Arzneimittel und Therapie

ELSA-Studie: Lacidipin bremst Progression der Arteriosklerose

Arteriosklerotische Gefäßveränderungen lassen sich im Rahmen einer antihypertensiven Therapie mit dem Calciumantagonisten Lacidipin (Motens®) signifikant stärker bremsen als unter dem Betablocker Atenolol. Dies hat die kürzlich veröffentlichte ELSA-Studie an über 2000 Patienten mit essenzieller Hypertonie gezeigt. Da beide Substanzen im beobachteten Zeitraum eine vergleichbare Blutdrucksenkung erzielten, wird die überlegene antiarteriosklerotische Wirkung von Lacidipin auf spezifische, blutdruckunabhängige pharmakologische Eigenschaften zurückgeführt.

Bereits in der dritten Lebensdekade entstehen gewöhnlich die ersten kleineren arteriosklerotischen Plaques. Sie entwickeln sich dann über Jahrzehnte allmählich weiter, bleiben jedoch aufgrund fehlender Beschwerden in der Regel lange Zeit unbemerkt. Bei den meisten Patienten wird deshalb die Arteriosklerose erst im Stadium einer manifesten koronaren, zerebrovaskulären oder peripheren Gefäßerkrankung diagnostiziert.

Pathologische Veränderungen am Endothel

In der Frühphase einer Arteriosklerose wird das Endothel durch die bekannten Schädigungsfaktoren (Blutdruckwerte > 140/90 mm Hg, Hypercholesterinämie, Rauchen, Stoffwechselkrankheiten, familiäre Disposition) in seiner Funktion beeinträchtigt: Die Permeabilitätsbarriere sinkt, es bilden sich Intimaödeme, Lipide können sich leichter an die Gefäßwand anlagern. Gleichzeitig nehmen die adhäsiven Eigenschaften des Endothels zu, sodass vermehrt Leukozyten und Thrombozyten an der Gefäßwand haften bleiben.

Einwandernde Leukozyten setzen Zytokine und Wachstumsfaktoren frei, wodurch glatte Muskelzellen in den Intimabereich gelockt und zur Proliferation angeregt werden. Auch die gesteigerte Matrixbildung ist ein Kennzeichen der frühen Arteriosklerosestadien. Diese Veränderungen tragen insgesamt zur Gefäßwandverhärtung und zur Verdickung der Intima-Media bei.

Aussagekräftig: die Intima-Dicke

Die Progression der Arteriosklerose kann beim Menschen heute nichtinvasiv verfolgt werden: Mit der hochauflösenden Ultraschall-Technik ist es möglich geworden, die Dicke der Gefäßwandschichten zu visualisieren und zu quantifizieren. Als valides Maß für die frühe Arteriosklerose hat sich dabei die Messung der Intima-Media-Dicke (IMD) an der Arteria carotis mittels B-Mode-Ultraschall etabliert. Die Methode ist sowohl unproblematisch als auch relativ kostengünstig durchführbar und liefert gut reproduzierbare Ergebnisse.

Die so ermittelte Intima-Dicke der Carotis-Arterie korreliert direkt mit der kardio- und zerebrovaskulären Ereignisrate und gilt als zuverlässiger Prädiktor für zukünftige arteriosklerotisch bedingte Komplikationen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt. Diese Ultraschallmessung erlaubt es außerdem, den Effekt einer antiarteriosklerotischen Behandlung zu testen und aussagekräftige Ergebnisse direkt vom Zielorgan zu bekommen.

ELSA-Studie: Lacidipin vs. Atenolol

Die European Lacidipine Study on Atherosclerosis (ELSA) ist die bislang größte Studie, in der per B-Mode-Ultraschall die Wirkung einer antihypertensiven Therapie auf die Gefäßwand bestimmt wurde. ELSA ist eine prospektive, randomisierte, multizentrische Doppelblind-Studie, in der als primärer Endpunkt die mittlere maximale Intima-Media-Dicke der Arteria carotis communis und der Carotis-Bifurkationen (CBMmax) untersucht wurde.

Ziel von ELSA war es, während eines vierjährigen Zeitraums den Einfluss von Lacidipin auf die Arterioskleroseprogression mit dem des Betablockers Atenolol zu vergleichen. Insgesamt 2255 Patienten zwischen 45 und 75 Jahren mit leichter bis mittelschwerer essenzieller Hypertonie erhielten randomisiert täglich entweder Lacidipin (4 bis 6 mg) oder Atenolol (50 bis 100 mg). Konnte der diastolische Zielwert von < 95 mm Hg damit noch nicht erreicht werden, wurde die Monotherapie jeweils durch das Diuretikum Hydrochlorothiazid ergänzt.

