Phytotherapie

Indische Flohsamenschalen

Eine alte Droge für moderne Zivilisationserkrankungen

Von Andreas Hensel, Wädenswil, und Sebastian Hose, Würzburg | Im Jahr 1947 schrieb der Apotheker Paul Peter Krahl in seiner Dissertation über die Bedeutung von Flohsamen: "Die Samen werden aber in fast allen Apotheken in kleineren, dem Bedarf angepassten Mengen vorrätig gehalten. Ihr geringer Verbrauch als Arzneimittel ist wohl auf die mangelhafte Kenntnis ihrer Anwendungsmöglichkeiten in Ärzte- und Laienkreisen zurückzuführen." Eine Einschätzung, die heute wohl noch in gleicher Weise geäußert werden kann, obwohl das damals schon erkannte Potenzial der Droge inzwischen wissenschaftlich gut belegt ist. Flohsamen, Indische Flohsamen und Indische Flohsamenschalen sind als pflanzliche Quellstoffe zur Behandlung der Obstipation zugelassen. Darüber hinaus bestehen auch andere Anwendungsmöglichkeiten, die für die Beratungstätigkeit des Apothekers von Bedeutung sein können. Nachfolgend werden Indische Flohsamenschalen aus der Sicht der rationalen Phytotherapie beurteilt.

Beschreibung der Psyllium-Drogen

Psyllium ist der gebräuchliche Name für verschiedene Vertreter der Gattung Plantago aus der Familie der Plantaginaceae, deren Samen für die Gewinnung von Schleimstoffen eingesetzt bzw. arzneilich als Mucilaginosa verwendet werden. Die entsprechenden Drogen sind als Flohsamen, Indische Flohsamen und Indische Flohsamenschalen im Handel (Abb. 1).

Flohsamen

Abb. 2: Von Carl von Linné herbarisierter Strauchwegerich (Plantago psyllium).

Als Flohsamen werden die reifen, ganzen und trockenen Samen aus zwei Arten, nämlich von

  • Plantago afra L. (syn. P. psyllium L.), Strauchwegerich und
  • Plantago indica L. (syn. P. arenaria Waldstein et Kitaibel), Sandwegerich

bezeichnet. Der Strauchwegerich ist ein kleines, einjähriges Kraut mit lanzettlichen Blättern und einem kurzen ährigen Blütenstand (Abb. 2). Der Sandwegerich ist ebenfalls einjährig mit köpfchenartigem Blütenstand und am Grunde flaumig behaarten Blättern. Er kommt auf Acker- und Wegrändern, Schuttplätzen und sandigen Stellen vor. Die Pflanzen sind von Südeuropa bis Vorderasien verbreitet und werden überwiegend in Frankreich, teilweise auch in Spanien, kultiviert. Die reifen, dunkel rotbraunen, glänzenden Samen der beiden Arten sind einander sehr ähnlich [1].

Entsprechend ihrer dunklen Farbe und der Herkunft wird die Droge im englischen Sprachgebrauch auch als "Black Psyllium" oder "French Psyllium Seed" bezeichnet. Sie besitzen einen Schleimgehalt von ca. 10 bis 12% [3]. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass Verfälschungen dieser Droge mit Samen von Plantago lanceolota, also unserem einheimischen Spitzwegerich, als so genannte "German Psyllium Seed" Mitte des 20. Jahrhunderts in den Handel gebracht wurden. Teilweise sollte durch Rösten der Spitzwegerichsamen die dunkelbraune Farbe der Flohsamen zusätzlich imitiert werden [4]. Die Quellfähigkeit der Samen von Plantago lanceolata liegt jedoch auf Grund des geringen Schleimgehaltes weit unter der der offizinellen Flohsamen [5, 6] und stellt somit eine Qualitätsminderung dar. Das Europäische Arzneibuch prüft daher als Reinheitskriterium die mögliche Vermischung der Droge mit Spitzwegerichsamen.

Flohsamen

P. afra: Samen hellbraun bis schwarzbraun, 
nie ganz schwarz; glatt, glänzend, 2 bis 
3 mm lang, 0,8 bis 1 mm breit, Form länglich 
elliptisch, an einem Ende breiter. Gegen 
die Mitte des Rückens leichte, hellere Längswölbung. Bauchseite mit heller Furche mit einer helleren Anheftungsstelle mit verdicktem Rand. 
P. indica: Samen fast gleich wie die von P. afra, etwas weniger glänzend, 2 bis 3 mm 
lang, höchstens 1,5 mm breit.

Indische Flohsamen

Samen blassrosa bis beigefarben, glatt, von 
schiffchenähnlicher Gestalt, gekrümmt, 1,5 
bis 3,5 mm lang, 1,5 bis 2 mm breit und 1 bis 
1,5 mm dick. Konkave Seite mit zentralem 
hellem Fleck, der dem Hilum entspricht; konvexe Seite mit hellbraunem Fleck.

 

Indische Flohsamenschalen

Weißliche bis hellbeige, glatte, ovale, sehr 
leichte und staubende Schalen, mit vereinzelten 
dunkleren Anteilen.

 

 

 

Abb. 1: Vergleichende Gegenüberstellung von Flohsamen (Plantago afra und P. indica), Indischen Flohsamen (P. ovata) und Indischen Flohsamenschalen (P. ovata).

Indische Flohsamen(schalen)

Als Indische Flohsamen sind die Samen von Plantago ovata Forssk. (syn. P. ispaghula Roxb.) im Handel (s. Abb. 1). Plantago ovata ist ein einjähriges, niedriges, fein flaumig behaartes Kraut mit linealen Blättern und kurzen, ährigen Blütenständen. In Europa wurde man Ende des 18. Jahrhunderts auf die Ispaghulsamen aufmerksam. In Deutschland hielt sich die Anwendung jedoch in Grenzen, und die Droge war im 19. Jahrhundert in unserem Arzneischatz nicht allgemeiner bekannt.

