Arzneimittel und Therapie

HIV-Infektion: Krebserkrankungen bei AIDS

Bei AIDS-Patienten kommen Kaposi-Sarkom, Non-Hodgkin-Lymphom und Zervixkarzinom häufiger vor als in der Allgemeinbevölkerung. Eine US-amerikanische Untersuchung zeigte für einige weitere Krebsarten einen engen Zusammenhang zur Immunschwäche. Ein echter ursächlicher Zusammenhang zur Immunschwäche ist für die Hodgkin-Krankheit wahrscheinlich.

HIV-Infizierte haben ein erhöhtes Risiko, an einem Kaposi-Sarkom, einem Non-Hodgkin-Lymphom oder einem invasiven Gebärmutterhalskarzinom zu erkranken. Bislang gelten diese Tumoren als die einzigen AIDS-definierenden Krebserkrankungen. In einer US-amerikanischen Untersuchung wurde kürzlich geprüft, ob es weitere Krebserkrankungen gibt, die bei HIV-Infizierten und AIDS-Patienten gehäuft vorkommen. Insbesondere sollten Tumorarten identifiziert werden, die wahrscheinlich von der Immunschwäche selbst (und nicht von Lebensstil-Faktoren) beeinflusst werden.

Zusammenhang von Krebs und Immunschwäche untersucht

In elf Regionen der USA - sechs Bundesstaaten und fünf Großstädten - wurden die Daten eines AIDS- und eines Krebsregisters zusammengeführt. Die Untersuchung erfasste 302 834 HIV-Infizierte von 15 bis 69 Jahren, bei denen zwischen 1978 und 1996 die Diagnose AIDS gestellt worden war.

Das relative Risiko, an einem bestimmten Krebs zu erkranken, wurde als Quotient aus der Zahl der beobachteten und der Zahl der erwarteten Krankheitsfälle (letztere anhand der damaligen Krebs-Neuerkrankungsraten in der Allgemeinbevölkerung) berechnet. Alle invasiven Krebsarten wurden erfasst, von den Hautkrebserkrankungen jedoch nur das Melanom. Das relative Risiko einzelner Krebserkrankungen wurde zusätzlich nach Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit und Zugehörigkeit zu HIV-Risikogruppen stratifiziert.

Hinweise auf einen echten ursächlichen Zusammenhang einer Krebserkrankung zur Immunschwäche sind:

  • Hohes relatives Risiko (= RR) von AIDS-Patienten, an diesem Krebs zu erkranken
  • Eine Art Dosis-Wirkungs-Beziehung: zum Beispiel zunehmendes Erkrankungsrisiko von der Zeit vor bis zur Zeit nach Ausbruch der AIDS-Erkrankung
  • Spezifischer Zusammenhang
  • Übereinstimmung mit anderen Studien
  • Analogien zu anderen immunsuppressiven Situationen (z. B. nach Organtransplantation)

In der amerikanischen Untersuchung galt eine Krebserkrankung als möglicherweise von der Immunschwäche beeinflusst, wenn sie folgende Kriterien erfüllte:

  • Das relative Erkrankungsrisiko, gemittelt für den Zeitraum von 5 Jahre vor bis 2,25 Jahre nach dem Ausbruch von AIDS, war signifikant erhöht.
  • Das relative Erkrankungsrisiko war auch kurz nach dem Beginn von AIDS (4 Monate bis 2,25 Jahre danach) signifikant erhöht.
  • Das relative Erkrankungsrisiko stieg von der Zeit vor bis zur Zeit nach dem Ausbruch von AIDS. Diese Entwicklung war statistisch signifikant.

84% der HIV-Infizierten waren Männer. Zu Beginn der AIDS-Erkrankung waren die meisten Patienten jünger als 50 Jahre und fast die Hälfte zwischen 30 und 39 Jahre alt.

