Arzneimittel und Therapie

Prophylaxe venöser Thromboembolien: Pentasaccharid Fondaparinux

Fondaparinux, der erste selektive synthetische Faktor-Xa-Inhibitor, weist in der Prävention venöser Thromboembolien (VTE) (als kombiniertem Endpunkt der tiefen Venenthrombose [TVT] und/oder der Lungenembolie nach großen orthopädischen Einriffen) mit einer Risikoreduzierung von über 50% eine überlegene Wirksamkeit gegenüber niedermolekularem Heparin (NMH) auf. Das zeigen die Ergebnisse einer aktuellen Metaanalyse aus vier internationalen Phase-III-Studien mit dem Pentasaccharid Fondaparinux-Natrium, die nach einer Information von Sanofi-Synthelabo während des Kongresses der Internationalen Gesellschaft für Thrombose und Hämostase am 8. Juli 2001 in Paris auf einer Plenarsitzung vorgestellt wurden.

Eine auf Wirksamkeit und Sicherheit bezogene Metaanalyse bei 7344 Patienten war möglich, da die vier Studien die gleichen Endpunkte hatten und ein vergleichbares Studiendesign aufwiesen. Der entscheidende Parameter einer antithrombotischen Behandlung ist das Verhältnis der Risikoreduktion der venösen Thromboembolien (VTE) zu den Ergebnissen der Verträglichkeit. Die Ergebnisse der Metaanalyse zeigen, bezogen auf die Wirksamkeit, eine hoch signifikante Überlegenheit von Fondaparinux im Vergleich zu niedermolekularem Heparin mi einer Risikoreduzierung von über 50%.

Bei der Betrachtung der proximalen tiefen Venenthrombosen, die am häufigsten zur Embolisierung neigen, wurden diese Ergebnisse bestätigt. Bezogen auf die Todesrate und die klinisch wichtigen Blutungskriterien (tödliche Blutungen, nicht-tödliche Blutungen in lebenswichtigen Organen oder Blutungen, die einer Revisionsoperation bedürfen) konnen zwischen beiden Behandlunsregimen keine statistischen Unterschiede festgestellt werden.

Folgerungen für die Behandlung mit Fondaparinux

Von allen möglichen Parametern, die bezogen auf die mit Fondaparinux behandelten Patienten in der Metaanalyse untersucht worden sind, war eines der wichtigsten Ergebnisse der Zeitpunkt der Administration nach Beendigung des chirurgischen Eingriffes. Der Wirksamkeitsvorteil war unabhängig vom Zeitpunkt der ersten Anwendung. Gleichzeitig gab es keine Unterschiede bezogen auf die klinisch relevanten Blutungen.

Bei genauer Anwendung der ersten Injektion mit Fondaparinux 6 Stunden oder später nach Beendigung des chirurgischen Eingriffs zeigte sich ein signifikant niedriger (p = 0,028) Blutungsindex (Häufigkeit von Blutungen mit einem Hämoglobinabfall ≥ 2 g/dl und/oder der Notwendigkeit einer Transfusion &gr; 2 Einheiten) als bei Anwendung von Fondaparinux innerhalb der ersten 6 Stunden nach Operationsende.

Venöse Thromboembolien sind bei großen Operationen häufig

Basierend auf den Statistiken des U.S. National Center of Health finden alleine in den Vereinigten Staaten 1000000 große, orthopädische Operationen statt und internationalen Schätzungen zufolge beläuft sich diese Zahl weltweit auf 2000000. Die Zahl der orthopädischen Eingriffe nimmt jedes Jahr um ungefähr 4% zu, weil zum einen die Bevölkerung immer älter wird, das Alter zunehmend seltener eine Kontraindikation ist, und sich zum anderen die Prothetik und die Operationsverfahren immer weiter verbessern.

Den Ergebnisse der 6. Konsensuskonferenz (Januar 2001) für antithrombotische Therapie des American College of Chest Physicians (ACCP) zufolge liegt die Prävalenz für eine tiefe Venenthrombose am 7. bis 14. Tag nach einer Totalendoprothese der Hüfte, einer Totalendoprothese des Kniegelenks und einer Schenkelhalsfraktur ohne Prophylaxe bei 50 bis 60%. Die Inzidenz einer Lungenembolie, ermittelt mittels einer Lungenszintigraphie, lag mit hoher Wahrscheinlichkeit zwischen 7 und 11% bei Patienten mit Hüft- oder Knie-Prothese. Dem Office of Medical Applications of Research, U.S. National Institute of Health, zufolge kommt es bei bis zu 3% dieser Patienten zu einer tödlichen Lungenembolie.

