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Firmen fürchten Preisabschlag: VFA warnt vor aut idem

BERLIN (im). Teile der pharmazeutischen Industrie warnen vor der Einführung der Fertigarzneimittelauswahl durch Apotheker. Käme die generelle Aut-idem-Regelung, entstünden Compliance-Probleme beim Patienten. Außerdem sei zu befürchten, dass die Pharmazeuten die Auswahl nach finanziellen Eigeninteressen träfen. Dies äußerte Patrick Schwarz-Schütte vom Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) in Berlin. Von den jüngsten drastischen Sparmaßnahmen der Bundesgesundheitsministerin im Arzneisektor kritisierte er den geplanten Preisabschlag für festbetragsfreie Medikamente als "schwersten vorstellbaren staatlichen Eingriff".

An der von der Bundesgesundheitsministerin angedachten Aut-idem-Regelung ließ Schwarz-Schütte, Vorstandsvorsitzender des VFA, kein gutes Haar. Werde Patienten in jeder Apotheke ein anderes Präparat ausgehändigt, seien gerade bei einer Dauerbehandlung Compliance-Probleme zu befürchten. Die Mediziner könnten die Therapie nicht steuern, unerwünschte Wirkungen nicht kontrollieren, Haftungsfragen seien ebenso ungelöst wie Qualitätsgesichtspunkte. Geradezu für "riskant" hält er es, Apothekern die Auswahl an die Hand zu geben. Es stehe zu befürchten, dass die Pharmazeuten dann vor allem nach ökonomischen Gesichtspunkten auswählten. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) hatte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt in diesem Zusammenhang die Änderung der Arzneimittelpreisverordnung vorgeschlagen samt finanziellem Ausgleich für die zu erwartenden Einbußen der Pharmazeuten.

Unklar scheint derzeit die Höhe der Einsparungen für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) durch aut idem. Nach VFA-Berechnungen ergäben sich Umsatzverluste auf Basis des Apothekenverkaufspreises von zwei Milliarden Mark oder von 1,1 Milliarden Mark auf der Ebene des Herstellerabgabepreises. Der VFA hat bei den 1,1 Milliarden Mark geschätzt, dass bei einem bisherigen Generikaanteil von rund 70 Prozent der Löwenanteil der Einsparungen bei den Originalpräparaten durch aut idem auf VFA-Firmen entfalle.

"Reiner Aktionismus"

Insgesamt lehnte Schwarz-Schütte das Sparpaket von Ulla Schmidt als kurzfristigen Aktionismus ab, der den Pharmastandort Deutschland und damit Arbeitsplätze gefährde und die Ursachen für die klamme Situation bei den Krankenkassen - die Mindereinnahmen der GKV durch politische Verschiebebahnhöfe - außen vor lasse.

Alle neuen Sparmaßnahmen - Preisabsenkung, Aut-idem-Substitution oder die Empfehlung zu "Schritt-Innovationen" - seien kontraproduktiv. Deutlich wurde, dass die pharmazeutischen Unternehmen vor allem den geplanten Preisabschlag von vier Prozent für festbetragsfreie Medikamente fürchten. Vorgesehen ist, dass die niedrigeren Preise zwei Jahre lang eingefroren werden. Das sei ein "Griff in die Mottenkiste der Planwirtschaft", eine "Methode des Sozialismus", kritisierte der VFA-Vorstandsvorsitzende.

Die Gesundheitspolitiker unterschätzten die wirtschaftlichen Konsequenzen. Eine Preissenkung bleibe nicht auf die gesetzliche Krankenversicherung beschränkt, sondern gelte auch für die privaten und ziehe letztlich Preissenkungen im Ausland nach sich, was den Arzneimittelexport massiv schädige. Nach Berechnungen des VFA betragen die Umsatzverluste durch den Preisabschlag 500 Millionen Mark auf der Ebene des Herstellerabgabepreises oder 900 Millionen auf der Basis des Apothekenverkaufspreises.

Sparen bei "Me too"

Schwarz-Schütte kritisierte darüber hinaus die anvisierten Einsparungen bei so genannten Schrittinnovationen (Me-too-Präparate) in Höhe von 600 Millionen Mark. Spreche künftig der zuständige Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen Empfehlungen zu Me-too-Präparaten aus, werde de facto eine vierte Hürde nach den bisherigen drei Kriterien der Zulassung eingeführt. Das lehne der VFA ab. Schrittinnovationen seien zudem ökonomisch von Vorteil, da sie während der Patentlaufzeit der Erstsubstanz einen Preiswettbewerb auslösten.

Weitere Belastungen

Der VFA-Vorsitzende verwies auch auf Belastungen der Branche durch bereits beschlossene Maßnahmen ab 2002. So bedeute die anstehende Festbetragsabsenkung einen zusätzlichen Umsatzverlust von voraussichtlich 400 Millionen Mark bei den Firmen und die ab April 2002 geltende Förderung der Importe einen Umsatzverlust von 1,4 Milliarden Mark. Wie mehrfach berichtet, war der letzte Kompromiss zur Absenkung bei den Festbeträgen erst nach zähem Ringen zwischen der Gesundheitsministerin, Industrie und Krankenkassen zustande gekommen. Gespart werden sollen weitere 650 bis 750 Millionen Mark für die gesetzliche Krankenversicherung. Komme das jüngste Sparpaket von Schmidt wie jetzt geplant, sei dieser Festbetragskompromiss, bei dem seinerzeit ernsthaft über die Versorgungsqualität diskutiert worden sei, Makulatur, meinte der VFA-Repräsentant.

Insgesamt bezifferte Schwarz-Schütte die Umsatzverluste für die pharmazeutische Industrie auf rund 3,7 Milliarden Mark. In der Folge drohe der Abbau von Arbeitsplätzen und der Stopp von Investitionen.

Teile der pharmazeutischen Industrie warnen vor der Einführung der Fertigarzneimittelauswahl durch Apotheker. Käme die generelle Aut-idem-Regelung, entstünden Compliance-Probleme beim Patienten. Außerdem sei zu befürchten, dass die Pharmazeuten die Auswahl nach finanziellen Eigeninteressen träfen. Dies äußerte Patrick Schwarz-Schütte vom Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) in Berlin.

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