Analytik

K.-H. Surborg, A. JunkersdorfCalciumascorbat, EuAB &

Im Rahmen der Erprobung eines neuentwickelten Karl-Fischer-Ofen-Systems haben wir Arzneistoffe mit definiertem Wassergehalt untersucht, deren Wassergehalt nach Vorschrift des gültigen Europäischen Arzneibuchs durch Ermittlung des Trocknungsverlustes im Trockenschrank bestimmt wird. Es handelt sich vielfach um Arzneistoffe, deren Wassergehalt durch "klassische" Karl-Fischer-Titration nicht bestimmt werden kann, weil sie beim pH-Wert der Titration mit Iod reagieren und so die Ergebnisse verfälschen. Dies gilt insbesondere auch für wasserhaltige Salze der Ascorbinsäure und deren Zubereitungen.

Ofen als Alternative zum Trockenschrank

In diesen Fällen hat sich die Ofenmethode als Alternative zur Trockenschrank-Methode bewährt [1, 2]. Hierbei wird die Substanz in einem geschlossenen System erhitzt und das dampfförmig freigesetzte Wasser mit einem Luft- oder Stickstoffstrom in die Vorlage mit Karl-Fischer-Lösung geleitet, wo die Titration erfolgt.

Trocknungsverlust von Calciumascorbat

In diesem Zusammenhang haben wir uns auch mit Calciumascorbat beschäftigt. Die Substanz liegt als Dihydrat vor und ist im Nachtrag 1998 zum Europäischen Arzneibuch 1997 (EuAB NT 1998) sowie u. a. auch in der United States Pharmacopeia 2000 monografiert. Das EuAB gibt eine Strukturformel an (Abb.1). Die USP 2000 verzichtet darauf und gibt lediglich die Summenformel mit C12H14CaO12 x 2 H2O und die Molekülmasse mit M 426,34 an.

Der berechnete Wassergehalt des Dihydrates beträgt 8,45%. Den Trocknungsverlust durch zwei Stunden langes Trocknen im Trockenschrank geben beide Arzneibüchern mit höchstens 0,1% an; er wird bestimmt mit 1,000 g Substanz bei 100 bis 105 °C (EuAB NT 1998) bzw. mit 3 g Substanz bei 105 °C (USP 2000). In beiden Fällen wird also nur die absorbierte Feuchtigkeit erfasst; das Kristallwasser ist unter diesen Bedingungen nicht zugänglich.

Bindung des Calcium-Ions

Im kristallinen Calciumascorbat hat das Calcium-Ion die Koordinationszahl acht, betätigt also acht koordinative Bindungen. Liganden sind jeweils zwei Wassermoleküle und drei Ascorbat-Anionen [3]. Untersuchungen zur Struktur von Erdalkalisalzen der Ascorbinsäure sind von Tajmir-Riahi [4] durchgeführt worden. Zur besseren Verständlichkeit ist hier eine Strukturformel der L-Ascorbinsäure mit nummerierten C-Atomen wiedergegeben (Abb.2 ).

Tajmir-Riahi kommt für das kristalline Calciumascorbat auf Grund FT-IR- und 13C-NMR-spektroskopischer Befunde zu dem Ergebnis, dass das erste Ascorbat-Anion über C5-O und C6-O, das zweite über C3-O, C5-O und C6-O und das dritte über C1-O koordinativ an das Calcium-Ion gebunden ist (Abb.3). Die beiden an das Calcium-Ion koordinativ gebundenen Wassermoleküle sind durch die Ascorbat-Anionen so sehr abgeschirmt und eingeschlossen, dass auch bei höherer Temperatur eine Freisetzung äußerst erschwert ist.

Wir haben Calciumascorbat-Dihydrat im Karl-Fischer-Ofen Temperaturen von 110 bis 170 °C ausgesetzt und jeweils das freiwerdende Wasser bestimmt (Tab.1). Die langen Titrationszeiten zeigen, dass die Substanz auch bei höherer Temperatur ihr Kristallwasser nur sehr verzögert freisetzt. Eine sprunghafte Steigerung ist bei 150 und 155 °C festzustellen. Hier beginnt die weiße Substanz auch Farbe anzunehmen.

