Berichte

Universität Heidelberg: Pharmazeutisch-botanische Exkursion in die Eifel

Die botanische Exkursion des Heidelberger Institutes für Pharmazeutische Biologie führte die Studenten in diesem Jahr in die Eifel. Sie lernten dort die vielfältigen, aus den unterschiedlichen geologischen und klimatischen Bedingungen resultierenden Landschaftsformen mit ihrer typischen Vegetation kennen.

Vom 15.-18. Juni dieses Jahres organisierte das Institut für Pharmazeutische Biologie der Universität Heidelberg unter Leitung von Prof. Dr. Michael Wink und Prof. Dr. Ben-Eric van Wyk (Universität von Johannesburg, Südafrika) eine viertägige Exkursion in die Eifel.

Die Eifel

Die Eifel ist Teil des Rheinischen Schiefergebirges und wird durch die Flüsse Mosel, Rhein und Maas begrenzt. Sie bietet sowohl unter geologischen wie auch unter pflanzensoziologischen und pharmazeutischen Gesichtspunkten eine hohe Vielfalt und ist damit ein interessantes Exkursionsziel.

Mitten in der Vulkaneifel liegt Daun. Ausgangspunkt unserer Tagesexkursionen war die dortige Jugendherberge, wo auch abends die am Tage gesammelten Pflanzen nachbestimmt wurden. Die Geologie des Gebietes wird geprägt durch devonische Sedimente, kalkhaltige Gesteine und kleinflächig auftretende Buntsandstein-Reste. Daneben findet man lokale Quarzit-Höhenzüge wie das Hohe Venn sowie Reste von Korallenriffen des Devonmeeres. Ein besonderes Charakteristikum der Eifel ist ihre vulkanische Vergangenheit. Noch bis vor 10000 Jahren gab es hier aktive Vulkane, von denen heute noch die Landschaft überragende Vulkankuppen, Maare und vereinzelte heiße Quellen zeugen.

Das Klima ist besonders in der Osteifel, die im Lee der Hauptwindrichtung liegt, vergleichsweise trocken und mild. Im Gegensatz dazu zeichnet sich der Westen durch ein winterkaltes Klima mit extrem hohen Niederschlägen aus, was zu weitflächigen Hochmoorbildungen geführt hat.

Ein Wasserfall durch Menschenhand erschaffen

Unser erstes Exkursionsziel war der Dreimühlener Wasserfall im Ahbachtal bei Nohn (Gemeinde Üxheim). Dieser interessante Wasserfall ist erst durch den Einfluss des Menschen entstanden. Anfang des letzten Jahrhunderts wurde im Zusammenhang mit Baumaßnahmen Wasser aus verschiedenen kalkhaltigen Quellen über einen Felsen umgeleitet, auf dem sich infolgedessen Laubmoose der Gattung Cratoneuron angesiedelt haben. Diese Moose sind in der Lage, kalkhaltigem Wasser das gelöste Calcium zu entziehen und festen Kalksinter zu bilden. Auf diese Weise ist im Laufe der Zeit ein eindrucksvoller elf Meter langer und drei Meter hoher Kalksinterblock entstanden.

In der Umgebung des Wasserfalls wachsen verschiedene pharmazeutisch interessante Pflanzen, darunter der Baldrian (Valeriana officinalis), die Gemeine Schafgarbe (Achillea millefolium), der Spitzwegerich (Plantago lanceolata), das Jakobskreuzkraut (Senecio jacobaea) und das Johanniskraut (Hypericum perforatum). Daneben fanden wir auch ausgesprochene Giftpflanzen, den Wiesenbärenklau (Heracleum sphondylium), den Wolfs-Eisenhut (Aconitum vulparia) und den Blauen Eisenhut (A.napellus), der als giftigste Pflanze Europas gilt. Sein Gift wird vermutlich schon beim Berühren der Pflanze durch die Haut aufgenommen. Aufgrund des hohen Gehalts an Aconitin und anderen Diterpen- und Nor-Diterpenalkaloiden kann es bei peroraler Aufnahme zum Tod durch Atemlähmung und Herzrhythmusstörungen kommen. Der ähnlich giftige Wolfs-Eisenhut wurde schon im Altertum zur Herstellung von Pfeilgift sowie zum Vergiften von Ködern für Füchse und Wölfe benutzt, woraus sich sein Name ableitet. In der Pharmazie spielt er jedoch keine Rolle. Der Blaue Eisenhut hingegen wird häufig in der Homöopathie eingesetzt.

