Arzneimittel und Therapie

Hepatitis C: Symptome zeigen sich oft erst nach langer Zeit

Eine akute Hepatitis C wird zu 80 bis 90 Prozent chronisch und geht je nach Intensität der Erkrankung in etwa jedem vierten Fall innerhalb von 20 bis 30 Jahren in Leberzirrhose und Leberkrebs über. Weltweit leiden mindestens 170 Millionen Menschen an chronischer Hepatitis. Betroffen sind beispielsweise 51 Millionen Chinesen, 11 Millionen Ägypter, 9 Millionen Europäer und 4 Millionen Amerikaner.

Die Zahl der registrierten Fälle von Hepatitis-C-assoziierten Krankheiten steigt überall drastisch an. Jährlich sterben in den Vereinigten Staaten nahezu 10000 Menschen an dieser Krankheit, die Kosten von schätzungsweise etwa 600 Millionen Dollar verursacht. Ein Impfstoff steht noch nicht zur Verfügung.

Hepatitis C als Hauptursache für Krankheit und Tod

Bei dem 1989 entdeckten Hepatitis-C-Virus (HCV) aus der Gruppe der Flaviviridae handelt es sich um ein kleines, von einer Hülle umgebenes, einsträngiges RNA-Virus mit einem Durchmesser von 50 Nanometern. Die Entwicklung eines Impfstoffes gegen den Krankheitserreger wird vor allem durch die hohe Mutationsrate der für die Zusammensetzung der Hüllproteine verantwortlichen Virusgene erschwert. So konnten bereits sechs Hauptgruppen und über 30 Subtypen des HCV beschrieben werden.

Dabei kommen die verschiedenen Genotypen in spezifischen geographischen Verteilungen vor. Zum häufigsten Genotyp in Großbritannien und den USA zählt beispielsweise 1a, während 1b als der japanische Prototyp gilt. Aber nur 20 bis 30 Prozent der Patienten weisen den Erregertypus 2 und 3 auf. In Zaire, Ägypten und dem Mittleren Osten wird meist der Subtyp 4 isoliert, 5 in Südafrika und 6 in Hongkong. Auch wenn die Virusarten nur einen geringen Einfluss auf die Schwere der Krankheit auszuüben scheinen, sprechen gerade Patienten mit dem Genotyp 2 und 3 in vielen Fällen eher auf eine Behandlung mit Alfa-Interferon an als andere. Inzwischen steht fest, dass die Kombination von Alfa-Interferon mit Ribavirin stärker wirksam ist als Interferon alfa allein.

Schädigung des "Allround"-Organs im Körper

Die Leber wiegt etwa 1,5 Kilogramm und ist das größte Organ im menschlichen Körper. Sie befindet sich im oberen Teil der Bauchhöhle unter dem Zwerchfell, wo sie zum überwiegenden Teil von den Rippen bedeckt ist. Als Zentralorgan des Organismus führt sie viele verschiedene lebensnotwendige Reaktionen aus. Zu ihren Aufgaben gehört vor allem die Steuerung von Stoffwechselvorgängen, da sie das von den Eingeweiden kommende nährstoffreiche Blut aufnimmt. Die enthaltenen Nährstoffe wie Fette und Zukker werden nach Bedarf aufkonzentriert, umgesetzt, transportiert und gespeichert. Außerdem ist die Leber am Hormonmetabolismus beteiligt und für die Synthese vieler Proteine verantwortlich, auch von denen, die mit der Blutgerinnung in Zusammenhang stehen. Neben der Entgiftung schädlicher Stoffe im Körper findet hier auch der Abbau von Medikamenten statt, die durch die Nieren ausgeschieden werden.

Die Infektion des Menschen durch Heptatitis-C-Viren führt zur Zerstörung der Leberzellen (Hepatozyten). Dadurch entzündet sich die Leber und kann ihre Funktion nicht mehr wahrnehmen. Vermutlich sind es aber nicht die Viren selbst, die direkt für die Zellschädigung verantwortlich sind, sondern die zur Bekämpfung des Krankheitserregers eingeleiteten Reaktionen des menschlichen Immunsystems. Die langandauernde Schädigung der Leber durch diese Immunantwort führt meist zu Zirrhose und Leberinsuffizienz.

