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Lutz Bäucker: Wenn Träume wahr werden

Haben Sie diese Schlagzeile gelesen?! "Ulla Schmidt will Ärzte bei Arzneiauswahl entmachten!" Jawohl: "entmachten"(!) haben die Kollegen vom 'Handelsblatt' geschrieben. Hätten sie aus "Koalitionskreisen" gehört. Ja: statt der Ärzte sollen wir, - ja, wir (!) - in Zukunft entscheiden, welche Tablette den Hals des Patienten runterruscht, welche Tropfen seinen Husten lindern, welche Dragees den Rhythmus seines Herzens bestimmen! Der Arzt bleibt "mächtig" genug - er gibt ja den Wirkstoff vor! Stellen Sie sich das mal vor: deutsche Apotheker nicht mehr als vielbespöttelte Schubladenzieher, sondern als entscheidende Stelle in Sachen Gesundheit und Kosten! Davon haben unsere Altvorderen schon seit Ewigkeiten geträumt.

Mit feuchten Augen haben sie uns ausgemalt, wie es sein würde, wenn wir nur noch den Wirkstoff vom Arzt vorgeschrieben bekommen, das zum "Endverbrauch" kommende Medikament aber selbst heraussuchen dürfen/müssen/sollen. Manch Pharmazieprofessor schien sich nur mit diesem Traum überhaupt im Lehrstuhl halten zu können - "ach ja, dann wäre das, was ich Ihnen hier beibringe, doch sinnvoll!" -, gebetsmühlenartig ist die Forderung nach mehr apothekerlicher Mitwirkung vorgetragen worden, auf Apothekertagen, im Gesundheitsministerium, in Fachzeitschriften (ja ja), immer und immer wieder. Und ohne Ergebnis.

Bis jetzt der Leidensdruck offenbar zu groß wird, der Leidensdruck für Ulla Schmidt, die Kassen und die Versicherten. 11 Prozent plus bei den Arzneikosten im ersten Halbjahr 2001 - das ist verdammt viel - da muss was geschehen: "... die Ärzte bei Arzneiauswahl entmachten..." stand am Montag in der Zeitung.

Genau: dort ansetzen, wo das 11-Prozent-Plus entstanden ist. Das ist unsere Chance! Jetzt können wir zeigen, ob wir was draufhaben, wie gut wir wirklich sind. Jetzt den Schwanz einzuziehen, - das wäre dumm, feige und unverzeihlich - so 'ne Gelegenheit kommt nie wieder. Das hat sogar die ABDA erkannt: "Wir begrüßen den Plan." Das wiederum begrüßen wir - und zwar sehr! Logo, dass die Sache "aufkommensneutral" sein sollte - die Deppen der Nation müssen wir ja nicht sein. Logo aber auch: wird der Traum tatsächlich wahr - und außer der Industrie ist keiner dagegen! - dann heißt es: Ärmel aufkrempeln. Info-Kanäle ziehen. Apothekerkompetenz öffentlich machen: z. B. Bioverfügbarkeitswerte populär erklären (also nicht graumäusig in sinistren Wissenschaftszirkeln diskutieren, sondern mit attraktiven Gesichtern bei Jauch, in den Tagesthemen, in Heute, auf dem "Boulevard" etc.), Pressekampagnen starten, offensiv diese Sache vertreten - die "Pille des Monats" - bestes Preis-Leistungsverhältnis, beste Wirkstoff-Freisetzung- checked by German Pharmacists! Unser aller(?) Traum könnte wahr werden (übrigens auch so bescheidene Träume wieder von stressfreien Notdiensten, weil wir nicht jedes Fitzliputzli-Generikum haben müssen. Oder wie der vom kleineren Lager - der Generika-Irrsinn würde eingeschränkt).

Einen kleinen Haken hätte die Sache allerdings: statt mit ihrem Arzt werden die Patienten/Kunden zukünftig bei ihrem Pillen-"Entscheider" langwierige Diskussionen vom Zaun brechen wollen. Das sollte uns allerdings nicht abbringen von einem klaren "Ja". Wir haben schließlich schon seit längerem die ultimative Antwort auf alle diesbezüglichen Fragen: "Nehmen's des ruhig - meine Oma hat's auch genommen - und die ist 92 geworden!"

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