In der Britischen Pharmakopöe von 1914 wurde die Droge erstmalig aufgeführt und diente dort zur Bereitung von Decoctum Ispaghulae als Laxans. In Nordamerika, wo heute Indische Flohsamen zur Standardmedikation gehören, lernte man die Droge erst im 20. Jahrhundert kennen [4]. Die Droge ist heute im Nachtrag zum Europäischen Arzneibuch monographiert [7].

Indische Flohsamen werden insbesondere aus Indien und Pakistan bezogen. Hauptanbaugebiet sind die Regionen Westindiens mit kühlem, relativ trockenem Wetter und sandigen Böden, insbesondere Nord-Gujarat. Die Kulturen werden im Dezember nach dem Monsun ausgesät und im März/April geerntet. Durch Dreschen und Windsichten der Fruchtstände gewinnt man die Samen.

Fotos; Dr. E. Hose
Abb. 3: Quellung von Plantago ovata-Samen in einer 1% Methylenblaulösung nach 2 Minuten (links) 
und 15 Minuten Quellzeit (rechts)

Die internationalen Bezeichnungen orientieren sich hier ebenfalls an Herkunft und Aussehen der Samen. So findet man in der Literatur Namen wie "Indian Plantago" oder "blonde psyllium", wobei sich Letzterer auf die im Vergleich zum Flohsamen hellere, blassrosa bis beige Farbe der Samen bezieht. Der Name Ispaghul oder Ispaghulsame stammt von der gebräuchlichen Bezeichnung in Indien. Sie leitet sich aus den persischen Wörtern "isap" und "ghol" ab, was soviel wie Pferdeohr heißt und auf die Form der Samen anspielt [8].

Indische Flohsamen enthalten enorm hohe Schleimmengen von 20 bis 30% [1], und zwar nahezu ausschließlich in den Sekundärlamellen der Epidermis. Indische Flohsamenschalen werden durch Zerkleinerung und Mahlen der Indischen Flohsamen sowie anschließende Windsichtung von den sonstigen Samenbestandteilen abgetrennt und gereinigt (s. Abb. 1). Sie sind hellbeige gefärbt, durchscheinend, spröde von spelzenähnlicher Gestalt. Teilweise weisen sie in der Mitte noch einen rötlichbraunen, ovalen Fleck auf. Sie bestehen aus dem Episperm und angrenzenden kollabierten Schichten des Samens.

Die Droge ist auch unter der Bezeichnung "Psyllium Husk" (engl. husk: Schale, Hülse) oder "Ispaghula husk" im Handel. Indien exportiert jährlich ca. 25 000 Tonnen Indische Flohsamenschalen im Wert von ca. 75 Mio. US Dollar, zum Großteil in die USA. Dort erfreuen sie sich als natürliche Ballaststoffe zunehmender Beliebtheit.

Inhaltsstoffe und Arzneibuchanforderungen

Flohsamen, Indische Flohsamen und Indische Flohsamenschalen sind in einer Reihe von Arzneibüchern beschrieben, wobei in den meisten Fällen die Differenzierung in Flohsamen und Indische Flohsamen eingehalten wird. Interessanterweise lässt die amerikanische USP 24 alle drei Pflanzenarten in der Monographie Plantago Seed als Stammpflanzen zu. In gleicher Weise gilt dies auch für die Droge Psyllium Husk USP.

Seit 1997 sind Flohsamen im Europäischen Arzneibuch monographiert. Im Nachtrag 1999 wurden auch die Indischen Flohsamen und Indischen Flohsamenschalen aufgenommen und im Nachtrag 2000 nochmals in einer revidierten Fassung beschrieben, die die Definition der Droge präzisiert.

Das Europäische Arzneibuch beschränkt sich bei der Prüfung der Samen bzw. Samenschalen auf die makroskopische und mikroskopische Beurteilung, den Ausschluss fremder Bestandteile sowie die Bestimmung des Trocknungsverlustes. Neben ca. 5% fettem Öl und geringen Mengen an Aucubin (ca. 0,21%) enthalten Indische Flohsamen insbesondere 20 bis 30% Schleim mit neutralen und sauren Arabinoxylanen als Hauptkomponenten [9].

Wertgebendes Qualitätskriterium der Drogen ist ihre Quellungszahl. Während Flohsamen und Indische Flohsamen nach vierstündiger Quellung Mindestwerte von 10 resp. 9 ml aufweisen müssen (bei einer Einwaage von 1,0 g), liegt der spezifizierte Wert für Flohsamenschalen bei 40 (bestimmt mit 0,1 g), was die enorme Quellfähigkeit letzterer Droge aufzeigt. Somit zeichnen sich schon bei der Betrachtung der physikalischen Eigenschaften die ausgezeichneten therapeutischen Eigenschaften der Indischen Flohsamenschalen gegenüber anderen Quelllaxantien ab.

In Abbildung 3 ist die Quellung der Schleimschicht der Samenschale von Plantago ovata in einer 1% wässrigen Methylenblaulösung dargestellt. Es ist zu erkennen, dass der gequollene Schleim ungefärbt oder wenig gefärbt bleibt. Dagegen färben sich die cuticularen Anteile intensiv. Der Farbstoff konzentriert sich nach Abheben der Cuticula an der Grenzfläche des Schleims auf, sodass auf diese Weise die Quellung gut verfolgt werden kann.

Indische Flohsamenschalen als Laxans

Zurzeit ist in Deutschland für Arzneimittel, die Indische Flohsamenschalen enthalten, lediglich die Anwendung als Laxans zugelassen. Diese Zulassungen stützen sich weitgehend auf die positive Beurteilung der Droge durch die Kommission E, die das Anwendungsgebiet für diese Droge wie folgt definiert hat: "Chronische Darmträgheit (habituelle Obstipation), Erkrankungen, bei denen eine erleichterte Darmentleerung mit weichem Stuhl erwünscht ist, z. B. bei Analfissuren, Hämorrhoiden, nach rektal-analen Eingriffen und in der Schwangerschaft."

