DAZ aktuell

Parallelimporte: Umpacken kann für den Importeur erforderlich sein

PIDING (bai/diz). In der Auseinandersetzung zwischen Arzneimittelimporteuren und Pharmaherstellern, bei denen es u. a. um die Frage geht, ob Importeure ausländische Arzneimittel durch Umpacken den nationalen Rechtsvorschriften anpassen dürfen, hat sich Generalanwalt Francis G. Jacobs beim Europäischen Gerichtshof zu Wort gemeldet. Die Rechte von Apotheker, Arzt und Patient auf ansprechende und vertrauenerweckende Aufmachung von Arzneimitteln kann deren Umpacken in neue Faltschachteln für Re- und Parallelimporteure objektiv erforderlich machen, so seine jüngsten Schlussanträge zu zwei verbundenen Rechtsfällen englischer und österreichischer Gerichte.

Importarzneimittelanbieter sind bekanntlich verpflichtet, Arzneimittel-Kennzeichnungen den nationalen Rechtsvorschriften anzupassen. Marktuntersuchungen haben eindeutig belegt, dass die überwiegende Mehrheit der Fachkreise und Patienten neue, deutschsprachige Verpackungen gegenüber etikettierten Packungen bevorzugt. Die Umsetzung dieser Forderungen wird jedoch immer wieder durch juristische Angriffe der Pharmaindustrie unter Berufung auf deren Markenrechte verhindert, wie der Bundesverband der Arzneimittelimporteure (BAI) in einer Presseerklärung mitteilt. Die Frage, wann ein solches Umpacken für die Vermarktung im Importland erforderlich ist, war einer der Kernpunkte der Vorlagen zum EuGH.

Generalanwalt Jacobs argumentierte, dass "das Umpacken für den Parallelimporteur erforderlich ist, wenn es vernünftigerweise nötig ist, um dem Importeur einen tatsächlichen Zugang zum Markt des Einfuhrmitgliedstaats (oder einem wesentlichen Teil davon) zu verschaffen". Dabei seien nicht nur "rechtliche Hindernisse wie die Rechtsvorschriften des Einfuhrmitgliedstaats, sondern auch De-facto-Hindernisse einschließlich der Abneigung der Verbraucher z. B. gegen mit Aufklebern versehene Packungen zu berücksichtigen, die sich auf die Verschreibungs- oder Abgabepraxis auswirken".

Der Generalanwalt führte ebenso aus, dass "ein Markeninhaber, der seine Rechte aus der Marke benutzt, um einen Parallelimporteur an einem erforderlichen Umpacken zu hindern, zu einer künstlichen Abschottung beiträgt". Dies sei EU-rechtlich unzulässig. Die Schlussanträge des Generalanwalts sind zwar nicht für den EuGH bindend, werden aber in aller Regel weitgehend für die endgültige Entscheidung übernommen. Mit einer Verkündung des Urteils ist vor Jahresende zu rechnen.

Der BAI begrüßt diese Entscheidung. Wie Andreas Mohringer, Vorstandsvorsitzender des BAI hierzu erklärt, habe Generalanwalt Jacobs hat mit seinen Anträgen - basierend auf früheren EuGH-Urteilen - mehrere wichtige Sachverhalte klargestellt. Er stärke in seinen Ausführungen die Rechte der Importarzneimittelanbieter, insbesondere in Hinblick auf das Umpacken in neue, allein deutschsprachige Faltschachteln sowie die Benutzung des in Deutschland verwendeten Namens eines Arzneimittels. Zur Begründung werde ausgeführt, dass "sobald der Importeur seine Produkte nur in einem Teilmarkt verkaufen könne, eine (künstliche) Abschottung der Märkte vorliege". Damit werde anerkannt, so Mohringer in der BAI-Pressemitteilung, dass die Ansprüche von Arzt, Apotheker und Patient ebenso relevant seien wie die kommerziellen Markenrechtsinteressen der Industrie. Dies sei ein weiterer wichtiger Schritt dazu, den ungehinderten Zugang zu preisgünstigeren Importarzneimitteln in marktüblicher Aufmachung sicherzustellen.

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