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Krankenversicherung: Versorgung chronisch Kranker verbessern

BONN (im). Die Bundesregierung will die Situation chronisch Kranker verbessern und gibt den Krankenkassen finanzielle Anreize, damit diese "strukturierte Behandlungsprogramme" (so genannte Disease-Management-Programme, DMP) anbieten. Etliche Krankenkassen bereiten sich schon darauf vor, das Gesetz muss allerdings noch über die parlamentarischen Hürden. Die Hausärzte preschen derzeit vor, bringen sich als Anbieter ins Gespräch und fordern dafür ein Extra-Honorar.

Tritt das Gesetz wie geplant in Kraft, können sich Chroniker freiwillig in ein solches Spezialprogramm einschreiben. Obwohl das Gesetz voraussichtlich erst im November verabschiedet wird, hat das Bundesgesundheitsministerium die Krankenkassen aufgefordert, schon jetzt solche Vorhaben vorzubereiten.

Lage bei AOK ...

Für eine Testphase im ersten Halbjahr 2002 wurden wegen dort vorhandener Vorerfahrungen die Bundesländer Niedersachsen (Herzkreislauferkrankungen), Bayern (Hypertonie), Baden-Württemberg (Diabetes), Rheinland-Pfalz (Brustkrebs) und Sachsen (Asthma) ausgewählt. Nach der Erprobung sollen erste Projekte bundesweit angeboten werden, heißt es beim AOK-Bundesverband in Bonn.

... und BKK

In einem ersten Schritt hat der Bundesverband der Betriebskrankenkassen am 1. Juli 2001 ein Pilotprogramm für eine verbesserte Diabetiker-Versorgung gestartet. Bis Jahresende sollen 4000 Zuckerkranke und deren behandelnde Ärzte durch "BKK MedicalContact" beraten werden, darunter Internisten mit Zusatzqualifikation Diabetologie, Diätassistenten und Diabetesberater. In den nächsten Monaten soll ein weiteres Projekt zur Betreuung von Asthmatikern hinzukommen, so die Information des BKK-Bundesverbands in Essen. Für weitere chronische Erkrankungen werden Disease-Management-Programme zur Zeit vorbereitet und sollen im Laufe des Jahres 2002 zur Verfügung stehen.

Kassenzwist

Viele Punkte scheinen heute noch unklar, so wie beispielsweise die Frage, was diese Disease-Management-Programme kosten werden. Hier gibt es Knatsch bei den Kassen untereinander. Während der AOK-Bundesverband die Verknüpfung von Chroniker-Programmen mit dem Kassenfinanzausgleich (siehe Kasten) begrüßt, lehnt der BKK-Bundesverband das ab. Nach Ansicht der Betriebskrankenkassen provoziert die Finanzierung solcher Programme mit dem Geld fremder Kassen Unwirtschaftlichkeit und Verschwendung.

Um dem vorzubeugen, schlägt der BKK-Bundesverband eine Kassen-Eigenbeteiligung von 25 Prozent der ausgleichsfähigen Ausgaben dieser Programme vor. Die neuen Spezialprogramme für Chroniker sind Teil der Reform des kassenartenübergreifenden Finanzausgleichs (RSA), die noch im Parlament beraten wird. Der Bundesrat befasste sich erstmals am 27. September damit, Anfang November steht die abschließende Beratung im Bundestag an. Ab Mitte 2002 können die Krankenkassen ihre neuen Programme beim Bundesversicherungsamt in Bonn anmelden, ab 2003 hätten die Kassen dann Anspruch auf zusätzliches Geld aus dem RSA.

Hausärzte mischen mit

Nach Meinung von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) sind die Disease-Management-Programme eng verknüpft mit der Idee des Hausarztes als Lotsen im Gesundheitswesen. Schmidt will die Allgemeinmediziner als Lotsen etablieren. Auf dem diesjährigen Hausärztetag kürzlich in Hannover meldeten die Allgemeinmediziner ihren Anspruch bei den neuen Programmen an. Zugleich wurde deutlich, dass sie die Extra-Arbeit dadurch auch mit zusätzlichen Mitteln honoriert haben wollen. In der Ärzteschaft werden die neuen Programme zur Zeit intensiv diskutiert. Da im Gesetz nicht steht, wer Disease-Management-Programme anbietet, befürchten die Mediziner, dass die Kassen das im Alleingang – ohne Beteiligung der Ärzte – bewerkstelligen wollen, das wäre ein Unding aus ihrer Sicht.

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