Eine identische Indikationsstellung liegt aber auch in dem Entwurf zur Summary of Product Characteristics (SPC) der Europäischen Zulassungsbehörde (EMEA) für Indische Flohsamenschalen vor. Dies bedeutet, dass es sich hierbei um eine der ganz wenigen Drogen handelt, für die von allen EU-Mitgliedstaaten eine gemeinsame Bewertung hinsichtlich Wirksamkeit und Unbedenklichkeit offiziell verabschiedet wurde. Zubereitungen mit Indischen Flohsamenschalen zählen daher zu den wenigen Phytotherapeutika, für die bislang ein europäisches Zulassungsverfahren erfolgreich abgeschlossen wurde.

Schleime als wirksame Inhaltsstoffe

Im Gegensatz zu vielen anderen Phytopharmaka sind die wirksamen Inhaltsstoffe von Indischen Flohsamenschalen weitgehend bekannt: komplex zusammengesetzte Schleimpolysaccharide (saure Arabinoxylane), die bei Kontakt mit Wasser starke Volumenzunahme durch Hydratisierung und Quellung zeigen. Es ist naheliegend, vergleichbare Quellungsphänomene auch im GI-Trakt unter physiologischen Bedingungen nach oraler Einnahme anzunehmen. Hierdurch kommt es zwangsläufig zu einer Vergrößerung des Stuhlvolumens und einer beschleunigten Stuhlentleerung, reflektorisch ausgelöst durch Stimulation von Dehnungsrezeptoren in der Colonwand.

Auf Grund der hohen Molekularmassen (mehrere hunderttausend Dalton) werden Psyllium-Schleime wahrscheinlich nicht resorbiert. Wohl können aber Abbauprodukte der Polysaccharide resorbiert werden. Zum einen finden säurehydrolytische Prozesse im Magen statt, wobei insbesondere monomere, terminale Arabinoseeinheiten abgespalten werden. Ein Teil der Schleime kann aber auch fermentativ durch bestimmte Bacterioides-Stämme zu niedermolekularen Bestandteilen abgebaut werden [11], die als gute Nährsubstrate für das bakterielle Wachstum dienen. Ein solchermaßen verbessertes Nahrungsangebot für Colon-besiedelnde Keime erklärt auch die in verschiedenen klinischen Studien immer wieder gefundenen Erhöhungen der Fäcestrockengewichte nach Psylliumgabe.

Zusätzlich zu dieser Fermentation werden Psyllium-Polysaccharide in vitro auch durch die Bakterienflora zu kurzkettigen Fettsäuren (überwiegend C1- und C4-Fettsäuren, also Formiat und Butyrat) abgebaut [12]. Dabei bilden sich auch Gase wie Wasserstoff und Methan. So wurde auch in verschiedenen klinischen Studien in einigen Fällen über verstärkte Blähungen nach oraler Einnahme von Psyllium berichtet.

Einsatz bei Obstipation

Im Gegensatz zu vielen anderen Phytopharmaka, deren Wirksamkeit häufig lediglich durch Anwendungsbeobachtungen oder aus der Erfahrungsmedizin abgeleitet wird, liegen für Indische Flohsamenschalen mehrere klinische Studien vor, die die Anwendung als mild wirkendes Laxativum belegen (Tab. 1). Ashraf et al. publizierten eine plazebokontrollierte Phase-II-Studie zur Wirkung von Indischen Flohsamenschalen auf die Häufigkeit der Stuhlentleerung, auf die Verweilzeit der Fäces im Colon, die Stuhlcharakteristik und anorektale Symptome [13]. Vor Studienbeginn wurde die Diagnose chronische idiopathische Obstipation validiert (Dauer der Obstipation, Stuhlhäufigkeit, Stuhltagebücher, Gebrauch von Laxativa), und die Patienten wurden durch eine vierwöchige base-line-Phase vor Einschluss in das finale Studienprogramm auf Übereinstimmung mit den gewählten Einschlusskriterien überprüft. Dieser Verfahrensschritt erscheint bei der Bewertung von Studien zur Therapie der idiopathischen Obstipation umso wichtiger, als die Subjektivität dieses Symptomenkomplexes außerordentlich hoch ist.

Tab. 1: Klinische Studien zur Anwendung von Flohsamenschalen bei Obstipation. 
▲ = signifikante Erhöhung, ▼ = signifikante Erniedrigung, k. Ä. = keine signifikante Änderung
AutorenStudiendesignProbandenzahl und DosisZielparameter und Ergebnis
Ashraff et al. 1995 [13] 
 
Plazebokontrolliert, parallel, randomisiert, 
8-wöchige Therapie, 
4-wöchige wash-out-Phase 
n = 22; Validierung der Einschlussdiagnose idiopathische Obstipation; 4-wöchige base-line-Phase vor Aufnahme in das Kollektiv 5 g/Tag 
 
Stuhlhäufigkeit ▲, Stuhlgewicht ▲, Stuhlkonsistenz weicher, Kraftanstrengung k. Ä. Colontransitzeit  
k. Ä.  milde, laxierende Wirkungen signifikant belegt 
 
Borgia et al. 1983 
[14] 
offen, nicht plazebo- kontrolliert, 4-wöchige Therapie n = 65 
13,5 g/Tag 
 
