Berichte

AV Brandenburg: Gesundheitspolitik – Dichtung und Wahrheit

Im Mittelpunkt der diesjährigen Mitgliederversammlung des Apothekerverbandes Brandenburg (AVB) am 10. November standen die von der Bundesregierung geplanten Einsparungen im Arzneimittelbereich. Sowohl das Arzneimittel-Sparpaket als auch der Schiedsspruch zur Import-Quote wurden heftig kritisiert.

In ihrem Bericht zur Lage griff Dr. Andrea Lorenz, Vorsitzende des AVB, die von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt geplanten Sparmaßnahmen zu Lasten der Apotheker scharf an. Die gegenwärtige Diskussion sei geprägt von "Dichtung und Wahrheit". Die Abschaffung der Budgets war nach Ansicht der AVB-Vorsitzenden noch eine sinnvolle Maßnahme, um der bestehenden Unterversorgung der Patienten entgegenzuwirken. Die Finanzprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) seien jedoch hausgemacht und Folge einer "Politik der Verschiebebahnhöfe". Nicht die vielzitierten angestiegenen Arzneimittelausgaben der GKV haben die finanziellen Nöte heraufbeschworen. Knackpunkt seien vielmehr die Einnahmeausfälle der GKV, betonte Lorenz. Der Anstieg der Arzneimittelausgaben könne keinesfalls nur negativ betrachtet werden. Vielmehr trügen Medikamente dazu bei, weitere Kosten - etwa Krankenhausaufenthalte - zu vermeiden. Lorenz: "Krankheitskosten müssen als Ganzes gesehen werden - und nicht durch die sektorale Brille"

Apotheker als Sündenbock der Gesundheitspolitik

Eine grundlegende Gesundheitsreform hält auch Lorenz für zwingend notwendig. Allerdings nicht auf eine Weise, die einseitig Pharmaindustrie und Apotheker zum Sündenbock erklärt. Innerhalb des nunmehr vorliegenden Gesetzentwurfs zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben (AABG) trifft beim AVB nur die Aut-idem-Regelung auf Zustimmung. Der vorgegebene Auswahlrahmen, in welchem Apotheker ein Medikament aussuchen können, sei akzeptabel, so Lorenz. Allerdings stelle sich auch hier die Frage, ob Apotheker solche Leistungen stets zum Null-Tarif zu erbringen haben.

Auch die lauter werdenden Rufe der Krankenkassen nach der Zulassung eines Arzneimittelversandhandels stößt beim AVB auf heftige Kritik. Lorenz verwies auf die bestehende Online-Plattform der ABDA aponet.de. Hier sei ein guter Weg eingeschlagen worden, der Apothekenkunden eine Arzneimittelvorbestellung per Internet ermögliche. Echte Versandapotheken könnten nur durch Rosinenpickerei Bestand haben.

Mit ebenso großer Sorge sieht Lorenz den Bestrebungen entgegen, das Apothekengesetz zu novellieren und Krankenhausapotheken einen weiteren Aktionsradius einzuräumen. Sie betonte, dass der AVB sämtliche Regelungen auf diesem Gebiet ablehne, die über den ABDA/ADKA-Kompromiss hinausgehen.

All diese Vorhaben erscheinen Lorenz als dunkle Wolken, die sich über der Apothekerschaft zusammenziehen. Eine resignative Stimmung sei unter vielen Kollegen zu spüren. Die Aufforderung der AVB-Vorsitzenden lautete daher: "Wir müssen raus dem Abseits, in das wir uns in den letzten Jahren haben schieben lassen".

Scharfe Kritik an Import-Quote

Lorenz übte auch heftige Kritik am neuen Arzneilieferungsvertrag nach § 129 SGB V, der ein Quotenmodell für die Abgabe von Import-Arzneimitteln vorsieht. Der AVB habe während der Verhandlungen stets gegen die Regelung argumentiert. Da eine Einigung nicht möglich war, wurde die Entscheidung letztlich von der Schiedsstelle getroffen. Brandenburg, so Lorenz, sei eines von lediglich vier Bundesländern gewesen, die Klage gegen den Schiedsspruch einlegen wollten. "Wehret den Anfängen", lautete daher der Appell der AVB-Vorsitzenden an den DAV. Der AVB will auf Landesebene gegen den Vertrag vorgehen. Den genauen Auswirkungen der ab April 2002 geltenden Import-Regelung wurde ein eigener Tagesordnungspunkt der Mitgliederversammlung gewidmet.

Hier wurde detailliert dargelegt, wie sich die Import-Quote gemessen am importfähigen Umsatzanteil der jeweiligen Apotheke berechnet und welche Folgen die Unter- und Überschreitungen der Quote hat.

Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit gefordert

Aus den Reihen der Mitglieder wurde vor allem der Ruf nach einer verbesserten Öffentlichkeitsarbeit laut. Gerade im Zusammenhang mit der Diskussion um das Sparpaket sei der Öffentlichkeit nur unzureichend erläutert worden, was die Maßnahmen für die Apotheker bedeuten. Beispiel Kassenrabatt: Wieso sollte Krankenkassen, mit denen nur ein minimaler Umsatz gemacht wird, überhaupt ein Rabatt gewährt werden, wenn Preisnachlässe üblicherweise aufgrund hoher Abnahmemengen erfolgen? Hier seien bereits die noch geltenden fünf Prozent bedenklich gewesen. Doch welcher Apothekenkunde kann sich vorstellen, was hinter dem Kassenrabatt steht? Die alleinige Diskussion in der Fachpresse trage nicht zur Aufklärung der Öffentlichkeit bei.

Die Kritik der Mitglieder zeigte insoweit Wirkung, als der Haushalt für Öffentlichkeitsarbeit für das kommende Jahr aufgestockt wurde.

Neuwahl des Vorstandes

Bei der Neuwahl des Vorstandes kam es zu folgenden Ergebnissen: Dr. Andrea Lorenz wurde als Vorsitzende bestätigt. Zum 1. Stellvertretenden Vorsitzenden wurde Hans-Joachim Nitzsche, gewählt, als 2. Stellvertretende Vorsitzende Martina Klauß. Als Beisitzer wurden gewählt: Dr. Margret Schulz, Dr. Nikolaus Loch, Frank Fürstenberg und Hans-Joachim Lange.

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