Arzneimittel und Therapie

Pädiatrische Endokrinologie: Niedriges Geburtsgewicht erhöht Krankheitsrisik

Im Vorfeld des Weltkongresses "Pediatric Endocrinology" in Montreal veranstaltete die Firma Serono nach eigenen Angaben einen wissenschaftlichen Workshop. Es ging um die spätere Morbidität im Erwachsenenalter bei Kindern mit zu geringem Geburtsgewicht. Aus epidemiologischen Studien ist bekannt, dass diese so genannten SGA-Kinder (= small for gestational age) ein erhöhtes Risiko für spätere Stoffwechselstörungen und koronare Herzkrankheiten haben.

Im Mittelpunkt des Workshops standen genetische und epigenetische Einflüsse, die bei diesen Kindern später zu endokrinen und metabolischen Komplikationen führen, die sich dann als Insulinresistenz und letztlich als Diabetes mellitus manifestieren. Eine Hypothese geht davon aus, dass ein reduzierter Stoffwechsel des Fetus zu dauerhaften Folgen im späteren Leben führt.

Fehlsteuerung der neuroendokrinen Kodierung

Doch nicht nur vorgeburtliche Mangelernährung erhöht das Risiko für Diabetes und Syndrom X. Auch Überernährung von untergewichtig geborenen Kindern ist ein erheblicher Risikofaktor für spätere metabolische Komplikationen. So wurde eine frühe Hyperinsulinämie als Folge perinataler Überernährung beobachtet. Tiermodelle lassen vermuten, dass erhöhte perinatale Insulinspiegel zu einer Fehlprogrammierung des neuroendokrinen Systems führen, die Entwicklungsstörungen und eine Disposition für Fettsucht und Diabetes zur Folge haben.

Auch Kinder mit Merkmalen einer verfrühten Geschlechtsreife neigen offenbar dazu, später einen Diabetes zu entwickeln. Ein Vergleich zwischen jungen Frauen mit idiopathischer vorzeitiger Pubarche und einer gesunden Kontrollgruppe zeigte keine Unterschiede in der körperlichen Entwicklung. Doch wiesen Frauen mit dieser Diagnose einen klinischen Hyperandrogenismus und erhöhten systolischen Blutdruck auf. Außerdem hatten sie im oralen Glucosetoleranztest signifikant höhere Blutzuckerspiegel, die auf eine verminderte Insulinsensivität hinweisen.

Vergleich mit Geschwistern

Eine Magdeburger Studie hat 35 erwachsene SGA-Kinder mit ihren blutsverwandten Geschwistern (Kinder von demselben Elternpaar) als Kontrollgruppe verglichen, die mit einem normalen Körpergewicht zur Welt gekommen waren. Im Glucosetoleranztest wurden zwei SGA-Erwachsene mit gestörter Glucosetoleranz bei normalem Body-Mass-Index (BMI) ermittelt, zwei Übergewichtige wiesen erhöhte Insulinspiegel auf. Doch keines der ehemaligen SGA-Kinder hatte Diabetes. Die Kontrollgruppe hingegen zeigte normale Blutzucker- und Insulinspiegel, obwohl sie im Durchschnitt einen höheren BMI aufwies. Bei den SGA-Personen traten typische Merkmale eines metabolischen Syndroms auf, doch sind diese wahrscheinlich überwiegend auf familiär erhöhte Risiken zurückzuführen.

Schlüsselfaktor Insulinresistenz

Vorgeburtliche Unterernährung prädisponiert für Typ-2-Diabetes und Syndrom X vorwiegend in der Pubertät. In einem großen französischen Projekt wurden Entwicklung und Mechanismen der Insulinresistenz bei 250 jungen Erwachsenen untersucht, die mit intrauteriner Wachstumsverzögerung geboren worden waren. Bei 20-Jährigen erbrachte der orale Glucosetoleranztest eine Hyperinsulinämie, verbunden mit deutlichen Anzeichen einer Insulinresistenz. Blutdruck und Lipidprofil unterscheiden sich aber nicht von der Kontrollgruppe. Im hyperglykämischen Test zeigten dieselben Personen später eine verminderte Insulinsensivität, aber keine unterdrückte Insulinsekretion.

In einem nächsten Follow-up blieb nicht nur die Insulinresistenz bestehen, sondern auch die Glucosetoleranz verschlechterte sich leicht. Des Weiteren nahm das Gewicht deutlich stärker zu als in der Kontrollgruppe.

Diese Beobachtungen lassen vermuten, dass Insulinresistenz der primäre Defekt ist, der für Störungen des Glucose-Stoffwechsels bei Personen mit vorgeburtlicher Wachstumsverzögerung verantwortlich ist. Möglicherweise ist dieser Defekt bereits intrauterin angelegt, denn bei diesen Menschen fand sich eine Wechselwirkung zwischen genetischem Polymorphismus des Angiotensin-Conversions-Enzyms (ACE) und Insulinresistenz, nicht aber in der Kontrollgruppe.

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