Stuhlfrequenz ▲
Hamilton et al. 1988 
[15] 
Plazebovorbehandlung, dann entweder Methyl- cellulose oder PsylliumPsyllium 3,4 g/Tag: 
n = 15, 
Methylcellulose 1 g/Tag, 
2 g/Tag, 4 g/Tag: je n = 15
Stuhlfrequenz ▲, Stuhlgewicht ▲, Festanteil des Stuhls ▲
Marlett et al. 1987 
[16] 
Plazebovorbehandlung einfachblind 7 Tage, dann Verum 7 Tage, entweder Psyllium oder Psyllium +  
Sennesblätter 
Psyllium mono 7,2 g/Tag: n = 21; 
Kombipräparat (6,5 + 1,5 g/ Tag): n = 19
Verbesserung einer beste- henden Obstipation Psyllium-Mono: Stuhlfrequenz ▲, Stuhlfrisch- und  
-trocken- gewichte ▲, subjektive Besserung bei 48 % 

Die Parallelstudie wurde an einem relativ kleinen Kollektiv (n = 22) nach Randomisierung über 8 Wochen sowie einer vierwöchigen wash-out-Phase durchgeführt. Als Zielparameter wurden Stuhlfrequenz, das Stuhlgewicht sowie die Stuhlkonsistenz definiert. Untersuchungspunkte nach 4 und 8 Wochen betrafen die Häufigkeit (objektiviert) und die notwendigen Kraftanstrengungen der Stuhlentleerung (Scoresystem), Stuhlkonsistenz (Scoresystem) und -gewicht (objektiviert), potenzielle Schmerzhaftigkeit der Defäkation (Scoresystem), die Colontransitzeit (radiomarkierte Kapseln) sowie anorektale Manometrie. Die Stuhlhäufigkeit erhöhte sich unter Verum signifikant nach achtwöchiger Behandlung gegenüber Plazebo, um nach Absetzen der Medikation während der wash-out-Phase auf Plazeboniveau abzusinken.

Es gab eine signifikante Veränderung der Stuhlkonsistenz hin zu weicherem Stuhl und geringere Schmerzen bei der Defäkation, während die Kraftanstrengungen zur Defäkation nicht signifikant verändert waren. Die Colontransitzeit veränderte sich weder unter Verum noch unter Plazebo; allerdings erhöhte sich die Verweilzeit unter Verum, nicht jedoch unter Plazebo, nach Absetzen des Präparates signifikant. Diese Daten belegen einen milden positiven Effekt bei idiopathischer Verstopfung, zumal es aus statistischer Sicht schwer ist, bei solch kleinen Kollektiven und nur zwei Messpunkten während der Medikationsphase Signifikanzen zu erzielen.

Eine ältere offene Studie zur Wirksamkeit von Flohsamenschalen [14] und zwei Studien [15, 16], bei denen Methylcellulose versus Flohsamen versus Plazebo getestet wurden, belegen ebenfalls signifikante laxierende Effekte. Drei Anwendungsbeobachtungen [17, 18, 19] zeigten, dass die Wirksamkeit von Indischen Flohsamenschalenpräparaten mit Lactulose und Calcium-Polycarbophil vergleichbar war.

Einsatz bei Hypercholesterinämie

Eine moderate Wirkung von Flohsamenschalen zur Senkung überhöhter Cholesterinspiegel wurde in mehreren Studien gezeigt. Bezüglich der Wirkweise wird davon ausgegangen, dass Psyllium in erster Linie den enterohepatischen Kreislauf der Gallensäuren beeinflusst und über eine verminderte intestinale Rückresorption ihre fäkale Ausscheidung erhöht [20]. Dies wird auf die Bildung eines gelartigen, gequollenen Mucopolysaccharidkomplexes zurückgeführt, der im Dünndarm Cholesterin und Gallate unspezifisch zu binden vermag. Unter weitgehendem Wasserentzug im Colon erfolgt eine Entquellung mit Freisetzung der gebundenen Stoffe, die aber im Colon nur unvollständig rückresorbiert und somit verstärkt ausgeschieden werden.

Tab. 2: Metastudien zur Anwendung von Flohsamenschalen bei Hypercholesterinämie.
AutorenEinbezogene StudienDosisBehandlungsdauerTeilnehmerHintergrunddiät
Brown et al. 
1999 [21] 
17, davon 11 plaze- bokontrolliert, 
6 cross-over 
∅ 9,1 g 
(4,7 bis 16,2 g) 
∅ 7,6 Wochen 
(2 bis 16 Wochen)
in 5 Studien gesunde Probanden, in 12 Studien hyper- 
lipidämische Patienten
in 13 Studien ballaststoffarme Diät, in 4 Studien normale Ernährung 
Anderson et al. 2000 [22] 8, alle randomisiert 
u. plazebokontrol- liert, 7 doppelblind, 1 einfachblind 
10,2 g (in allen Studien einheit- lich) ∅ 12 Wochen 
(1 bis 35 Wochen) 
hyperlipidämische Patienten normale Ernährung 
 

Zusätzlich kommt es zu einer Stimulation der Gallensäurensynthese. Somit addieren sich zwei Effekte auf Kosten der Neubildung anderer steroidaler Substanzen; hieraus resultiert auch eine moderate Absenkung erhöhter Serumcholesterolwerte. Weiterhin wird diskutiert, dass bestimmte lösliche Fasern der Flohsamenschalen Gallate und Cholesterol binden. Die hieraus resultierende Verarmung von Leberzellen an Cholesterol führt zu einer verstärkten Bildung von LDL-Rezeptoren und einer gesteigerten Clearence an LDL-Cholesterol. Auch die intestinal aus Flohsameninhaltsstoffen gebildeten kurzkettigen Fettsäuren könnten sekundär die hepatische Cholesterolsynthese herabsetzen. Solche Cholesterolsenkungen sind im Rahmen der Toxizitätsprüfung von Flohsamenschalen am Hund sowohl bei subakuter Applikation als auch bei Langzeitgaben dokumentiert worden [26].

