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Warnung vor übertriebenen Erwartungen: Funktionelle Lebensmittel - mehr Schein

München (sw). Die Lebensmittelchemische Gesellschaft (LChG, Fachgruppe in der Gesellschaft Deutscher Chemiker) und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) haben am 16. August in München ihre Meinung zu den Erwartungen geäußert, die an funktionelle Lebensmittel gestellt werden.

In den vergangenen Jahren hat sich das Interesse der Bevölkerung von der Versorgung mit Proteinen, essenziellen Fettsäuren, Vitaminen und Mineralstoffen weg und hin zu sekundären Inhaltsstoffen verlagert. Diesen bioaktiven Bestandteilen - insgesamt mehrere tausend Substanzen - werden vor allem in der Werbung häufig pauschal gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben, ohne dass wissenschaftliche Beweise vorliegen.

Die wissenschaftliche Methodik reicht von der Epidemiologie über Verzehrsstudien bis hin zu biochemischen und physiologischen Untersuchungen, die häufig langwierig sind. Wenn tatsächlich eine positive Wirksamkeit eines Lebensmittelinhaltsstoffes festgestellt wird, muss eine konkrete Verzehrsempfehlung ermittelt werden, die aus optimaler Bedarfsdeckung, bisherigem Versorgungsstand durch die übliche Ernährung, Alter, Geschlecht und besondere physiologische Umstände ermittelt wird.

Derartige Daten sind nur für wenige und zumeist klassische Nährstoffe verfügbar, es besteht dringender Forschungsbedarf. Hinzu kommt, dass kaum Kenntnisse über Wechselwirkungen der unterschiedlichen Nahrungsinhaltsstoffe, über den Einfluss unterschiedlicher technologischer Verfahren zur Herstellung von Lebensmitteln auf Verfügbarkeit und Wirksamkeit des gewünschten Stoffes usw. vorhanden sind.

Außerdem kann jede Substanz auch prinzipiell toxisch sein - je nach Menge und Zielorganismus. So hat sich gezeigt, dass größere Mengen des Provitamins Beta-Carotin bei Rauchern das Krebsrisiko erhöhen. Problematisch ist auch die werbende Herausstellung auf dem Etikett, die nur dann erfolgen sollte, wenn eine entsprechende Wirkung dokumentiert ist.

Die beiden Fachorganisationen LChG und DGE kommen zu dem Schluss, dass viele Werbeaussagen, die in diesem Zusammenhang bei Lebensmitteln gemacht werden, noch völlig unzureichend wissenschaftlich belegt sind und viele falsche oder zumindest übertriebene Erwartungen geweckt werden. Sie richteten entsprechende Empfehlungen an Politik, Verwaltung, Lebensmittelwirtschaft und Wissenschaft.

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