Kaposi-Sarkom und Non-Hodgkin-Lymphom am häufigsten

Insgesamt erkrankten 35 275 Personen 5 Jahre vor bis 2,25 Jahre nach dem Beginn ihrer AIDS-Erkrankung an Krebs, davon die meisten (n = 30 853; 87%) an AIDS-definierenden Krebserkrankungen. Diese traten mit folgender Häufigkeit auf:

  • Kaposi-Sarkom bei 9,9% der Männer und 0,8% der Frauen
  • Non-Hodgkin-Lymphom bei 3,4% der Männer und 1,5% der Frauen
  • Invasives Zervixkarzinom bei 0,7% der Frauen

4422 Personen erlitten in diesem Zeitraum andere Krebserkrankungen. Dies waren weit mehr als in der Allgemeinbevölkerung (RR 2,7). Sowohl Männer als auch Frauen waren von dieser Häufung betroffen. Von über 60 untersuchten Krebsarten erfüllten nur sechs alle drei Kriterien für einen möglichen Zusammenhang mit der Immunschwäche: Hodgkin-Erkrankung, Lippenkrebs, Lungenkrebs, Weichgewebe-Krebsgeschwulst, Peniskarzinom und Seminom (bösartiger, vom Samenbildungsgewebe ausgehender Hodentumor).

Erhöhtes Krebsrisiko

Die Hodgkin-Krankheit trat sowohl bei Männern als auch bei Frauen mit AIDS vermehrt auf (612 Fälle; RR 11,5). AIDS-Patienten aller großen ethnischen Gruppen und HIV-Risikogruppen wiesen ein erhöhtes Erkrankungsrisiko auf. Eine besonders starke Häufung wurde für den Mischzelltyp und die lymphozytenarme Form der Hodgkin-Krankheit beobachtet.

Insgesamt traten 20 Fälle von Lippenkrebs auf (RR 3,1), und zwar ausschließlich bei Männern. Lungenkrebs war der häufigste nicht-AIDS-definierende Krebs (808 Fälle). Das relative Erkrankungsrisiko lag bei 4,5. Das relative Risiko für Lungenkrebs stieg von der Zeit vor bis zur Zeit nach dem AIDS-Beginn nur bei Männern signifikant.

78 Krebserkrankungen gingen vom Weichgewebe aus (RR 3,3), davon 25 ohne genaue Gewebezuordnung. Eine signifikante Häufung wurde nur bei homosexuellen Männern beobachtet.

Von den anogenitalen Krebserkrankungen zeigte nur das Peniskarzinom (n = 14, RR 3,9) einen signifikanten Risikoanstieg von der Zeit vor bis zur Zeit nach dem AIDS-Beginn. 115 Fälle von Seminomen wurden verzeichnet (RR 2,0), die meisten davon bei homosexuellen Männern.

Zusammenhang mit Hodgkin-Lymphom wahrscheinlich

Einen echten Zusammenhang zur zunehmenden Immunschwäche halten die Autoren nur für die Hodgkin-Krankheit für wahrscheinlich und für das Lippenkarzinom und das Seminom für möglich. Der Lungenkrebs kann auch durch starkes Rauchen und das Peniskarzinom durch häufigen Kontakt mit humanem Papillomavirus vermehrt auftreten. Einige histologisch nicht bestimmte Weichgewebe-Krebsgeschwülste waren möglicherweise ungenau diagnostizierte Kaposi-Sarkome.

Literatur: Frisch, M., et al.: Association of cancer with AIDS-related immunosuppression in adults. J. Am. Med. Assoc. 285, 1736 - 1745 (2001).

Bei AIDS-Patienten kommen Kaposi-Sarkom, Non-Hodgkin-Lymphom und Zervixkarzinom häufiger vor als in der Allgemeinbevölkerung. Eine US-amerikanische Untersuchung zeigte für einige weitere Krebsarten einen engen Zusammenhang zur Immunschwäche. Ein echter ursächlicher Zusammenhang zur Immunschwäche ist für die Hodgkin-Krankheit wahrscheinlich.

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