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Cerivastatin-Marktrücknahme – worüber sollten wir uns wundern? (Meinung)

Cerivastatin Ų als Handelspräparat Lipobay Ų ist wegen Todesfällen vom Markt genommen worden, die in einen Zusammenhang mit der Einnahme dieses Wirkstoffs gebracht werden. Nach den bislang vorliegenden Informationen kamen die Menschen aufgrund eines dramatisch verlaufenden Zerfalls der Skelettmuskulatur, einer Rhabdomyolyse zu Tode. So weit bekannt ist, war in allen Fällen eine Therapie mit mehreren Lipidsenkern gleichzeitig erfolgt.

1. Es ist bekannt, dass Lipidsenker als Nebenwirkung eine Myositis, im Extremfall eine Rhabdomyolyse, auslösen können. Der Mechanismus dieser Nebenwirkung liegt im Dunklen. Ihre Häufigkeit nimmt bei der Kombination von Lipidsenkern zu. Es ist also sicherlich kein spezielles Risiko der Einnahme von Cerivastatin, sondern ein Problem der Lipidsenker allgemein.

Verwunderlich, dass nur Cerivastatin in die Diskussion gekommen ist.

2. Die Nebenwirkung war bekannt, die Steigerung ihrer Inzidenz bei gleichzeitiger Einnahme auch. Dieser Umstand führte zur Aufnahme eines Warnhinweises in die Gebrauchsinformation. Wenn dieser Warnhinweis nicht berücksichtigt wird, muss von einer unsachgemäßen, unvorschriftsmäßigen Anwendung gesprochen werden. Sollte es Schule machen, Arzneimittel aus dem Verkehr zu nehmen, die bei unsachgemäßer Anwendung zu Schäden führen, werden bald sehr viele wirksame Arzneimittel für die Therapie verloren sein.

Verwunderlich, wenn Arzneimittel am Schaden gemessen werden, den sie bei unsachgemäßer Anwendung auslösen.

3. Die Anwendung von Statinen geht – wie die aller anderen wirksamen Arzneimittel – mit dem Risiko einer Nebenwirkung (im Falle der Statine ist der Skelettmuskel betroffen) einher. Das Risiko eines Arzneimittels sollte stets ins Verhältnis zu seinem Nutzen gesetzt werden. Es gibt derzeit kein anderes Wirkprinzip, das so effektiv wie die Statine den Cholesterinspiegel zu senken vermag. Es ist in klinischen Untersuchungen überzeugend belegt, dass die koronare Morbidität und Mortalität durch die Stoffgruppe der Statine in einem Ausmaß gesenkt werden kann, das von keiner anderen Maßnahme erreicht wird. Wie oben ausgeführt, trifft das Risiko für die gesamte Gruppe zu, bestimmt nicht ausschließlich für Cerivastatin. Konsequenterweise müsste künftig auf die Verordnung aller Statine verzichtet werden und möglicherweise wird dies unter dem Druck der Androhung von Schadensersatzklagen geschehen. Aber eben dieser Verzicht könnte angesichts des einzigartigen Wertes der Statine auch als unterlassene Hilfeleistung bewertet und entsprechend juristisch geahndet werden.

Verwunderlich – um nicht zu sagen makaber – auch diese Situation.

4. Die Hersteller von Cerivastatin haben ihr Produkt zurückgezogen, ohne darauf hinzuweisen, dass die beklagenswerten Nebenwirkungen und die schrecklichen Konsequenzen der unsachgemäßen Anwendung kein Spezifikum ihres Präparates ist, sondern eine Eigenschaft aller Lipidsenker zu sein scheint.

Verwunderlich ist dieses Stillhalten, das den Therapiesektor damit der Konkurrenz überlässt.

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