Oft ist die Übertragungsursache unbekannt

Das Risiko, an einer akuten Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus zu erkranken, ist für bestimmte Gesellschaftsgruppen besonders ausgeprägt. Es trifft zu einem hohen Prozentsatz sowohl Patienten mit der Blutkrankheit Hämophilie oder chronische Dialysepatienten als auch intravenös spritzende Drogenabhängige sowie medizinisches Pflegepersonal nach einer Verletzung mit infizierten Geräten.

Unzureichend sterilisierte Nadeln bei Bodypiercing oder Akupunktur können ebenfalls zur Infektion führen, wie auch die Transfusion kontaminierten Blutes. Seit 1992 werden Blutkonserven auf HCV getestet, was eine Reduktion der Anzahl der auf diesem Weg infizierten Personen bewirkte. Die Ursache für eine Ansteckung kann sogar auf die Mitbenutzung von Zahnbürste oder Nagelfeile zurückzuführen sein, wenn daran infektiöses Blut haftete. Nur selten erfolgt eine Übertragung über den Geschlechtsverkehr. Bei einem Großteil der Krankheitsgeschichten kann der Entstehungsweg jedoch nicht rekonstruiert werden. Einfluss auf den klinischen Verlauf der Erkrankung üben Faktoren wie Infektionen mit weiteren leberschädigenden Erregern, reduzierter Immunstatus, Alkoholmissbrauch oder Einnahme leberbeeinträchtigender Medikamente aus.

Chronisch: Leberentzündung noch nach 6 Monaten

Lediglich in etwa 15 Prozent der Fälle akuter Hepatitis C kann das Immunsystem des Körpers das Virus komplett entfernen, sodass die Infektion spontan verschwindet und eine Heilung eintritt. Dauert die Leberentzündung länger als 6 Monate an, liegt eine chronische Hepatitis C vor. Ihre Kennzeichen, wie Müdigkeit, Oberbauchbeschwerden und Gelenkschmerzen, sind uncharakteristisch und unterscheiden sich nicht wesentlich von chronischen Hepatitiden anderen Ursprungs. Es können Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen oder Muskelschmerzen wie bei einer Grippe auftreten. Manchmal und vor allem zu Beginn der Krankheit zeigen sich jedoch gar keine Symptome. Fortschreitende Entzündung führt zur Entwicklung von Fibrose oder zur Entstehung von narbigem Gewebe.

Die Leberzirrhose bewirkt eine Umwandlung der Leber in eine unregelmäßige, narbige, knotige und geschrumpfte Architektur. Diese Entwicklung tritt bei etwa 20 bis 30 Prozent der Fälle chronischer Hepatitis C ein. Derartige Veränderungen führen nicht nur zu Funktionsstörungen, sondern auch zur Behinderung des Blutdurchganges. Das Pfortaderblut aus den Eingeweiden wird rückgestaut, was eine Erweiterung benachbarter Venen (variköse Zellen, "Krampfadern") mit Blutungen bewirkt und bei einem Durchsickern der Zellflüssigkeiten in die Bauchhöhle schließlich eine Bauchwassersucht (Aszites) zur Folge haben kann.

Die verschlechterte Leberfunktion führt oft zu Lethargie und Gewichtsverlust infolge Appetitlosigkeit und Erbrechen. Ist die Leberzerstörung weiter fortgeschritten, können sich Verwirrtheitszustände einstellen. Ursache dafür ist der unzureichende Abbau von Ammonium, welches sonst von der Leber eliminiert wird. Dieses überwindet die Blut-Hirn-Schranke und beeinträchtigt bestimmte Nervenzellreaktionen, sodass es zu Leberkoma und schließlich zum Tod kommt.

