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Lutz Bäucker: Anthrax ante portas

Vor ein paar Tagen in meinem Supermarkt: aufgeregtes Getuschel, leichte Unruhe unter den Kunden. Auf dem Boden liegt weißes Pulver! Weißes!? Mein Gott, ist das etwa ...? Sollen wir nicht ...? Gottseidank beruhigt sich die Situation sofort, niemand wird hysterisch, denn der Azubi kommt um die Ecke, mit Schaufel und Besen: er muss den verschütteten Zucker wegräumen. Kein Milzbrand im Supermarkt von Denning. Uff! Noch mal Glück gehabt, kein "Achmed aus Islamabad" am Werk, nur der Schussel aus dem ersten Lehrjahr.

Also mal keine Szene aus dem Hirnkastl aufgeputschter deutscher Paniker oder aus dem Computer katastrophengeiler deutscher Boulevard-Journalisten: "MILZBRAND" - am liebsten brüllen sie es in 12 Zentimeter hohen Lettern hinaus, damit auch wirklich der Letzte noch das nervöse Flackern in aufgerissenen Augen kriegt.

Es ist pervers: "Anthrax ante portas!" - von dieser Nachricht scheinen unsere Meinungsmacher geradezu zu träumen - so, als ob sie nur darauf warten, die latente Hysterie in Deutschland in eine überschäumende zu verwandeln.

Sehr beruhigend sind auch die detaillierten Bezugsquellen-Nachweise für den Erwerb haushaltsüblicher Mengen dieser netten kleinen Biester - da freut sich der gemeine Trittbrettfahrer doch ordentlich. Mein Vorschlag um die Sache zu vereinfachen und auch für uns Apotheker profitabel zu gestalten: Bundesgesundheitsministerin Schmidt ordnet noch vor Nikolaus an, dass jegliche Milzbrandbakterie exklusiv nur über deutsche Apotheken vertrieben werden darf: "Anthrax - zu Risiken und Nebenwirkungen informiert Sie gern Ihr Apotheker!" Dass der Verkauf in eine kalkulatorische Einheit mit den Bestellungen von Doxy - und Cipro- Tabletten eingehen muss, dürfte wohl auch betriebswirtschaftlichen Laien klar sein ...

Im Ernst: die Milzbrand-Manie könnte wirklich eine Chance für uns sein: Kunden seriös informieren (schauen Sie sich mal unsere exzellente DAZ- Geschichte in DAZ-Nr. 43, S. 42 an!), entsprechende Flugblätter drucken und verteilen. Und - ABDA-Pressestelle aufgemerkt! - eine medienträchtige Pressekonferenz für die Laienpresse, Radio und TV ansetzen. Und zwar noch vor dem Umzug nach Berlin. Denn unsere Aufgabe ist nicht nur die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln, sondern auch das Verhindern von Panik und Hysterie! Was nie einfacher und wichtiger ist als in diesen Tagen weißer Pulver auf Supermarktböden und in Briefen aus "Islamabad".

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