Klinische Studien unterschiedlichen Designs, die teilweise internationalen Anforderungen genügen, zeigten, dass die längerfristige Gabe von Flohsamenschalen in höheren Dosen zu moderaten, aber signifikanten Absenkungen von Serumcholesterolspiegeln führt. Dies bestätigen auch zwei Metaanalysen (Tab. 2): Der von Brown et al. 1999 vorgelegten Metastudie [21] liegen 17 kontrollierte Einzelstudien zu Grunde, innerhalb derer Psyllium über einen Behandlungszeitraum von > 14 Tagen (Mittel 53 Tage, Range 14 bis 112 Tage) verabreicht wurde. Hierbei wurden in Summe 757 Personen behandelt, wobei in fünf Studien gesunde Probanden und in 12 Studien Patienten mit Hyperlipidämie eingesetzt wurden. Die Studiendesigns waren entweder in paralleler Anlage (279 Verumpatienten, 276 Plazebopatienten) resp. als Crossover-Studien geplant. Die verabreichten Psylliumtagesdosen lagen im Mittel aller Studien bei 9,1 g (4,7 bis 16,2 g).

Hierbei ergab sich eine relativ geringe, aber signifikante Absenkung der Gesamtcholesterolspiegel um 1,1 mg/dl pro Gramm applizierte Drogenmenge (entsprechend 0,028 mmol/l/g) in einer Schwankungsbreite von 0,77 bis 1,43 mg/dl. Der LDL-Cholesterolspiegel sank um etwa 0,3 mmol/l/g, während HDL-Cholesterol und Triglyceride weitgehend unbeeinflusst blieben. Die Senkung der LDL-Cholesterolspiegel ist zwar signifikant, aber nur moderat.

Die von Anderson et al. (2000) vorgelegte Metastudie [22] schließt 8 kontrollierte Studien aus einem Kollektiv von 384 Verum- und 272 Plazebopatienten mit milder bis moderater Hypercholesterinämie ein. Die Behandlung erfolgte mit 10,2 g Flohsamenschalen pro Tag. Hierbei ergab die Auswertung eine hochsignifikante durchschnittliche Absenkung des Gesamtcholesterols um 4% und des LDL-Cholesterols um 7%, aber keinen signifikanten Einfluss auf das HDL-Cholesterol und die Triglyceride.

Eine in Deutschland durchgeführte plazebokontrollierte Doppelblindstudie an 175 Patienten, die über drei Wochen mit 6,5 g Psyllium behandelt wurden, zeigte ebenfalls einen signifikanten Rückgang des Gesamtcholesterins um 15% und des LDL-Cholesterins um 16%, aber keine Beeinflussung anderer Parameter [43].

Wegen der positiven, wenn auch bescheidenen Effekte von Flohsamenschalen auf die Serumcholesterolspiegel erscheint ein therapeutischer Einsatz bei Hyperlipidämien im grenzwertigen Bereich respektive als unterstützende Behandlung anderer Therapien oder Diätmaßnahmen sinnvoll, dies auch im Hinblick auf die gute Verträglichkeit der Droge. Deshalb hat die FDA 1998 die Anwendung von Indischen Flohsamenschalenpräparaten mit einem Gehalt von mindestens 95% Droge und einer Tagesdosis von mindestens 7 g für die Indikation koronare Herzkrankheit freigegeben [25].

Andere Anwendungsgebiete ohne ausreichende klinische Belege

Bei der symptomatischen Therapie von akuten, unspezifischen Diarrhöen werden mit Indischen Flohsamenschalen gute Erfolge erzielt, wobei diese Wirkung auf das starke Wasserbindungsvermögen der Schleimpolysaccharide beruht. Auch ihr längerfristiger Einsatz zur Linderung von durch Proteaseinhibitoren verursachten chronischen Durchfällen im Rahmen einer Hochdosis-HIV-Therapie scheint relativ effektiv zu sein [23].

Bei Hämorrhoidalblutungen wird die Droge eingesetzt, um eine Stuhlerweichung und damit einhergehend eine erleichterte Defäkation zu unterstützen [24]. Der Einsatz der Droge bei Diverticulitis erscheint auf Grund der Inhaltsstoffcharakteristik als sinnvoll. Einzelfallberichte stützen die Anwendung bei diesem Indikationsgebiet.

Anders sieht es mit der häufig propagierten Verwendung als bifidogener Nahrungszusatz aus, der das Wachstum bestimmter Darmkeime mit positiver Wirkung auf die Colontätigkeit selektiv beeinflussen kann. Dieser Ansatz ist nicht durch entsprechende mikrobiologische Versuche untermauert, und es liegen keine rationalen Begründungen vor, warum die Droge bestimmte Bakterienstämme selektiv in ihrem Wachstum beeinflussen sollte.

Da das aus den Polysacchariden der Droge gebildete Butyrat eine die Darmmotilität fördernde Wirkung besitzt, wird die regelmäßige Einnahme von Flohsamenschalen zur Regulation der Darmtätigkeit häufig diskutiert. Die Adhärenz von Flohsamenpolysacchariden zu gastrointestinalen Epithelien erscheint überprüfenswert im Hinblick auf eine Verwendung bei Schleimhautschäden. Die bisher vorliegenden Resultate lassen auf ganz neue Protektionsmechanismen schließen.