In der westlichen Welt sind etwa 40 bis 50 Prozent der Zirrhosen alkoholisch und 40 Prozent posthepatitisch bedingt; der Rest geht auf Stoffwechselstörungen, Medikamente und Zellgifte zurück. Die chronische Hepatitis C ist heute die häufigste Ursache für eine Lebertransplantation in den USA.

Als Folge ist das Risiko der Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms erhöht. Primärer Leberkrebs entwickelt sich bei etwa 80 Prozent der Fälle aus einer bereits zirrhotisch veränderten Leber. Außerdem ist die Leber das Organ, das am häufigsten befallen wird, wenn sich Krebs eines anderen Organs, wie Magen, Bauchspeicheldrüse, Gallenblase, Brust, Niere oder Darm, weiter ausbreitet. Nur 5 Prozent der Patienten mit diagnostiziertem Leberkarzinom überleben 5 Jahre.

Der Nachweis erfolgt über die Enzympegel

Eine Hepatitis C ist meist mit einem Anstieg verschiedener Enzyme oder speziell Transaminasen im Blutplasma verbunden. Die Konzentrationen können um das bis zu Zwanzigfache normaler Werte erhöht sein. Zu diesen Leberenzymen zählen die Aspartat-Aminotransferase AST oder Alanin-Aminotransferase ALT. Ihre Aufgabe besteht in der Übertragung einer Aminogruppe von einer Aminosäure auf eine anders aufgebaute Ketosäure. Sie lassen sich jedoch nur dann im Plasma nachweisen, wenn sich Leberzellen auflösen und ihren Inhalt ins Blutsystem ergießen. Eine Transaminaseerhöhung ALT/AST kann ein Indiz dafür sein, jedoch noch andere Ursachen haben. Manche Patienten mit chronischer Hepatitis C weisen sogar normale Enzymkonzentrationen auf.

Um das HCV exakter aufspüren zu können, ist ein Bluttest wie der Enzym-Immuno-Assay (EIA) notwendig. Er reagiert auf HCV-Antikörper im Blut und kann nahezu alle Patienten im chronischen Erkrankungsstadium der Hepatitis C identifizieren. Da aber von der Infektion bis zum Erscheinen der Antikörper im Blut durchschnittlich vier Wochen vergehen, werden mit dieser Methode nur etwa 50 bis 70 Prozent der akuten Infektionen entdeckt. Falsch positive Reaktionen treten auf, wenn ein Patient hohe Immunglobulinkonzentrationen oder rheumatoide Faktoren aufweist.

Zur Bestätigung eines mit dem EIA erhaltenen positiven Ergebnisses wird meist ein Western Blot Recombinant Immunoblot Assay (RIA) durchgeführt, bei dem das Blutserum des Betroffenen auf das Vorhandensein von Antikörpern gegen vier typische Proteine des HCV hin überprüft wird. Liegen solche Antikörper vor, so werden sich diese an die Proteine im Testkit anhängen und eine Farbreaktion auslösen. Noch genauere Ergebnisse bei Verdacht auf eine akute HCV-Infektion liefert die reverse Transkriptions-Polymerasekettenreaktion (RT-PCR) durch den Nachweis von HCV-RNA. Diese Technik weist die Anwesenheit des Virus direkt nach und kann eine chronische oder akute Infektion bestätigen. Die Sensitivität des Verfahrens liegt bei etwa 1000 Molekülen pro Milliliter Blutserum.

Ein Nachweis von HCV-RNA sollte bei einer akuten Infektion bereits innerhalb der ersten Tage möglich sein. Inzwischen werden quantitative RT-PCR-Assays eingesetzt, um die Wirksamkeit von Therapien mit Alfa-Interferon abzuschätzen.

Quelle Roche Facetten Nr. 16 "Neue Waffen gegen Viruskrankheiten"

Eine akute Hepatitis wird zu 80 bis 90 Prozent chronisch und geht je nach Intensität der Erkrankung in etwa jedem vierten Fall innerhalb von 20 bis 30 Jahren in Leberzirrhose und Leberkrebs über. Weltweit leiden mindestens 170 Millionen Menschen an chronischer Hepatitis.

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