Arzneimittel und Therapie

Progress-Studie: Nach Schlaganfall Blutdruck senken?

Risikofaktor Nummer 1 für einen Schlaganfall ist die Hypertonie. Eine effektive Blutdrucksenkung beugt damit einem Insult wirksam vor. In der Sekundärprävention war die Meinung bislang weniger eindeutig. Unklar war, ob eine Blutdrucksenkung das Risiko für ein weiteres ischämisches Ereignis möglicherweise sogar erhöht. Die PROGRESS-Studie brachte nun Licht ins Dunkel.

Die meisten Menschen fürchten sich mehr vor einem Schlaganfall als vor einem Herzinfarkt. Der einleuchtende Grund ist das bei einem Apoplex erhöhte Risiko einer mehr oder weniger starken Behinderung. Immerhin wird etwa ein Drittel pflegebedürftig, ein Drittel verstirbt, und nur ein Drittel kann danach ähnlich gut leben wie davor.

Sekundärprävention ist wichtig

Besonders wichtig ist die Sekundärprävention, denn mit dem ersten Schlaganfall steigt das Risiko für einen zweiten drastisch. In den ersten beiden Jahren liegt es besonders hoch. Immerhin 10 Prozent der Patienten erleiden während dieser Zeit ein Rezidiv. Die Frage, wie die Sekundärprävention aussehen soll, ist noch nicht endgültig geklärt. Lediglich die Gabe von Thrombozytenaggregationshemmern gilt eindeutig als "Muss". Die Ergebnisse von Untersuchungen mit Lipidsenkern stehen dagegen noch aus.

ACE-Hemmer Perindopril

Licht ins Dunkel brachte nun die PROGRESS (Perindopril pROtection aGainst REcurrent Stroke Study)-Studie zu der Frage, ob mit Antihypertensiva, insbesondere ACE-Hemmern, eine wirksame Schlaganfall-Rezidivprophylaxe möglich ist. Ziel der Studie war es, Nutzen und Risiken einer Blutdrucksenkung auf Basis des ACE-Hemmers Perindopril bei Patienten nach einem Schlaganfall oder einer transitorisch ischämischen Attacke (TIA) zu evaluieren.

Perindopril (Coversum®) gilt dafür als geeignet, da es auch nach Einmalgabe eine wirksame Blutdrucksenkung über 24 Stunden ermöglicht und keine ungünstigen Wirkungen auf den zerebralen Blutfluss besitzt. Zudem ist die Compliance bei ACE-Hemmern generell gut.

Seltener Schlaganfallrezidive

PROGRESS ist eine randomisierte, plazebokontrollierte und doppelblinde Studie, an der 172 Zentren in zehn Ländern teilnahmen. Randomisiert wurden letztlich 6105 Patienten, die innerhalb der letzten fünf Jahre einen hämorrhagischen, einen ischämischen, einen Schlaganfall unbekannter Ursache oder eine TIA erlitten und keine größere Behinderung davongetragen hatten. Etwa die Hälfte der Probanden war normoton. Hypertoniker waren mit Betablockern und/oder Calciumantagonisten eingestellt. Unter diesen Bedingungen lag der Blutdruck der Probanden im Mittel bei 147/86 mmHg, also bei annährend normalen Werten.

Knapp die Hälfte der Patienten wurde mit Perindopril, bei Bedarf zusätzlich mit dem Diuretikum Indapamid behandelt, die übrigen erhielten Plazebo. Unter Studienbedingungen konnte mit dieser Medikation der Blutdruck um 9,0/4,0 mmHg gesenkt werden. Entscheidender ist allerdings der Blick auf den primären Endpunkt, nämlich das Risiko eines Schlaganfallrezidivs. Dies konnte durch die Gabe von Perindopril um 28 Prozent gesenkt werden, und zwar unabhängig vom Schlaganfalltyp.

Das Interessante daran war, dass auch normotensive Patienten von der Therapie mit dem ACE-Hemmer profitierten. Zudem ging die Häufigkeit von Gefäßereignissen (Schlaganfall, Herzinfarkt, kardiovaskulärer Tod) insgesamt zurück. Konkret: Um einen Schlaganfall zu verhindern, müssen 23 Patienten über fünf Jahre behandelt werden, um ein "Gefäßereignis" zu verhindern, 18 Patienten. Für Neurologen und Patienten besonders interessant ist zudem, dass sich Demenzen nach Schlaganfall, gemessen anhand des MMS (minimal mental state) unter Perindopril seltener entwickelten.

Genügend Diskussionsbedarf

Die Studienergebnisse von PROGRESS könnten für die Praxis erhebliche Konsequenzen haben. So muss nun diskutiert werden, ob eine antihypertensive Therapie mit einem ACE-Hemmer wie Perindopril allen Schlaganfallpatienten gegeben werden sollte, und zwar unabhängig von Initialblutdruck und sonstiger Medikation. Auch die Diskussion um den Erfordernisblutdruck muss erneut geführt werden. So scheint sich eine Blutdrucksenkung, beginnend am dritten Tag nach dem Schlaganfall, nicht negativ auf das Rezidivrisiko auszuwirken. Ausnahmen, wie beispielsweise Patienten mit einer schweren Karotisstenose, müssten dann exakt definiert werden. Fachgesellschaften und Zulassungsbehörden sind nun gefordert, die Ergebnisse genauestens zu durchleuchten und ihre Empfehlungen möglicherweise entsprechend anzupassen.

Quelle: Pressekonferenz "PROGRESS-Studie", München, 28. Juni 2001, veranstaltet von Servier Deutschland GmbH, München.

Risikofaktor Nummer 1 für einen Schlaganfall ist die Hypertonie. Effektive Blutdrucksenkung beugt damit einem Insult wirksam vor. In der Sekundärprävention war die Meinung bislang weniger eindeutig. Unklar war, ob eine Blutdrucksenkung das Risiko für ein weiteres ischämisches Ereignis möglicherweise sogar erhöht. Die PROGRESS-Studie brachte nun Licht ins Dunkel.

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