Rechtsprechung aktuell

Kassen dürfen Versicherte nicht zum Medikamentenbezug bei DocMorris auffordern

Die Siemens-Betriebskrankenkasse hatte einzelnen ihrer chronisch erkrankten Versicherungsnehmern telefonisch und schriftlich angeraten, ihre apothekenpflichtigen Medikamente aus Gründen der Kostenersparnis bei der holländischen Internet-Apotheke DocMorris zu bestellen. Dies wurde der Kasse nun per einstweiliger Verfügung durch das Landgericht München verboten. (Einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 19. Juli 2001, Az.: 7HK12827/01)

Antragsteller im Eilverfahren war ein Apotheker, der von einem Kunden erfuhr, dass dieser von seiner Krankenkasse zum Bezug seiner teuren apothekenpflichtigen Medikamente bei DocMorris aufgefordert wurde. Nach einem vorangegangenen Telefonat mit dem Versicherten, übersandte ihm die Kasse in einem Brief Bestellformulare der holländischen Internet-Apotheke. Diese waren bereits mit dem Namen des Versicherten und der Antragsgegnerin als gesetzliche Krankenversicherung ausgefüllt. In dem Brief wurde dem Kassenmitglied weiterhin erläutert, auf welche Weise die Rezepteinreichung bei DocMorris zu erfolgen habe. Auch hieß es in dem Brief "Über ein kurzes Feedback nach Eingang der ersten Bestellung würde ich mich sehr freuen..."

DocMorris-Werbematerial in Briefen an Versicherte

In einem anderen Fall wurde ein Apothekenkunde von derselben Krankenkasse in ähnlichem Stil angeschrieben. Auch dieser Versicherte benötigt kostspielige Medikamente. In einem Brief der Kasse heißt es, man habe nun eine Möglichkeit gefunden, diese Arzneimittel günstiger zu bestellen. Sie würden direkt nach Hause bzw. zur Arbeit geliefert. Bei Interesse sollte sich der Versicherte genauere Informationen bei der Krankenkasse einholen. Dem Brief war zudem Werbematerial für DocMorris beigefügt.

Unterlassungserklärung wurde nicht freiwillig unterschrieben

Die Betriebskrankenkasse wurde vom Rechtsanwalt des Apothekers zunächst aufgefordert, eine außergerichtliche Unterlassungserklärung abzugeben, da sie unzulässigerweise für einen Versandhandel mit Arzneimitteln werbe. Zudem wurde auf die Entscheidungen des OLG Frankfurt und des Berliner Kammergerichts verwiesen, in welchen DocMorris kürzlich der Versandhandel mit Medikamenten und die Werbung hierfür in Deutschland untersagt wurde (vgl. DAZ Nr. 25, S. 92). Die Kasse verweigerte jedoch die Unterschrift. Angeblich seien derartige Schreiben nicht an Versicherte verschickt worden. Zudem äußerte der Anwalt der Krankenkasse die Rechtsauffassung, dass ein solches Verhalten ohnehin nicht wettbewerbswidrig sei. Insbesondere sei die Kasse nicht "Störerin" setze also selbst keine Ursache für einen etwaig rechtswidrigen Zustand und könne daher schon nicht verklagt werden. Die Störereigenschaft könne nur dann angenommen werden, wenn sie selbst im erwerbswirtschaftlichen Bereich tätig werden würde. Eine schlichte Aufforderung ihrer Versicherten zum Kauf bei DocMorris reiche nicht aus. Auch rechne die Kasse letztlich nur die Arzneimittel ab, kaufe sie jedoch nicht selbst ein, sodass auch unter diesem Aspekt keine Kausalität für einen etwaigen Wettbewerbsverstoß vorliege. Darüber hinaus bestehe zwischen den Parteien, also der Krankenkasse und dem Apotheker, kein Wettbewerbsverhältnis.

Eilentscheidung des Landgerichts

Daraufhin leitete der Apotheker ein gerichtliches Eilverfahren ein. Das Gericht entschied durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung, dass der Betriebskrankenkasse unter Androhung eines Ordnungsgeldes bzw. Ordnungshaft verboten wird, gegenüber Dritten, insbesondere ihren Versicherungsnehmern, für den Bezug von apothekenpflichtigen Arzneimitteln im Wege des Versandhandels, insbesondere über die Internet-Apotheke DocMorris, zu werben. Sie darf ihre Versicherungsnehmer also nicht mündlich oder schriftlich zu einer Bestellung auffordern oder auf die Möglichkeit der Bestellung hinweisen. Bezüglich des Versandhandelsverbotes verwiesen die Richter in einer Kurz-Begründung auf das Urteil des OLG Frankfurt/Main vom 31. Mai 2001. Sie stellten auch klar, dass die Kasse zumindest Mit-Störerin im wettbewerbsrechtlichen Sinne sei. Es sei unerheblich, ob sie erwerbswirtschaftlich tätig werde und ob ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien bestehe. Es genüge die Mitverursachung und Verhinderungsmöglichkeit bezüglich des Wettbewerbsverstoßes, der im Versandhandel schlechthin zu erblicken ist.

Kasse legt Widerspruch ein

Die Betriebskrankenkasse hat nunmehr Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung eingelegt. Das heißt, dass das Gericht nun eine mündliche Verhandlung durchführen wird und dann durch Endurteil über den Fall entscheidet.

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