Toxikologische Daten

Ein Angriffspunkt der Phytotherapie ist die in der Regel unzureichende toxikologische Untersuchung pflanzlicher Präparate. Für Indische Flohsamenschalen liegen aber entsprechende systematische Untersuchungen vor. Untersuchungen zur akuten Toxizität wurden mit drei kommerziellen Flohsamenschalenformulierungen (Metamucil Pulver mit 49% Droge, Instantpulver mit 56% und eine zuckerfreie Zubereitung mit 45%) durchgeführt [26]. Die Verabreichung in Dosen von 1,5, 3,0 und 6 g/kg KG an männliche und weibliche Mäuse bzw. Sprague-Ratten (je Gruppe n = 5) ergab lediglich leichte Sedierung der mit 6 g/kg behandelten Tiere sowie Diarrhö bei den Tieren, die mit der Pulverformulierung in der Hochdosisgruppe behandelt wurden. Der sedierende Effekt wird auf die hohe Konzentration von Glucose (50%) in dieser Formulierung zurückgeführt, da Ratten auf Grund metabolischer Eigenheiten sehr leicht in hyperglykämische Zustände verfallen. Sonst wurden keine toxischen bzw. letalen Ereignisse während der 7-tägigen Versuchsphase protokolliert [26].

Zur Testung der chronischen Toxizität wurden mehrere Studien an Ratten und Beagles durchgeführt, die keine signifikanten Unterschiede der Prüfparameter in den Verum- und Kontrollgruppen ergaben, abgesehen von der Senkung der Cholesterol- und Glucosewerte [26, 27, 28]. An Affen wurde 3,5 Jahre lang eine standardisierte Diät mit 10% (!) Indischen Flohsamenschalen verfüttert, ohne dass gesundheitliche Schäden auftraten [27].

Geringfügige Veränderungen der Gewebedicken im GI-Bereich, die typisch für einen erhöhten Speisebreidurchsatz und Verdauungstätigkeit sind, können nach Langzeitfütterung (18 Monate) einer 4% Psyllium enthaltenden Diät an der Ratte beobachtet werden [28]. Auch eine Gewichtszunahme des Pankreas, nicht aber der Leber wurde festgestellt [29].

Immer wieder wird in der Laienpresse die Gefahr von Pigmenteinlagerungen in der Niere nach Psylliumgabe thematisiert. Hierzu die Sachlage: Nach 18-wöchiger Fütterung von Ratten resp. 4-wöchiger Fütterung von Hunden mit 25% Plantago psyllium-Samen (nicht zu verwechseln mit Plantago ovata-Samen, die die Droge Indische Flohsamenschalen liefert!) zeigten sich deutliche Ablagerungen von Pigmenten in den renalen Tubuli [29]. Eine hierauf durchgeführte dreiarmige Studie über vier Wochen unter Verwendung von 20% Zusatz von Indischen Flohsamen, 20% Indischen Flohsamenschalen bzw. 20% Stärke als Kontrolle zum Futter von weiblichen Wistar-Ratten (n = 10) ergab dem gegenüber keine makroskopisch sichtbare Pigmentierung im Nierenbereich. Auch histologisch traten keine negativen Befunde auf; zytoplasmatische Pigmenteinlagerungen in den tubulären Epithelien der Nierenrinde und des Cortex waren nicht feststellbar.

Diese Ergebnisse wurden durch eine weitere Studie bestätigt [26], die verschiedene Fraktionen aus Plantago ovata-Samen hinsichtlich eines Einflusses auf renale Pigmentierungen prüfte (jeweils 10%iger Zusatz zur Standarddiät, Sprague-Dawley-Ratten, 28 Wochen). Pigmenteinlagerungen wurden lediglich für einen Extrakt, der aus der Samenschale gewonnen worden war, beobachtet. Die Polysaccharidfraktion erwies sich diesbezüglich als negativ. Somit können Indische Flohsamenschalen bezüglich des Risikos der renalen Pigmenteinlagerung als sicher angesehen werden.

Allergisierendes Potenzial

Als klinisch relevante Nebenwirkung von Flohsamenschalen treten in Einzelfällen allergische Reaktionen vom Soforttyp auf, nämlich Asthma, allergische Rhinitis und anaphylaktische Reaktionen [30, 31, 32]. Betroffen waren in der Regel Personen, die beruflich Umgang mit Psyllium-haltigen Präparaten hatten, etwa Krankenschwestern, Arbeiter in Flohsamen-verarbeitenden Betrieben, aber auch Personen, die Flohsamenschalen als Nahrungsmittel (Müsli) zu sich nahmen. Eine Untersuchung zur Häufigkeit der Sensibilisierung an 193 Personen, die in verschiedenen Krankenhäusern beschäftigt waren, ergab Raten zwischen 5% (Prick-Test) und 12% (IgE-Bestimmungen).

Es ist davon auszugehen, dass die Sensibilisierung via Inhalation und nicht durch orale Aufnahme erfolgt, denn aus vielen Berichten geht deutlich hervor, dass die Allergiker häufig Psylliumstäuben ausgesetzt waren (Fabrikverarbeitung, Zubereitung von Trinklösungen aus Pulvern für Patienten, Fertigmüslis etc.). Da die Psyllium-Pharmaka bei ordnungsgemäßer Anwendung nicht stäuben, wirken sie nicht sensibilisierend. Trotzdem stellt sich natürlich die Frage nach der Natur der auslösenden Allergene.

Flohsamen enthalten allergene Proteine, die hauptsächlich im Endosperm und im Embryo, aber nur in sehr geringen Mengen in der Schale vorkommen [33]. Bei höheren Konzentrationen der Allergene in Flohsamenschalenprodukten handelt es sich um Verunreinigungen aus dem Samenanteil. Dies bestätigen mikroskopische Untersuchungen. Gut gereinigte Droge sollte demnach nahezu proteinfrei sein.

Keine Teratogenität

Trotz der breiten Anwendung von Indischen Flohsamenschalen im Lebensmittelbereich liegen keinerlei Berichte vor, die einen negativen Einfluss auf die Fruchtentwicklung, auf Schwangerschaft und Stillzeit beim Menschen belegen. Weder eine Studie an Schweinen in der späten Schwangerschaft [34] noch eine Studie an Ratten und Hasen [26] ergab Hinweise auf Teratogenität, Beeinflussung der Nidationsraten oder andere Missbildungsrisiken.

