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Forschende Arzneimittelhersteller: Arzneimittel-Sicherheitsnetz soll weiter verb

BERLIN (ks). Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (VFA) will nach der Marktrücknahme von Lipobay Verunsicherungen bei den Patienten entgegentreten. Cornelia Yzer, Hauptgeschäftsführerin des VFA, fordert daher ein einheitliches europäisches Frühwarnsystem und mehr Transparenz für Patienten.

"Es darf nicht dazu kommen, dass Patienten Arzneimittel, die sie dringend brauchen, aufgrund von Verunsicherungen absetzen und damit ihre Gesundheit gefährden" warnte Yzer am 24. August in Berlin. Der Fall Lipobay dürfe den grundsätzlichen Nutzen von Arzneimitteln nicht überschatten. Yzer wies darauf hin, dass die Sterblichkeit durch Krankheiten in den vergangenen 30 Jahren um mehr als 40 Prozent gesunken ist und die Lebenserwartung sich beständig erhöht. "Dazu haben Arzneimittelinnovationen einen wesentlichen Beitrag geleistet", unterstrich die VFA-Geschäftsführerin.

Nutzen und Risiken erst in der breiten Anwendung erfassbar

Yzer räumte jedoch ein, dass die breite Anwendung eines Arzneimittels Risiken und Nutzen zu Tage bringen kann, die vor der Zulassung noch nicht bekannt waren. So zeigte sich etwa bei ACE-Hemmern, die ursprünglich gegen Bluthochdruck entwickelt wurden, erst nach Jahren, dass diese ein wirksames Mittel gegen Herzinsuffizienz sind. Genauso kann es allerdings geschehen, dass erst einige Zeit nach der Zulassung bis dahin unbekannte Nebenwirkungen eines Medikaments offenbar werden. Trotz umfangreicher klinischer Prüfungen kann nicht für jede individuelle Disposition ein Risiko ausgeschlossen werden.

Dieses Wissen um die Risiken erfordert ein hocheffizientes Arzneimittel-Sicherheitssystem, so Yzer. Sie betonte, dass die VFA-Mitgliedsunternehmen – die rund zwei Drittel des deutschen Arzneimittelmarktes repräsentieren – über ein solches weltweites Risk-Management verfügen. Es bezweckt, etwaige Nebenwirkungen möglichst frühzeitig zu erfassen, um daraus Konsequenzen ziehen zu können.

Europäisches Frühwarnsystem überprüfen und verbessern

Die Unternehmen des VFA unterziehen ihre Sicherheitssysteme einer ständigen Prüfung. Doch nationale Alleingänge reichen nach Ansicht der VFA-Geschäftsführerin nicht aus. Fortschritte erhofft sie sich durch ein einheitliches europäisches Frühwarnsystem, für dessen Verbesserung sie eine Mitarbeit des VFA ankündigt.

"Eine europäische Pharmakovigilanz-Datenbank, die Nebenwirkungen zusammenfasst, muss jetzt zügig eingerichtet werden", forderte Yzer. Des Weiteren sollten die nationalen Zulassungsbehörden – dem Beispiel der europäischen Zulassungsbehörde EMEA folgend – nach der Zulassung eines Arzneimittels einen öffentlichen Bewertungsbericht erstellen und im Internet zugänglich machen. Darüber hinaus tritt der VFA für die Einrichtung einer europaweiten pharmakoepidemiologischen Datenbank ein. Damit stünde eine valide Quelle zur Verfügung, um Risikomeldungen über Arzneimittel einordnen zu können, so Yzer.

Der Patient steht im Mittelpunkt

Yzer sprach sich auch dafür aus, dass Patientenvertreter in das System der Arzneimittelsicherheit einbezogen werden. Ein solches Vorhaben müsse vorurteilsfrei geprüft werden. Der Patient stehe im Mittelpunkt. Dies gelte nicht nur für die Therapie, sondern auch für die Information. Daher habe der VFA auch daran mitgewirkt, Packungsbeilagen für Medikamente besser verständlich zu gestalten.

Den Ausführungen der VFA-Geschäftsführerin fügte Dr. Dr. Andreas Barner, Mitglied der Unternehmensleitung der Boehringer Ingelheim GmbH, hinzu, dass Arzneimittel erst nach einem langjährigen, zielgerichteten Forschungsprozess auf den Markt kommen: "Sie sind sorgfältig erforscht, geprüft und einem behördlichen Zulassungsverfahren unterzogen, bevor sie dem Patienten zur Verfügung stehen." In der Regel vergehen bis zur Zulassung zehn bis zwölf Jahre. Die durchschnittlichen Kosten für ein Medikament belaufen sich auf 500 Millionen US-Dollar. In Deutschland wenden die VFA-Mitgliedsfirmen nach Auskunft Barners täglich 17 Millionen Mark für die Forschung auf.

Hersteller sind auf Mitteilungen über Nebenwirkungen angewiesen

Um die Arzneimittelsicherheit weiter zu verbessern, sind die Hersteller auch darauf angewiesen, dass ihnen bekannt gewordene Nebenwirkungen mitgeteilt werden. Hierzu bedarf es der Unterstützung durch Patienten, Ärzte und Apotheker. Nebenwirkungen dürfen nicht verschwiegen werden; im Interesse aller muss sichergestellt werden, dass die Hersteller hierüber so schnell wie möglich informiert werden. Nur so können rasch und effektiv Konsequenzen gezogen werden.

Was die aktuell diskutierte Einführung eines Arzneimittelpasses für Patienten betrifft, äußerte sich Yzer positiv: Soweit sichergestellt sei, dass der Patient die Verfügungsgewalt über seine persönlichen Daten habe, sei ein solcher Pass ein sinnvoller Ansatzpunkt, um die Arzneimittelsicherheit zu erhöhen.

Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (VFA) will nach der Marktrücknahme von Lipobay Verunsicherungen bei den Patienten entgegentreten. Der VFA fordert daher ein einheitliches europäisches Frühwarnsystem und mehr Transparenz für Patienten. Der Fall Lipobay dürfe den grundsätzlichen Nutzen von Arzneimitteln nicht überschatten.

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