Unverändert medizinischer Verbesserungsbedarf

Um solche akuten und lebensbedrohlichen Ereignisse zu verhindern, wurden verschiedene Prophylaxearten angewandt, einschließlich unfraktioniertem Heparin und oralen Antikoagulanzien, oder fixe Dosen unfraktionierten Heparins und (aktuell) niedermolekularen Heparinen.

Obwohl die Entwicklung dieser Therapien zu signifikanten Verbesserungen in der Prophylaxe der venösen Thromboembolien geführt haben, bleibt das Risiko einer tiefen Venenthrombose und Lungenembolie bei diesem Patientenkollektiv hoch. Der aktuelle Konsensus des American College of Chest Physicians betont die Notwendigkeit, die Prävention der venösen Thromboembolien nach großen, orthopädischen Eingriffen zu verbessern.

Phase-III-Studienprogramm von Fondaparinux

Das weltweit durchgeführte Präventionsprogramm mit über 7000 Patienten, die sich einer orthopädischen Operation unterzogen haben, ist das größte und umfassendste klinische Programm, dass jemals in diesem Indikationsgebiet erfolgte. Es beinhaltet vier multinationale, prospektive, doppelblinde, randomisierte Phase-III-Studien, die alle dasselbe Behandlungsschema miteinander vergleichen: das Pentasaccharid Fondaparinux (2,5 mg einmal täglich, Postoperativ) versus zwei bewährten, standardisierten Prophylaxeregimen mit niedermolekularem Heparin. Primärer Endpunkt war die Inzidenz venöser Thromboembolien bis zum 11. Tag, definiert als tiefe Venenthrombose diagnositiziert mittels obligatorischer beidseitiger Phlebographie oder symptomatischer tiefer Venenthrombose oder Lungenembolie. Endpunkte für die Sicherheit waren Blutungen und Tod. Der Nachbeobachtungszeitraum betrug 42 ± 7 Tage.

  • Die EPHESUS-Studie zeigte in der Prävention der venösen Thromboembolien bei Hüft-Endoprothesen eine signifikant bessere Wirksamkeit (relative Risikoreduzierung um 56% [p = 9 x 10-6]) durch Fondaparinux, 4,1%, versus niedermolekulares Heparin, 9,2%). Die Sicherheitsprofile beider Substanzen waren vergleichbar (kein statistischer Unterschied).
  • PENTATHLON 2000 zeigte auch bei elektiver Hüft-Endoprothese eine relative Risikoreduzierung der Inzidenz der venösen Thromboembolien um 26% (p = 0,099) für Fondaparinux (6,1%) versus niedermolekulares Heparin (8,1%) und der tiefen Venenthrombose um 33% (p = 0,047). Die Sicherheitsprofile beider Substanzen waren vergleichbar (kein statistischer Unterschied). Die Ergebnisse dieser Studie stimmen mit denen der anderen drei Studien des Programms überein.
  • PENTHIFRA zeigte nach Operationen von Schenkelhalsfrakturen eine signifikant bessere Wirksamkeit (relative Risikoreduzierung der venösen Thromboembolien um 56% durch Fondaparinux, 8,3%, versus niedermolekulares Heparin, 19,1%). Die Sicherheitsprofile beider Substanzen bezogen auf Blutungen waren vergleichbar (kein statistischer Unterschied). Es handelt sich um ältere Patienten mit höherem Risiko für eine venöse Thromboembolie und Blutungen und stellt einen Bereich dar, der bisher noch nicht ausreichend medizinisch versorgt werden kann.
  • PENTAMAKS zeigte nach großen, elektiven Knieoperationen eine signifikant bessere Wirksamkeit (relative Risikoreduzierung um 55% durch Fondaparinux, 12,5%, versus niedermolekulares Heparin, 27,8%). Die Sicherheitsprofile beider Substanzen bezogen auf klinisch relevante Blutungen bei Patienten mit einem hohen Risiko für eine venöse Thromboembolie waren vergleichbar (keine statistischen Unterschiede tödlicher Blutungen, nicht-tödlicher Blutungen in lebenswichtigen Organen oder Blutungen, die einer Revisionsoperation bedürfen).

Selektiver Faktor Xa-Inhibitor

Das Pentasaccharid Fondaparinux, die erste Substanz einer neuen Klasse antithrombotischer Medikamente, der selektiven Faktor Xa-Inhibitoren, wurde durch Sanofi-Synthelabo und Organon für die Prophylaxe und Therapie venöser und arterieller thromboembolischer Erkrankungen entdeckt und weiterentwickelt.

Die U.S. Food and Drug Administration (FDA) hat ein auf 6 Monate verkürztes Zulassungsverfahren (fast track) für Fondaparinux für die Prophylaxe von venösen Thromboembolien nach großen orthopädischen Operationen gewährt.

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