BVA-Info

Einsparungen: Aktionitis statt Orientierung zu mehr Qualität

Mit sehr gemischten Gefühlen hat der BVA (Bundesverband der Angestellten in Apotheken) das jüngste Aktionspaket der Gesundheitsministerin Ulla Schmidt zu Einsparungen im Arzneimittelbereich aufgenommen. Mit durchaus sinnvollen Ansätzen mischen sich unausgegorene Vorschläge, die zum einen die Apotheken überdurchschnittlich stark finanziell belasten, zum anderen Einsparvolumina aus der Luft greifen, die nicht vorhanden sind.

Zudem ist das Aktionspaket ohne die Apothekerschaft oder die Gewerkschaft im Apothekenwesen zustande gekommen. Einmal mehr sind Einsparvorschläge ohne die Mitwirkung von pharmazeutischem Sachverstand zustande gekommen.

Aut-idem-Regelung wird begrüßt

Die anvisierte Einführung einer generellen Aut-idem-Regelung wird vom BVA natürlich begrüßt – ist dies doch eine langjährige Forderung der Apothekerschaft sowie des BVA. Eine Auswahl lediglich nach dem "günstigsten" Generikum ist jedoch strengstens abzulehnen. Dies würde innerhalb weniger Tage zu erheblichen Engpässen auf dem Arzneimittelmarkt führen, da der billigste Anbieter sofort ausverkauft wäre. Von einer Einbindung der pharmazeutischen Kompetenz in der Beurteilung verschiedener Generika kann außerdem keine Rede sein - und nur dann ließen sich tatsächlich Einsparpotentiale unter Qualitätsgesichtspunkten, nicht nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, realisieren. Ohnehin lassen sich die Vorteile eines generellen Aut-idem-Gebots nur im Verbund mit dem Arzneimittelpass verwirklichen, etwa durch eine vereinfachte Lagerhaltung. Mit dem Arzneimittelpass, dessen Einführung vom BVA ausdrücklich unterstützt wird, wird sichergestellt, dass der Patient jedes Mal das gleiche Generikum erhält und nicht durch verschiedene Packungen/Firmen verunsichert wird. Sinnvoll ist außerdem, PatientInnen beim Verlassen des Krankenhauses auf die Möglichkeit von Generika hinzuweisen bzw. Wirkstoffe anstelle von Präparaten zu verordnen. Abzulehnen ist jedoch, dem Bundesausschuss Ärzte/Krankenkassen mehr Kompetenzen bei der Beurteilung von Arzneimittelinnovationen und Me-too-Präparaten einzuräumen, solange dort nicht endlich auch pharmazeutischer Sachverstand eingebunden wird. Dies kann nur dadurch geschehen, dass dort ein Pharmazeut einen Platz erhält.

Kostendämpfung ohne pharmazeutischen Sachverstand

Grundsätzlich ist jedoch zu prüfen, welche Qualität die Arzneimittelversorgung in der Bundesrepublik hat, bevor Einsparungen im Arzneimittelbereich vereinbart werden. Solange in einigen Bereichen Über-, in anderen jedoch Unterversorgung herrscht, ist es dringend notwendig, aussagekräftige Studien durchzuführen. Es ist eher kontraproduktiv, jetzt irgendwelche Kostendämpfungen (vornehm mit "beitragssatzstabilisierend" umschrieben) im Arzneimittelbereich vorzunehmen, solange das Gutachten des Sachverständigenrates zu diesem Teilbereich noch nicht vorliegt. Dort werden möglicherweise andere Akzente gesetzt, etwa hin zu mehr Qualität durch Versorgungsleitlinien. Heckenschnittartige Einsparungen wie durch Zwangsrabatte der Apotheken und Preismoratorien der Industrie haben jedoch nichts mit mehr Qualität oder einer grundsätzlichen Umsteuerung im Arzneimittelbereich zu tun, die Einbindung pharmazeutischer Kompetenz im Bereich der Aut-idem-Regelung schon eher. Solange nicht zweifelsfrei belegt ist, dass die höheren Arzneimittelkosten nicht dadurch verursacht sind, dass zunehmend Versorgungsanteile vom Krankenhaussektor in die niedergelassene Arztpraxis (Grundsatz ambulant vor stationär) verlagert werden, könnte ein kurzfristiges Aktionspaket wie das vorgelegte die Situation in der Arzneimittelversorgung weiter verschärfen. Schon heute ist bekannt, dass in einigen Bereichen (als Stichworte seien Asthma, Depressionen und Diabetes genannt) die Versorgung weder dem neuesten Stand der Wissenschaft entspricht noch in irgendeiner Form als ausreichend zu bezeichnen ist.

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