Die Verabreichung von Indischen Flohsamenschalenpolysacchariden mittels Schlundsonde an New-Zealand-Hasen vom 6. bis 18. Tag der Schwangerschaft ergab keine Unterschiede zur unbehandelten Kontrollgruppe; geprüft wurden Futteraufnahme, Körpergewicht und Fortpflanzungsorgane der Muttertiere, Anzahl an Nachkommen, Abortrate sowie äußerliche und viszerale Missbildungen und Anomalien des Skelettsystems [26].

Beratungshinweise bei der Abgabe von Indischen Flohsamenschalen

  • Die Droge nie trocken einnehmen, auch wenn anschließend mit Wasser nachgespült wird. 
  • Einnahme mit viel Wasser, Tee, Milch etc. – mindestens 150 bis 200 ml pro Dosiseinheit; Drogenpulver vorquellen, bei Klumpenbildung mit weiterer Flüssigkeit verdünnen. 
  • Einnahme nicht im Liegen.
  • Auf erhöhte Gasbildung nach Einnahme hinweisen, insbesonders bei gleichzeitiger Zuckeraufnahme; nach einer Eingewöhnungszeit von 2 bis 4 Wochen hat sich die Darmflora umgestellt, und die anfangs aufgetretenen Flatulenzen verschwinden 
    weitgehend. 
  • Keine gleichzeitige Gabe von anderen Medikamenten, da Resorptionsbeeinflussung denkbar; mindestens Abstand von 30 Minuten halten. 
  • Diabetiker auf die Notwendigkeit einer eventuellen Insulin-Dosis-Reduktion hinweisen. 
  • Bei Pulverpräparaten beim Einrühren in Flüssigkeit möglichst nicht stauben und Staub nicht einatmen (Minimierung des äußerst seltenen Allergierisikos). 
  • Behandlung der Hypercholesterinämie: hoch dosieren (mind. 10 bis 13 g/Tag)!

Karzinogenität umstritten

In einer kürzlich veröffentlichten plazebokontrollierten Multicenter-Studie wurde untersucht, ob die Einnahme von Indischen Flohsamenschalen das erneute Auftreten von Dickdarmkarzinomen reduziert [44]. Die Studie erfolgte randomisiert an 665 Patienten mit bereits aufgetretenen kolorektalen Adenomen. Die Verumgruppe (n = 226) erhielt täglich 3,5 g Indische Flohsamenschalen. Hierbei trat bei 29,3% der Behandelten innerhalb von drei Jahren wieder ein Adenom auf, was einer signifikanten Steigerung entsprach. Aus diesen Ergebnissen leiten die Autoren den Schluss ab, dass die Einnahme von Indischen Flohsamenschalen möglicherweise das Wiederauftreten von kolorektalen Adenomen fördern könnte. Die Untersuchungsergebnisse können jedoch nicht die mehrfach postulierte Primärprävention von Kolorektaladenomen durch Indische Flohsamenschalen widerlegen [45].

Sachgemäße Einnahme

Zur Minimierung potenzieller allergischer Reaktionen kann der abgebende Apotheker darauf hinweisen, dass ein intensives Schütteln der Produkte beim Öffnen bzw. beim Anmischen mit Flüssigkeit zu vermeiden ist. Sehr wichtig ist die Einnahme mit viel Flüssigkeit, da sonst die Gefahr der Bolusbildung und des Verschlusses der gastrointestinalen Transportwege besteht. Dazu zwei Beispiele [34]: Mehrfach wurden Verklumpungen in der Speiseröhre nach der Einnahme von zwei Teelöffeln Flohsamenschalenpulver beschrieben. Nachträgliche Einnahme von Wasser kann einen solchen Pfropf, der eine starke Adhäsion zur Mucosa besitzt, nicht auflösen. Die Behandlung hat stationär zu erfolgen. Auch im Colon können sich solche Pfropfen festsetzen und zu weitgehendem Verschluss führen.

In letzter Zeit wurden in den USA Erstickungen nach Psylliumgaben dokumentiert. Es handelte sich um bettlägerige, demente Senioren, denen mittels Löffel nicht oder ungenügend in Wasser aufgeschlämmtes Flohsamenschalenpulver oral verabreicht wurde. Es kam zur inhalativen Ingestion und zur Verquellung in den oberen Bronchien. Diese Einzelfälle, die auf einer falschen Applikation beruhten, führten neuerdings zu entsprechenden Warnhinweisen in den Packungsbeilagen. Die Anwendung von Psyllium-Zubereitungen kann zwischen oder zu den Mahlzeiten erfolgen. Zur Behandlung einer Hypercholesterinämie oder Adipositas ist die Einnahme vor der Mahlzeit sinnvoll, da durch die Quellung eine Reduktion des Hungergefühls erfolgt. Theoretisch könnte auch die Absorption von Nahrungsbestandteilen vermindert sein. Aber eine Interaktion mit Nahrungsbestandteilen wurde bisher noch nie belegt.

Wechselwirkungen mit Arzneimitteln

Psyllium-Polysaccharide können in geringem Ausmaß die Absorption und damit die Bioverfügbarkeit von gleichzeitig eingenommenen Pharmaka vermindern. Es liegen Studien vor, die eine Verminderung der Aufnahme von Digoxin, des Lipidsenkers Gemfibrozil, aber auch von Spurenelementen in Human- und Tierversuchen belegen [36 - 41]. Die Daten zu Veränderungen der Bioverfügbarkeiten sind allerdings nicht so eindeutig, dass sich daraus zweifelsfrei eine klinisch relevante Interaktion ableiten lässt.