Wacholder-Heiden

Unser nächstes Exkursionsziel waren die Wacholder-Heiden bei Alendorf, die mit den größten Juniperus-Vorkommen des linksrheinischen Schiefergebirges überregional bekannt sind. Auf Kalkmagerrasen stehen Wacholderbüsche hier wie Schachfiguren auf einem Schachbrett. Für den Betrachter ist oftmals nicht erkennbar, dass es sich dabei um einen künstlich erhaltenen Naturraum handelt. Nur dadurch, dass das Gebiet von der Düngung ausgenommen ist und zweimal pro Jahr mit Schafen beweidet wird, kann sich der Charakterstrauch Juniperus communis regelmäßig verjüngen.

Der Kalkmagerrasen bietet auch vielen heimischen Orchideen-Arten einen optimalen Lebensraum. Wir haben hier u.a. die Fliegenragwurz (Ophrys insectifera), die Händelwurz (Gymnadenia conopsea), das Weiße Waldvögelein (Cephlanthera damasonium), das Brandknabenkraut (Orchis ustulata) und die Zweiblättrige Waldhyazinthe (Platanthera bifolia) gefunden.

Fieberklee am Vulkansee

Dieser Tag wurde den Maaren gewidmet. Maare sind tiefe Seen, die sich im Krater von erloschenen Vulkanen gebildet haben. Von normalen Seen unterscheiden sie sich durch ihre kreisrunde Form und die große Wassertiefe sowie den besonderen aus Vulkangestein bestehenden Untergrund. Am steilen Ufer der Maare blüht wunderschön gelb das "Eifelgold" (Cytisus scoparius), das dem Besucher ein faszinierendes Farbenspiel im Kontrast zum Schwarz des Wassers bietet.

Unser erstes Ziel waren die drei Dauner Maare, von denen das Weinfelder Maar das jüngste und zugleich höchstgelegene ist. Es wird auch Totenmaar genannt, da eine alte Kapelle am Kraterrand der einzige Überrest der Siedlung Weinfeld ist, die hier im 16.Jahrhundert wahrscheinlich durch die Pest ausgerottet wurde. Als pharmazeutisch interessante Pflanzen fallen der Frauenmantel (Alchemilla vulgaris) und der Sumpf-Schachtelhalm (Equisetum palustre) an den Ufern der Maare auf.

Der nächste Anlaufpunkt war der Mosenbergvulkan mit seinem Kratersee. Eine bestandsbildende Arzneipflanze ist hier der Fieberklee (Menyanthes trifoliata). Er enthält vor allem Iridoid-Bitterstoffe und wird daher auch Bitterklee genannt. Der Name Fieberklee leitet sich von der althergebrachten Anwendung bei fieberhaften Erkrankungen ab, eine fiebersenkende Wirkung konnte bisher jedoch nicht nachgewiesen werden. Besonders auffällige Pflanzen waren außerdem das Blutauge (Potentilla palustris) und der Rote Fingerhut (Digitalis purpurea).

Besuch im Hochmoor

Am dritten Exkursionstag haben wir uns mit einem der gefährdetsten Biotoptypen Europas beschäftigt, dem Hochmoor. Wir besuchten das Bragvenn bei Ormont, das Mützenicher Venn und das Hohe Venn nahe der deutschen Grenze in Belgien.

