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Sparpaket zur Senkung der Arzneikosten: Bundesregierung plant Preismoratorium un

BERLIN (ks). Die Milliardendefizite der gesetzlichen Krankenkassen sollen durch Einsparungen im Arzneimittelbereich kurzfristig um zwei bis drei Millionen Mark gemildert werden. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt und Vertreter der Spitzenverbände der Krankenkassen einigten sich am vergangenen Montag auf ein entsprechendes Sparpaket.

Die Ministerin und Vertreter der Krankenkassen verständigten sich beim kurzfristig anberaumten Krisengespräch darauf, zur Dämpfung der Finanzmisere bei den Arzneimittelausgaben anzusetzen. So soll zum einen die Einführung der Aut-idem-Regelung zur Entlastung der Krankenkassen beitragen. Sofern ein Arzt nicht auf die Abgabe eines bestimmten Medikaments besteht, soll er im Normalfall nur noch den Wirkstoff verschreiben. Dem Apotheker obliegt dann die Auswahl eines möglichst preiswerten Präparates.

"Damit wird die Kompetenz der Apotheker im Interesse der Gesundheitsvorsorge für eine weitere Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung genutzt", heißt es in der Presseerklärung des Bundesgesundheitsministeriums. Darüber hinaus sollen auch Krankenhäuser bei der Entlassung der Patienten auf die Behandlungsmöglichkeit mit therapeutisch gleichwertigen aber preiswerteren Medikamenten hinweisen.

Anpassung der Apothekenrabatte

Weiterhin sollen nach dem Willen der Ministerin die Rabatte der Apotheken für die Krankenkassen angepasst werden. Statt des gegenwärtig üblichen Kassenrabatts von fünf Prozent soll der Nachlass künftig gestaffelt werden und zwischen vier und neun Prozent liegen - abhängig vom Umsatz der jeweiligen Apotheke. Apotheken mit hohem Umsatz werden somit künftig stärker zur Kasse gebeten, während umsatzschwächere Apotheken mit einer Entlastung rechnen können. Schmidt verlangt auch von der pharmazeutischen Industrie einen Beitrag zur Entlastung der Kassen: Vorgesehen ist eine Absenkung des Herstellerabgabepreises für verschreibungspflichtige Arzneimittel, die nicht der Festbetragsregelung unterliegen.

Bundesausschuss soll teure "Scheininnovationen" prüfen

Als weitere Maßnahme soll der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gestärkt werden. Geplant ist, ihm gesetzlich eine Empfehlungskompetenz für den Bereich der Me-too-Präparate einzuräumen. Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung sollen hinsichtlich ihres therapeutischen Nutzens im Verhältnis zu ihrem Abgabepreis genauer unter die Lupe genommen werden. Schmidt will so den "Scheininnovationen" entgegentreten.

Keine Steuergelder für die Kassen

Die im Vorfeld von den Kassen geforderte Finanzspritze aus Steuermitteln für versicherungsfremde Leistungen lehnt Schmidt weiterhin ab. Es wurde jedoch eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich diesem Thema widmet. Auch die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel stand am letzten Montag nicht auf dem Plan der Ministerin.

ABDA: "Existenzvernichtende Aktionitis"

ABDA-Präsident Hans-Günter Friese kündigte an, dem vereinbarten Sparpaket "maximalen Widerstand" entgegenzusetzen. Die im Aktionsprogramm vorgesehenen Maßnahmen würden die Apothekenhandelsmargen um über eine Milliarde Mark reduzieren. Friese warf der Bundesregierung vor, mit "aktionistischen Schnellschüssen" die Arzneimittelversorgung zu gefährden. Er bedauerte insbesondere, dass die Apotheker bei der Schnürung des Sparpaketes ausgeschlossen wurden und forderte die Ministerin auf, schnellstmöglich zu einem Dialog mit den Apothekern zurückzukehren.

Kassen und DGB loben Sparpaket

Die Krankenkassen begrüßten das Ergebnis des Krisengesprächs mit der Ministerin. Wenngleich die Finanznöte der Kassen hierdurch nicht beseitigt werden können, verspricht man sich zumindest eine Milderung der prekären Lage. Bei der AOK und den Ersatzkassen hegt man jedoch Zweifel, ob das anvisierte Sparvolumen tatsächlich erreicht werden kann. Auch seitens der Gewerkschaften fanden die Sparmaßnahmen Zustimmung. Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftbundes (DGB), Ursula Engelen-Kefer, lobte die Vereinbarung: "Die Ministerin ist auf einem guten Wege" - Patentrezepte gebe es nun einmal nicht.

Die geplanten Maßnahmen sollen Anfang nächsten Jahres wirksam werden. Die Ministerin appellierte jedoch an die Ärztinnen und Ärzte, schon jetzt von gesetzlich möglichen Verschreibung nach dem Aut-idem-Prinzip Gebrauch zu machen.

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