Nichtsdestotrotz sollten alle Medikamente vorsichtshalber im Abstand von etwa einer halben Stunde zu einer Psyllium-Applikation eingenommen werden. Insbesondere bei gleichzeitiger Anwendung von Hormonpräparaten, Herzglykosiden und Cumarinen ist Vorsicht walten zu lassen. Die Hemmung der intestinalen Glucoseabsorption nach Psylliumgabe ist klinisch relevant, sodass entsprechende Hinweise bei der Abgabe von Psyllium-Präparaten an Diabetiker sinnvoll sind. Im Einzelfall könnte sogar über die Reduktion der Insulindosen nachgedacht werden.

Schlussfolgerungen

  • Die Anwendung von Indischen Flohsamenschalen bei Obstipation ist klinisch gut belegt und rechtfertigt den großzügigen Einsatz der entsprechenden Präparate, dies auch im Hinblick auf die im Vergleich zu anthrachinonhaltigen Arzneimittel sehr geringen Nebenwirkungsraten.
  • Wegen der stuhlerweichenden Wirkung kann die Droge mit sehr gutem Erfolg auch bei Analfissuren, Hämorrhoiden, entzündlichen Darmerkrankungen u.a. eingesetzt werden.
  • Die Effekte bei Hypercholesterinämie sind belegt, aber verhältnismäßig gering. Immerhin hat die FDA die Droge zur Vorbeugung koronarer Herzkrankheit zugelassen.
  • Flohsamenschalen können die chronische Darmträgheit mit ihren negativen Folgen beseitigen. Man sollte sie von Anfang an hoch dosieren und nicht im subtherapeutischen Bereich "herummanövrieren".
  • Der Einsatz von Psyllium zur Reduktion des Kalorien-Intakes erscheint auf Grund des physikalischen Wirkprinzips der Quellung gerechtfertigt, obwohl keine stichhaltigen Studien hierfür vorliegen. Vergleicht man die Quellkapazitäten von Indischen Flohsamenschalen und anderen marktüblichen "Schlankheitsmitteln" auf Quellbasis (z. B. Alginate, Methylcellulose, Pektine), so ist die Volumenausdehnung bei Psyllium wesentlich höher.
  • Zur Reduktion des Insulinbedarfs beim insulinpflichtigen Diabetiker sollte Psyllium nur in Absprache mit dem behandelnden Arzt eingesetzt werden, und zwar einschleichend.
  • Psylliumpräparate haben eine geringe Nebenwirkungsrate und besitzen alle positiven Aspekte einer ballaststoffreichen Diät (Anregung der Darmtätigkeit, Bindung von toxischen Nahrungsbestandteilen, verminderte Nahrungsaufnahme durch Steigerung des Sättigungsgefühl etc.).
  • Die Droge bietet sich auf Grund der fehlenden systemischen Verfügbarkeit für die Anwendung in der Schwangerschaft und bei Kindern an.
     

Kastentext: Beratungshinweise bei der Abgabe von Indischen Flohsamenschalen

  • Die Droge nie trocken einnehmen, auch wenn anschließend mit Wasser nachgespült wird.
  • Einnahme mit viel Wasser, Tee, Milch etc. - mindestens 150 bis 200 ml pro Dosiseinheit; Drogenpulver vorquellen, bei Klumpenbildung mit weiterer Flüssigkeit verdünnen.
  • Einnahme nicht im Liegen.
  • Auf erhöhte Gasbildung nach Einnahme hinweisen, insbesonders bei gleichzeitiger Zuckeraufnahme; nach einer Eingewöhnungszeit von 2 bis 4 Wochen hat sich die Darmflora umgestellt, und die anfangs aufgetretenen Flatulenzen verschwinden weitgehend.
  • Keine gleichzeitige Gabe von anderen Medikamenten, da Resorptionsbeeinflussung denkbar; mindestens Abstand von 30 Minuten halten.
  • Diabetiker auf die Notwendigkeit einer eventuellen Insulin-Dosis-Reduktion hinweisen.
  • Bei Pulverpräparaten beim Einrühren in Flüssigkeit möglichst nicht stauben und Staub nicht einatmen (Minimierung des äußerst seltenen Allergierisikos).
  • Behandlung der Hypercholesterinämie: hoch dosieren (mind. 10 bis 13 g/Tag)!
     

Autoren

Priv.-Doz. Dr. Andreas Hensel

 (Jg. 1962) studierte Pharmazie an der Universität Regensburg. Approbation 1986, Promotion bei G. Franz in Regensburg 1988, danach DFG-Stipendiat an der McGill University, Montreal. 1990 bis 1994 Gruppenleiter F&EAnalytik der Fa. Asta Medica AG, Frankfurt/M., 1995 wissenschaftlicher Assistent an der Universität Erlangen-Nürnberg. 1998 Habilitation und Lehrbefugnis für das Fach Pharmazeutische Biologie. 1999–2000: C3-Professur für Pharmazeutische Biologie (Vertr.) Universität Würzburg. Seit 2001 Leiter des Fachgebiets Pharmazeutische Biotechnologie an der Hochschule Wädenswil. Arbeitsschwerpunkte: Stabilität von Arzneimitteln; kohlenhydrathaltige Naturstoffe: Charakterisierung und Entwicklung für innovative medizinisch-pharmazeutische Anwendungen (tissue-engineering, Dermatologie).

Dr. Sebastian Hose

(Jg. 1962) studierte Pharmazie an der Universität Würzburg, Approbation 1988, Promotion am Lehrstuhl für Pharmazeutische Biologie der Universität Würzburg 1993 (Betreuung K.-H. Kubeczka und W. Schultze). Von 1993 bis 1998 in der Pharmazeutischen Entwicklung Naturstoffe der Asta Medica AG, Frankfurt/ M., seit 1998 bei den Kneipp-Werken, Würzburg. Lehrauftrag am Lehrstuhl für Pharmazeutische Biologie der Universität Regensburg seit dem WS 1995/96. Arbeitsgebiete: Entwicklung

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