Die Titrationszeiten sind außerdem abhängig von der Einwaage und der Kristallgröße. Empfohlen wird eine Einwaage von 15 bis 18 mg Substanz. Wegen der zu erwartenden geringen Wassermenge ist zur Bestimmung ein KF-Coulometer erforderlich. Die bei 165 °C erhaltenen Werte sind gut reproduzierbar.

Bewertung

Der KF-Ofen (Abb.4) gestattet das Arbeiten bei Temperaturen von 50 bis 250 °C; dabei kann sowohl eine bestimmte Temperatur eingestellt als auch der gesamte Temperaturbereich abgefahren werden. Die mitgelieferte Software erlaubt es, die Kinetik der Wasserfreisetzung messend zu verfolgen und grafisch darzustellen. Ferner kann die gesamte Bestimmung substanzschonend unter Stickstoff-Atmosphäre durchgeführt werden, alles Parameter, die mit oder im Trockenschrank nur schwer zu verwirklichen sind.

Die Vorteile der neuen Ofenmethode in Verbindung mit einem KF-Coulometer sind [6]:

  • Vollautomatischer Ablauf der Bestimmung,
  • Kurze Bestimmungszeiten (10 – 12 min),
  • Geringer Substanzeinsatz (15 – 30 mg)
  • Ausgezeichnet reproduzierbare Werte.

Experimentelles

Probenvorbereitung: Jeweils ein Glas zur Konditionierung, drei Gläser für Leerversuche und drei Gläser mit Substanz werden vorbereitet. Die Gläser werden fest verschlossen und in den Probensammler gestellt. Über eine Injektionsnadel wird ein Stickstoffstrom in die Behältnisse geleitet, der den freiwerdenden Wasserdampf in die Karl-Fischer-Vorlage treibt.

Substanz: L(+)-Ascorbic acid Calcium salt Dihydrate, Fluka Nr. 11138.

Elementaranalyse: Atom / Berechnet / Gefunden C / 33,80% / 33,68%, 33,72% H / 04,25% / 4,261%, 4,239%

Reagenzien: Hydranal®-Coulomat AG-Oven, Riedel-de HaĎn Nr. 34739, Hydranal®-Methanol dry, Riedel-de HaĎn Nr. 34741, Hydranal®-Water Standard KF-Oven, Riedel-de HaĎn Nr. 34748.

Geräte: Oven Sample Processor Metrohm Nr. 774 mit SC Controller, KF Coulometer Metrohm 756 mit Keyboard, Stirrer 728 und Dosino 700.

Software: Metrodata Vesuv 3.0 Metrohm.

Danksagung: Wir danken der Fa. Metrohm in CH-Herisau und D-Filderstadt für die Bereitstellung des Karl-Fischer-Ofen-Systems und den Damen und Herren Dr. P. Kirschenbühler (Herisau), H. Reger, B. Faas und J. Wollenhaupt (alle Filderstadt) für theoretische und praktische Ratschläge. Herrn Dr. M. Nieger, Institut für Anorganische Chemie der Universität Bonn, danken wir für die Durchführung der Röntgenstrukturanalyse.

Literatur [1] K.-H. Surborg und A. Junkersdorf: Krankenhauspharmazie 1 (13), 10 (1992). [2] K.-H. Surborg und A. Junkersdorf: Metrohm Application Bulletin Nr. 217/1d. [3] K. Hartke: Arzneibuch-Kommentar – Kommentar zum Europäischen Arzneibuch, Bd. II/2. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, Govi-Verlag – Pharmazeutischer Verlag Eschborn, 1999. [4] H. A. Tajmir-Riahi: J. Inorg. Biochem. 40, 181 (1990); C. A. 114, 93985 k (1991). [5] K. Eger, R. Troschütz, H. J. Roth: Arzneistoffanalyse, 4. Auflage. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 1999. [6] K.-H. Surborg und A. Junkersdorf: Krankenhauspharmazie 22 (6), 271 (2001).

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