Das Hohe Venn umfasst mit 4100 Hektar Fläche die größten Naturschutzgebiete Belgiens. Gesteine, die aus der Zeit des Kambrium und Silur stammen, bilden das Venn-Plateau, auf dem seit der letzten Eiszeit durch Wachstum und Verrottung von Torfmoosen (Sphagnum sp.) meterdicke Torfschichten und infolgedessen großflächige Hochmoore entstanden sind.

Ausgangspunkt für unsere Wanderung durch das Moor war die ehemalige Unterkunft "Baraque Michelle", von der aus im 19.Jahrhundert jeden Abend eine Glocke geläutet wurde, um verirrten Menschen den Weg aus dem Moor zu weisen. Heute darf man das Naturschutzgebiet nur auf Holzstegen betreten. Sie sollen nicht nur ein Einsinken im Moor verhindern, sondern auch den Nährstoffeintrag so gering wie möglich halten, um das Biotop nicht zu gefährden. Ein wesentliches Charakteristikum von Hochmooren ist nämlich der extreme Nährstoffmangel, der vor allem dadurch zustandekommt, dass die Pflanzen aufgrund der dicken Torfschichten vom nährstoffführenden Untergrund abgeschnitten sind. Viele der typischen Hochmoor-Pflanzen können diesen Nährstoffmangel durch besondere Anpassungen wie z.B. Carnivorie oder Mycorrhizasymbiosen ausgleichen.

Zu den bekanntesten carnivoren Pflanzen zählt der rundblättrige Sonnentau (Drosera rotundifolia), der bei der Therapie von Atemwegserkrankungen nach wie vor eine Rolle spielt. Weitere typische Moorpflanzen sind die Heidelbeere (Vaccinium myrtillus), die Rauschbeere (V.uliginosum), die Moosbeere (V.oxycoccus) sowie die Besenheide (Calluna vulgaris) und die Glocken-Heide (Erica tetralix). Besonders auffällig war das Wollgras (Eriophorum angustifolium) im Hohen Venn und der blühende Siebenstern (Trientalis europaea) im Bragvenn.

Neben der Botanik haben wir uns an diesem Tag auch für einige kulturelle Ziele interessiert. Die ersten beiden Anlaufspunkte führten uns zu den Überresten einer Wasserleitung, die die Römer schon vor 1800 Jahren angelegt haben, um das besonders geschätzte Eifelwasser nach Köln zu leiten. Heute kann man noch Teile eines Aquädukts bei Vussem sowie ein altes Brunnenhaus in der Nähe von Kallmuth besichtigen. Die gesamte Wasserleitung war ursprünglich über 110 km lang und gibt noch immer Rätsel auf, wie zur damaligen Zeit eine derartige bauliche Leistung möglich war.

Orchideenpracht und Weinverkostung

Das letzte botanische Ziel unserer Exkursion war die Orchideenwiese bei Irrel in der Nähe der luxemburgischen Grenze. Auch hierbei handelt sich um einen typischen Kalkmagerrasen, der nur durch besondere Schutzmaßnahmen bewahrt werden kann. Auf den Südhängen gedeihen einige der seltensten einheimischen Orchideenarten: die Hummelragwurz (Ophrys holoserica), die Händelwurz (Gymnadenia conopea) und die Bocksriemenzunge (Himantoglossum hircinum) standen noch in voller Blüte.

Nach einer gemütlichen Rast am Nixenweiher bei Ernzen stand als letzter Punkt unserer Exkursion ein Besuch in Serrig auf dem Programm. Hier waren wir zu einer Weinprobe eingeladen, bei der wir gleichzeitig viele interessante Informationen über den Weinbau im Saarland erhalten haben. Der bedeutendste Wein der Region ist der Riesling, der hier wegen der hervorragenden klimatischen Bedingungen und Bodenbeschaffenheit seine erstklassige Qualität erhält, von der wir uns ausgiebig überzeugen durften.

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