass die Softwarehäuser im Monatszyklus eine solche Aufschlüsselung liefern können.

Schwierig wird das auch für uns in der Praxis. Wem gebe ich einen Import und wem ein Original? Oder bekommt ein Patient einmal ein Originalpräparat und einmal ein Importarzneimittel? Ich denke, das wird ein riesiges Problem werden. Immer noch sehen die Packungen zum Teil abenteuerlich aus, sind zerschnittene Blister zusammengepackt, unterscheiden sich die Farben erheblich.

Außerdem rechne ich damit, dass der Markt womöglich kollabiert, oder dass die Patienten jedes Mal eine andere Packung von einem anderen Importeur erhalten. Wenn dies geschieht, werden die Patienten unzufrieden werden. Daher denke ich, es wird ein Chaos werden.

Die ganze Regelung ist absolut unrealistisch. Ich halte sie auch für hochgradig gefährlich, weil durch sie die Compliance sinken wird. Wir haben mit allen Mitarbeiterinnen in der Marcus-Apotheke bereits diskutiert, wie schwierig das für die Patienten wird.

Für unseren Ort hier (Viersen in Nordrhein-Westfalen, die Red.) haben wir beschlossen, dass, bevor das zum Tragen kommt, wir als Kollegen eine Handlungsmaxime aufstellen, damit die Regelung für den Patienten einigermaßen praktikabel umgesetzt wird.

Apotheker Marcus Büschges, Marcus-Apotheke, Viersen

Kastentext: Import - was ab April gilt

  • Ab April 2002 gilt eine Importquote von 5,5 Prozent am Fertigarzneimittelumsatz pro Apotheke und Krankenkasse.
  • Von Januar 2003 an steigt diese Quote auf sieben Prozent.
  • Für Apotheken mit einem unterdurchschnittlichen Verordnungsanteil an importfähigen Fertigarzneimitteln gibt es Entlastungsmöglichkeiten. Bei Nachweis eines verringerten Anteils an importfähigen Fertigarzneimitteln sinkt die vereinbarte Quote.
  • Die Umsätze der abgegebenen importierten Arzneimittel sowie der abgegebenen Fertigarzneimittel sind in der Rechnung anzugeben. Damit obliegt die Ermittlung der Daten den Rechenzentren.
  • Bei Unterschreitung der Quote wird die Rechnung der Apotheke gegenüber der Krankenkasse gekürzt. Bei Übertreffen des Richtwerts kann dieser Betrag mit künftigen Kürzungsbeträgen verrechnet werden.

Importe schlagen den Kolleginnen und Kollegen aufs Gemüt. Ständig müssen Gespräche mit Patienten über zerschnittene Blister und zugeklebte Packungen geführt werden. In den Apotheken rumort es deswegen ganz schön, und viele Pharmazeuten ärgern sich, dass die Krankenkassen Importarzneimittel so pushen wollen, obwohl die Schwierigkeiten mit der Lieferfähigkeit bestimmter Präparate bekannt sind und es preiswerte Generika gibt. In einer kleinen Umfrage der DAZ sind wir der Frage nachgegangen, wie sie die höhere Importquote ab April 2002 bewerten und wie die Situation in ihren eigenen Apotheken aussieht.

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