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Klinische Pharmazie: Anthracycline und Paclitaxel bei Kindern

In der Vortragsreihe des Pharmazeutisch-lebensmittelchemischen Kolloquiums in Münster hielt Dr. Georg Hempel, Münster, am 30. Oktober einen Vortrag zur Kinetik von Anthracyclinen und Paclitaxel bei pädiatrischen Patienten.

In der Kinderonkologie werden mit der Chemotherapie Behandlungserfolge von circa 70 Prozent erreicht. Andere Therapieverfahren, beispielsweise mit monoklonalen Antikörpern, spielen zahlenmäßig bis jetzt noch eine untergeordnete Rolle. Trotz der großen Expertise sind viele pharmakokinetische Fragen, besonders bei Kindern, noch offen. Kapilläre Blutentnahmen kombiniert mit empfindlichen Analysenverfahren, die mit kleinen Probenvolumina auskommen, und das Verfahren der Populationskinetik ermöglichen es jedoch, auch bei Kindern kinetische Daten zu ermitteln.

Patientenfreundliche Analytik

Dr. Hempel ist es gelungen, mittels der Kapillarelektrophorese ein Analysenverfahren für das Chemotherapeutikum Paclitaxel zu entwickeln, mit dem aus 50 Ūl Probe der Arzneistoff bestimmt werden kann. Eine Kombination aus elektrokinetischer Injektion, Mizellbildung und Probenfokussierung mit dem Tensid Natriumdodecylsulfat drücken die Bestimmungsgrenze auf 50 Ūg pro Liter. Mit diesem Verfahren kann der Arzneistoff im Blut und im Mikrodialysat des Tumorgewebes nachgewiesen werden. Das Verfahren wurde im Rahmen einer Initiative der European Organisation for Research and Treatment of Cancers (EORTC) erfolgreich cross-validiert.

Auch für die Anthracycline Doxo- und Daunorubicin sowie für ihre Metaboliten gelang die Analytik mittels Kapillarelektrophorese unter Verwendung der laserinduzierten Fluoreszenzdetektion.

Individuelle Dosierung

Ein populations(pharmako)kinetisches Verfahren ermöglicht es zudem, mit wenigen Messdaten die individuelle Kinetik des Patienten vorauszusagen. Ein Populationsmodell beschreibt hierbei (rechnerisch) für alle Patienten den mittleren Plasmaspiegelverlauf eines Arzneistoffs. Mit dem Nonlinear Mixed Effect Model (NONMEM) und Patientendaten können dann die individuellen Kinetiken prädikativ berechnet oder Besonderheiten bei Subpopulationen beschrieben werden.

In einer Studie wurde das radiosensibilisierende Paclitaxel in Kombination mit einer Tumorbestrahlung eingesetzt. Vergleichende Untersuchungen zur Kinetik nach dem beschriebenen Verfahren zeigten, dass die terminale Halbwertszeit und das Verteilungsvolumen bei niedriger Dosierung des Arzneistoffs relativ höher sind als bei höherer Dosierung.

Bei Untersuchungen zur Applikation von Anthracyclinen konnte zum Beispiel gezeigt werden, dass liposomale Formulierungen der Arzneistoffe sich im Tumorgewebe anreichern. Möglichkeiten der individuellen Dosisanpassung und somit eine Reduktion der kardiotoxischen Nebenwirkungen werden zur Zeit untersucht.

Ausgehend von klinischen Fragestellungen nützen die analytischen und kinetischen Untersuchungen dem individuellen Patienten und sind ein beeindruckendes Beispiel für die Optimierung der Arzneitherapie.

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