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Pharmaverband BPI: Arzneimittelvielfalt muss erhalten bleiben

BERLIN (ks). Der Fall Lipobay ist für den Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI) Anlass, erneut scharfe Kritik an der von der Regierung geplanten Positivliste zu üben. An diesem Beispiel zeige sich, dass die Arzneimittelvielfalt lebenserhaltend und deshalb notwendig ist, so Dr. Hans Sendler, Hauptgeschäftsführer des BPI. Sendler fordert, dass sowohl bekannte und bewährte Medikamente als auch innovative Arzneimittel für ärztliche Verordnungen zur Verfügung stehen müssten. Die Positivliste werde dazu führen, dass viele bewährte Medikamente, insbesondere solche, die sich noch in der Nachzulassung befänden, als "umstritten" diskriminiert würden.

Sendler stellte sich am 27. August in Berlin ausdrücklich gegen die Behauptung, die Positivliste verbessere die Qualität auf dem Arzneimittelmarkt. Das Gegenteil sei der Fall, da der verordnende Arzt nun in vielen Fällen zur Substitution gezwungen werde. Bewährte Medikamente, die keinen Eingang in die Liste gefunden haben, müssten Arzneimitteln weichen, deren Risiken und Nebenwirkungen erheblich höher liegen können. Eine individuelle Therapie sei so nicht mehr möglich. Durch diesen gestörten Auswahlprozess werde der Arzt zum Schaden des Patienten "entmündigt", so Sendler.

Fachinformationen für Patienten zugänglich machen

Sendler verteidigte die Informationspolitik der Firma Bayer: Der Arzneimittelhersteller habe im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften korrekt gehandelt. Doch es bestehe noch Potenzial zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit. So ist es dem BPI nicht erst seit Lipobay ein besonderes Anliegen, dass Patienten einen besseren Zugang zu den Fachinformationen über Arzneimittel erhalten. Diese dürfen jedoch gegenwärtig nach den strengen Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes nur an die Fachkreise ausgegeben werden.

Sendler ist der Auffassung, dass dem mündigen Patienten weitergehende Informationen zugemutet werden können. Auch sei es sehr wohl möglich, zwischen Information und Werbung zu differenzieren. Zudem seien die Fachinformationen für Ärzte und Apotheker vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) abgesegnet; sie sind gar Teil des Zulassungsbescheides, d. h. vom BfArM selbst formuliert. Für Sendler ist es daher nicht einsichtig, dass diese Informationen dem Patienten vorenthalten werden.

Arzneimittelpass sinnvoll

Was die Einführung eines Arzneimittelpasses betrifft, so ist Sendler dafür, "dass alle Möglichkeiten für eine Verbesserung der Arzneimittelsicherheit ergriffen werden". Bei der Abwägung zwischen Fragen des Datenschutzes und der Patientensicherheit müsse berücksichtigt werden, dass der Missbrauch von Daten eine eher abstrakte Gefahr darstelle, während die Gefahr für den Patienten weitaus konkreter sei. Bernd Wegener, Vorsitzender des BPI, hatte sich schon tags zuvor in der "Welt am Sonntag" für den Arzneimittelpass ausgesprochen.

Allerdings glaubt er nicht, dass ein solcher Pass einen Fall wie Lipobay verhindern kann: "Ein Restrisiko gerade bei neuen, stark wirksamen Medikamenten ist nie zu vermeiden." Theoretisch könne alle fünf Jahre ein solcher Fall eintreten – erst bei Arzneimitteln, die länger als zehn Jahre auf dem Markt sind, könnten neue Risiken praktisch ausgeschlossen werden.

BPI fordert europäische Datenbank

Auch das Informationssystem liegt nach Auffassung des BPI im Argen. Sendler kritisierte, dass bislang lediglich Spontanmeldungen von unerwünschten Nebenerscheinungen zu den verantwortlichen Behörden durchdringen. Auch er sprach sich, wie Cornelia Yzer vom Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller wenige Tage zuvor, für die Einrichtung einer einheitlichen europäischen Datenbank zur Erfassung von Nebenwirkungen aus.

Der Fall Lipobay ist für den Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI) Anlass, erneut scharfe Kritik an der von der Regierung geplanten Positivliste zu üben. An diesem Beispiel zeige sich, dass die Arzneimittelvielfalt lebenserhaltend und deshalb notwendig sei, so Dr. Hans Sendler, Hauptgeschäftsführer des BPI. Die Positivliste werde dazu führen, dass viele bewährte Medikamente, insbesondere solche, die sich noch in der Nachzulassung befänden, als "umstritten" diskriminiert würden.

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