17% der eingeschlossenen Hypertoniker wiesen vor Studienbeginn Intimaverdickungen, 82% bereits Plaques auf. Nur 1% der Studienteilnehmer waren ohne arteriosklerotische Carotis-Veränderungen.

Lacidipin hemmt Arteriosklerose stärker als Atenolol

Beide Antihypertensiva senkten den Blutdruck in der Studie deutlich und lang anhaltend auf nahezu identische Werte. In beiden Gruppen war anhand der IMD-Messungen im Schnitt ein Fortschreiten der Arteriosklerose festzustellen, wobei die Progressionsrate unter Lacidipin jedoch signifikant geringer war. So wurde in der Lacidipin-Gruppe bei 18% weniger Probanden eine Zunahme und bei 31% mehr Probanden eine Abnahme der arteriosklerotischen Plaques beobachtet. Die Arteriosklerose konnte (gemessen als CBMmax) mit Lacidipin um 40% stärker gehemmt werden als mit Atenolol.

Diese Studienergebnisse werden als Beweis dafür gesehen, dass der hochlipophile, lang wirksame Calciumantagonist Lacidipin zusätzlich zu seiner antihypertensiven Potenz blutdruckunabhängige antiarteriosklerotische Wirkqualitäten besitzt.

Lacidipin greift in Schlüsselprozesse ein

Zelluläre und tierexperimentelle Untersuchungen haben gezeigt, dass Calciumantagonisten vom Dihydropyridin-Typ wie Lacidipin in die zentralen molekularen Mechanismen der Arteriosklerose-Entstehung eingreifen. Im Rattenmodell konnte Lacidipin selbst in Dosen, die noch nicht blutdrucksenkend wirken, die Expression der Adhäsionsmoleküle ICAM-1 und VCAM-1 reduzieren. Auch die Infiltration des Endothels durch Makrophagen und Monozyten ließ sich in vitro mit dieser Substanz effektiv unterdrücken. Außerdem hemmt Lacidipin die Bildung und Ablagerung von Matrixmolekülen, wie z. B. Kollagen IV und Fibronektin.

Gut dokumentiert ist insbesondere auch seine starke antioxidative Potenz, die nahezu der des Vitamin E entsprechen soll. Vermutlich sind diese antiarteriosklerotischen Qualitäten nicht nur bei Lacidipin, sondern auch bei anderen Calciumantagonisten anzutreffen. Aufgrund seiner hohen Lipophilie und Gewebegängigkeit scheinen die Effekte beim Lacidipin - einem Calciumantagonisten der dritten Generation - jedoch klinisch besonders ausgeprägt zu sein.

Zur Primärprophylaxe bei moderater Hypertonie

Die Ergebnisse der ELSA-Studie verleihen dem Calciumantagonisten Lacidipin einen besonderen Stellenwert in der frühen Therapie junger Hypertoniker, die noch am Anfang ihrer Arteriosklerose-Karriere stehen und eine Primärprophylaxe benötigen. Für Hochrisiko-Hypertoniker, die bereits fortgeschrittene Gefäßveränderungen aufweisen, oder für Patienten, bei denen eine Sekundärprophylaxe angezeigt ist, scheinen dagegen ACE-Hemmer oder AT1-Rezeptorantagonisten Vorteile zu besitzen.

Quelle Prof. Dr. M. Gene Bond, Winston Salem (USA), Prof. Dr. Hermann Haller, Hannover, Prof. Dr. Karl Heinz Rahn, Münster, Prof. Dr. Rainer Düsing, Bonn; Presse Meeting "Frühe Hemmung von Arteriosklerose: Eine Chance für Hypertoniepatienten. Ergebnisse von ELSA", Ulm, 28. September 2001, veranstaltet von Boehringer Ingelheim Pharma KG.

Arteriosklerotische Gefäßveränderungen lassen sich im Rahmen einer antihypertensiven Therapie mit dem Calciumantagonisten Lacidipin signifikant stärker bremsen als unter dem Betablocker Atenolol. Dies hat die ELSA-Studie an über 2000 Patienten mit essenzieller Hypertonie gezeigt. Die überlegene antiarteriosklerotische Wirkung von Lacidipin wird auf spezifische, Blutdruck-unabhängige pharmakologische Eigenschaften zurückgeführt.

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