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Gesundheitspolitik: Erste Reformvorschläge von SPD-Politikern

BERLIN (ks). Die Stabilisierung der Krankenkassenbeiträge beschäftigt die Politiker aller Parteien auch im Sommerurlaub. Am vergangenen Wochenende mehrten sich erneut die Stimmen für entschiedene Reformen im Gesundheitswesen. Auch SPD-Politiker werden nun konkreter. Einigkeit besteht insoweit, als dass rasch etwas geschehen muss. Hinsichtlich des "Wie" gibt es unterschiedliche Vorschläge.

Der rheinland-pfälzische Sozialminister Florian Gerstner skizzierte als erster sozialdemokratischer Politiker Eckpunkte für mögliche Reformen in der Gesundheitspolitik. Eine große Reform wird zwar erst nach der Bundestagswahl kommen, doch man wolle nicht den Fehler wiederholen, der vor der letzten Wahl in der Rentenpolitik geschah, sagte Gerstner in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau. Eine Agenda für eine Gesundheitsreform 2003 müsse auf jeden Fall schon vor der Bundestagswahl vorliegen. Der SPD-Politiker will den Durchschnittsbeitrag zur Krankenversicherung von derzeit 13,6 Prozent um einen oder zwei Punkte drücken. Erreichen möchte er dies zum einen durch eine stärkere Vernetzung von ambulanter und stationärer Versorgung. Zudem fordert er mehr Transparenz bei den Abrechnungen. Einen Modellversuch soll es Anfang 2002 in Rheinland-Pfalz geben: hier wollen die kassenärztlichen Vereinigungen eine Patientenquittung einführen.

Wie einige Kollegen aus der Opposition spricht sich auch Gerstner dafür aus, die Kartelle der Kassen und Anbieter aufzubrechen. So soll Kassen das Recht eingeräumt werden, mit einzelnen Ärzte-Netzen Verträge abzuschließen. Die ärztliche Therapiefreiheit müsse ebenfalls kritisch beobachtet werden: "Dort wo massenhaft wiederkehrende Behandlungsschritte finanziert werden, muss es relativ strenge und verbindliche Behandlungsleitlinien geben, die eine Qualitätskontrolle möglich machen." Darüber hinaus hält der Mainzer Minister es für nötig, den Leistungskatalog der Krankenkassen einzuschränken. So sollten etwa Massagen, kieferorthopädische Behandlungen und tiefenpsychologisch orientierte Psychotherapien nicht mehr grundsätzlich von den Kassen übernommen werden.

Kritik an Gerstners Vorschlägen

Der Vorstoß Gerstners fand bei seinen Partei-Kollegen nicht nur Zustimmung. Einige seiner Forderungen - etwa jene nach einer Entmachtung der Ärzte-Kartelle - hält die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Birgit Fischer (SPD) für "wenig hilfreich". Zwar spricht sie sich ebenfalls für mehr Transparenz und Behandlungsleitlinien aus, hält sich aber bedeckt, was Vorschläge zur Ausdünnung des Leistungskataloges angeht. Klar ist aber auch für die Düsseldorfer Ministerin, dass die SPD noch vor der Wahl Eckpunkte festlegen muss, wie neue Anreize für Versicherte geschaffen werden können. Fischer sagte der Frankfurter Rundschau am vergangenen Montag, das "echte Krankheitsrisiko" müsse auch künftig von den Kassen getragen werden. Präventionsprogramme solle jedoch der Einzelne selbst finanzieren.

Merz fürchtet Verdopplung der Beiträge

Auch Oppositions-Politiker meldeten sich vergangenes Wochenende wieder zu Wort. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Friedrich Merz, äußerte gegenüber der Welt am Sonntag die Befürchtung, dass sich die Kassenbeiträge in den nächsten 20 bis 30 Jahren verdoppeln werden, wenn nicht bald eine Trendwende einsetze. Um dies abzuwenden, forderte auch er mehr Transparenz im medizinischen Abrechnungswesen. So sollten Patienten eine Kopie der Rechnungen über medizinische Leistungen erhalten, um sich eine Vorstellung über die Kosten machen zu können. Zum anderen stellt sich Merz Beitragsrückerstattungen vor, wie sie auch schon bei privaten Versicherungen üblich sind: wer ein Jahr lang keine Leistungen der Krankenkasse in Anspruch nimmt, soll hierfür durch eine Rückzahlung honoriert werden. Weiterhin spricht sich der CDU-Politiker für individuelle Verträge zwischen Kassen und Leistungserbringern aus. Dies führe zu einer kostengünstigeren Nutzung der ausgesuchten Ärzte, Krankenhäuser und Apotheken.

Ex-Gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) arbeitet ebenfalls weiter an Reformkonzepten. Er machte in der Süddeutschen Zeitung den Vorschlag, Versicherten mehr Wahlmöglichkeiten einzuräumen. Wer bereit sei, einen höheren Eigenanteil an seinen Kosten für die medizinische Versorgung zu zahlen, solle im Gegenzug niedrigere Beiträge entrichten müssen. Darüber hinaus müsse die Bürokratie im Gesundheitswesen abgebaut und Ärzten, Krankenhäusern und Kassen mehr Raum zur individuellen Vertragsgestaltung gelassen werden. Er unterstrich aber auch, dass die generelle Versicherungspflicht in jedem Fall beibehalten werden müsse. "Amerikanische Verhältnisse" im Gesundheitswesen lehnt er ab. Auch sollen seine Vorschläge für Neuregelungen nicht für ältere Versicherte gelten, die schon viele Jahre in ihre Versicherung eingezahlt haben. Diese Patienten müssten selbstverständlich den vollen Versicherungsschutz genießen. Daher sei es notwendig, Übergangsfristen für Neuregelungen festzulegen. Ebenso wie Merz forderte auch Seehofer, dass Patienten künftig Einblick in ihre Arzt-Rechungen bekommen sollen. Er verspricht sich davon eine effizientere Kontrolle als Behörden sie zu leisten vermögen.

BERLIN (ks). Die Stabilisierung der Krankenkassenbeiträge beschäftigt die Politiker aller Parteien auch im Sommerurlaub. Am vergangenen Wochenende mehrten sich erneut die Stimmen für entschiedene Reformen im Gesundheitswesen. Auch SPD-Politiker werden nun konkreter. Einigkeit besteht insoweit, als dass rasch etwas geschehen muss. Hinsichtlich des "Wie" gibt es unterschiedliche Vorschläge.

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