Arzneimittel und Therapie

Keuchhusten: Bei unklarem Husten an Pertussis denken

Die Anzahl der Pertussis-Erkrankungen bei Adoleszenten und Erwachsenen steigt. Ein erheblicher Anteil davon wird nicht erkannt, wie Aventis Pasteur MSD mitteilte. Grund dafür ist der bei diesen Personengruppen meist atypische Krankheitsverlauf ohne eindeutige klinische Symptomatik. Daher sollte bei jedem ätiologisch unklaren Husten von mehr als sieben Tagen Pertussis in die Differenzialdiagnose einbezogen werden.

Zur frühen Abklärung bieten sich Kultur und PCR an, die aus Nasen-Rachenabstrichen duchgeführt werden können. Keuchhusten-Erkrankungen bei Erwachsenen und Jugendlichen bilden das Reservoir für die Zirkulation des Bakteriums Bordetella pertussis. Sie sind eine Ansteckungsgefahr für Nicht-Geimpfte, insbesondere für Säuglinge und Kleinkinder. Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut in Berlin empfiehlt seit Januar 2000, alle Kinder und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr gegen Pertussis zu impfen, denn bei zirka 85 Prozent der 7- bis 18-Jährigen fehlt die Grundimmunisierung.

Atypischer Verlauf ist möglich

Das Stadium catarrhale (Dauer: 1 bis 2 Wochen) der Pertussis-Infektion ist durch unspezifische Symptome der oberen Luftwege mit Husten, Schnupfen und leichtem Fieber gekennzeichnet. Erst im Stadium convulsivum (Dauer: 3 bis 8 Wochen) tritt der typische Stakkatohusten auf. Am Ende der paroxysmalen Hustenattacken kommt es zum inspiratorischen Ziehen und Erbrechen, häufig begleitet von einer Zyanose. Atypische Krankheitsverläufe treten vorwiegend bei Jugendlichen und Erwachsenen auf. Der Husten unterscheidet sich bei ihnen oftmals nicht von dem lang andauernder grippaler Infekte. Die Patienten bleiben häufig im Stadium catarrhale. Bei immerhin 65 Prozent der Jugendlichen und Erwachsenen treten jedoch Hustenanfälle über 21 Tage auf, bei 44 Prozent zusätzlich Erbrechen und bei 11 Prozent das typische inspiratorische Ziehen.

Keine Diagnose nur anhand der Klinik

Bei atypischen Verläufen ist eine Diagnosestellung allein anhand der Klinik nicht möglich. Meist muss auf den bakteriologischen Nachweis des Erregers aus Nasopharyngealsekreten oder Abstrichen zurückgegriffen werden. Die Spezifität liegt bei 100 Prozent (Goldstandard), die Sensitivität jedoch nur bei 60 bis 70 Prozent. Bis zum Ergebnis vergehen vier bis fünf Tage. Am erfolgreichsten ist die Erregeranzucht im Stadium catarrhale und frühen Stadium convulsivum. Schon innerhalb von ein bis zwei Tagen erhält man dagegen die Ergebnisse mit der Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR). Bei dieser Methode wird aus Nasopharyngealabstrichen das Gen für das Pertussis-Toxin vervielfältigt. Sie ist zwei- bis dreimal so sensitiv wie die Kultur. Es lassen sich so auch abgestorbene Keime, beispielsweise nach antibiotischer Behandlung, oder auch nur wenige Erreger nachweisen. Dies ist insbesondere für die frühzeitige und schnelle Diagnosestellung von Vorteil. Blutuntersuchungen, wie der Nachweis spezifischer Antikörper gegen filamentöses Hämagglutinin oder Pertussis-Toxin, sind zur Diagnose vor allem im späten Verlauf der Infektion geeignet, d. h. etwa drei Wochen nach Hustenbeginn.

Direkter Nachweis nur kurze Zeit möglich

Durch die kurze Besiedelung der Schleimhäute ist ein direkter Erregernachweis bei Jugendlichen und Erwachsenen nur für kurze Zeit möglich. Bei jedem ätiologisch unklaren Husten von mehr als sieben Tagen sollte der Hausarzt Keuchhusten in die Differenzialdiagnose einbeziehen und möglichst einen Nasen-Rachenabstrich durchführen; bei einer Hustendauer von drei bis vier Wochen solle gleich die Serologie eingesetzt werden. Je früher eine Pertussis diagnostiziert wird, desto besser sind die Chancen für eine effektive Antibiotikatherapie. Auch Familienmitglieder können dann prophylaktisch einer Inkubationsimpfung oder einer Therapie unterzogen werden.

Impfung schützt 10 bis 15 Jahre

Der Anstieg der Pertussis-Infektionen im Adoleszenten- und Erwachsenenalter ist zum einen darauf zurückzuführen, dass die Schutzdauer der Impfung vermutlich auf einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren begrenzt ist. Zweitens verleiht auch eine durchgemachte Infektion keinen lebenslangen Schutz (etwa 15 bis 20 Jahre). In den alten Bundesländern hat sich über die letzten Jahre eine große Kohorte Jugendlicher gebildet, die zwar geimpft wurden und nicht erkrankt sind, dennoch beobachten wir in dieser Altersgruppe zur Zeit eine kontinuierliche Zunahme der Keuchhusten-Erkrankungen. Bis zum 18. Lebensjahr wird daher das Nachholen oder vervollständigen der Impfung mit einem azellulären Pertussis-Impfstoff empfohlen. Dabei sind bis zum 14. Lebensjahr vier Impfdosen, zwischen dem 14. und dem 18. Lebensjahr nur noch zwei Impfdosen zur Grundimmunisierung nötig.

Pac Merieux von Aventis Pasteur MSD ist derzeit der einzige Impfstoff in Deutschland, der für die Grundimmunisierung der 11- bis 18-Jährigen zugelassen ist. Impfungen leisten einen wesentlichen Beitrag dazu, die Zirkulation des Keuchhusten-Erregers zu vermindern. Damit können nicht nur Geimpfte geschützt, sondern auch ungeimpfte Risikokinder und vor allem Säuglinge vor der Erkrankung und den damit verbundenen Komplikationen wie Apnö-Anfällen, Bronchialpneumonien, Otitis media oder Enzephalopathien bewahrt werden.

Literatur: Hoppe, J., et al. Kapitel Keuchhusten im Handbuch der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrie, 3. Auflage: 368 ff. (2000). W. v. König, C. G., et al. Lancet 346, 1326 ff. (1995). Liese, J. G., et al. Monatsschr. Kinderheilkunde, 142, 967 ff. (1994). Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut, Berlin, Epidemiologisches Bulletin 2/2000.

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