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Disease Management: Ärzte entwerfen Programme für chronisch Kranke

BERLIN (ks). Nicht nur die Krankenkassen machen sich Gedanken über die Ausgestaltung von Disease-Management-Programmen (DMP), die im kommenden Frühjahr die Versorgung chronisch Kranker verbessern sollen. Nun hat auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) begonnen, Vertragskonzepte für einzelne Programme aufzustellen. Gemeinsam mit Patientenvertretern stellten sie diese vergangene Woche in Berlin vor.

Ursprünglich war im Gesetzentwurf zur Neureglung des Risikostrukturausgleichs, in dem auch die DMP geregelt sind, vorgesehen, dass allein die Spitzenverbände der Krankenkassen die Anforderungen an die Ausgestaltung der DMP benennen sollen. Kurz vor der zweiten und dritten Lesung des Gesetzentwurfs im Bundestag am Freitag, den 9. November, wurde von den Koalitionsfraktionen jedoch ein Änderungsantrag formuliert, nach dem diese Aufgabe dem Koordinierungsausschuss obliegen soll. Somit ist das bloße Anhörungsrecht der Ärzte zu einem gestaltenden Recht ausgeweitet worden. Die nunmehr vorgelegten DMP-Entwürfe der KBV sollen Grundlage der Verhandlungen im Koordinierungsausschuss werden.

DMP sollen einheitlich gestaltet werden

Für Diabetiker, Asthmatiker und Patienten mit Bluthochdruck liegen die DMP-Konzepte der KBV bereits vor. Programme zu anderen Erkrankungen sollen folgen. Die KBV möchte mit den DMP erreichen, dass sich Patienten künftig besser im undurchsichtigen "Dschungel des Gesundheitswesens" zurechtfinden, so Dr. Manfred Richter-Reichhelm, erster Vorsitzender der KBV. Nun soll eine "ordnende Hand" den Versorgungsablauf transparent machen. Deshalb beinhalten die DMP-Entwürfe eine strukturierte Arbeitsteilung unter den beteiligten Institutionen und regeln die Mindestanforderungen an den Informationsfluss zwischen den Beteiligten und zur Evaluationsstelle, erläuterte Dr. Leonard Hansen, zweiter Vorsitzender der KBV. Vorrangig geht es also um eine Regelung ärztlicher Zuständigkeiten.

Die medizinisch-fachlichen Inhalte der Entwürfe gründen auf evidenzbasierten Leitlinien, die regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden sollen. Ziel sei es, einheitliche DMP für alle Krankenkassen zu gestalten. So soll Übersicht gewahrt und sichergestellt werden, dass Versicherte aller Kassen gleichermaßen effizient behandelt werden können. Der Spielraum für eine wettbewerbliche Differenzierung sei daher gering, so Richter-Reichhelm.

Einbeziehung von Patientenvertretern

Die weitere Ausarbeitung der Programme soll in Abstimmung mit haus- und fachärztlichen Berufsverbänden sowie Patientenvertretern erfolgen. Der "verwirrenden Konzeptvielfalt" der Krankenkassen sollen abgestimmte und schnell umsetzbare Programme gegenüber gestellt werden, so Richter-Reichhelm. Die beiden Vorsitzenden der KBV forderten die Spitzenverbände der Krankenkassen nunmehr auf, sich an der einheitlichen Gestaltung der DMP konstruktiv zu beteiligen. Auch Christoph Nachtigäller, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Hilfe für Behinderte (BAGH), setzt sich für einheitliche Programme ein. Die BAGH ist Mitglied des gemeinsamen Patientenforums von KBV und Bundesärztekammer und damit in die Entwicklung der Chroniker-Programme der KBV eingebunden. Nachtigäller unterstrich, dass es dem Patienten nichts nütze, wenn jede Krankenkasse ihre eigenen Programme entwickle und so je nach Kassenzugehörigkeit unterschiedliche Behandlungen erfolgen. Eine Abstimmung der Kassen untereinander sei daher unerlässlich.

Die Erwartungen an die DMP sind hoch. Eine verbesserte Versorgung chronisch Kranker ist insbesondere nach den ernüchternden Feststellungen des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen erklärtes Ziel der Regierung. Eine kurzfristige finanzielle Entlastung der Kassen durch die Chroniker-Programme wird allerdings nicht zu erwarten sein. Richter-Reichhelm räumte ein, dass eine auf evidenzbasierte Leitlinien gestützte Medizin zunächst teurer sein wird. Allerdings verspricht sich der KBV-Vorsitzende auf lange Sicht eine Reduzierung der Ausgaben.

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