Berichte

Tokyo: ICH-Meeting in Tokyo

Vom 21. bis 25. Mai 2001 fand in Tokyo das diesjährige Frühjahrstreffen der Expertenarbeitsgruppen und des Lenkungsausschusses der ICH statt. Da viele ICH-Topics auch für OTC-Produkte und Generika Gültigkeit besitzen werden, sind Vertreter des Weltverbandes der Selbstmedikationsindustrie (WSMI) als Experten in den Arbeitsgruppen vertreten. Für den WSMI nahmen in Tokyo unter anderen zwei Mitarbeiter der Geschäftsstelle des Bundesfachverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) an den Sitzungen teil.

Die "International Conference on Harmonization of Technical Requirements for Registration of Pharmaceuticals for Human Use" (ICH) verfolgt das Anliegen, harmonisierte Grundlagen im regulatorischen Umfeld von Arzneimittelzulassung in den drei ICH-Regionen Japan, EU und USA sowie den Staaten mit Beobachterstatus (zur Zeit Kanada und die Schweiz) zu schaffen, um somit der zunehmend globalen Entwicklung neuer Arzneimittel Rechnung zu tragen und Doppelarbeit durch unzureichend harmonisierte Anforderungen zu vermeiden. Durch die ebenfalls als Beobachter beteiligte Weltgesundheitsorganisation (WHO) erhalten die ICH-Dokumente eine zusätzliche Tragweite über die beteiligten Regionen hinaus.

In mehrjährigen Abständen finden im Rahmen des ICH-Prozesses große Konferenzen statt, bei denen die Fortschritte im Harmonisierungsprozess der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Die 5. ICH-Konferenz fand im November 2000 in San Diego (Kalifornien) statt, die 6. ICH-Konferenz wird vom 12. bis 15. November 2003 in Osaka (Japan) stattfinden. Zwischen den großen Konferenzen tagen zweimal jährlich die Expertenarbeitsgruppen, die die ICH-Papiere ausarbeiten und abstimmen.

International harmonisierter Zulassungsantrag

Kernthema des aktuellen Treffens der Expertenarbeitsgruppen in Tokyo war das Common Technical Document (CTD), dessen Intention es ist, die Struktur und die Rahmenbedingungen für einen international harmonisierten Zulassungsantrag zu schaffen. In naher Zukunft wird es mit dem CTD-Format möglich sein, einen nahezu identischen Zulassungsantrag in den drei ICH-Regionen einzureichen.

Die verschiedenen CTD-Module befinden sich in Step 4 des ICH-Prozesses und werden derzeit bereits in die regionalen Anforderungen an Zulassungsanträge integriert. Die optionale Verwendung des CTD-Formates des Zulassungsantrages wird ab dem 1. Juli 2001 möglich sein; ab dem 1. Juli 2003 soll es dann verbindlich angeordnet werden. Bei Änderungen (variations) und Erweiterungen der Produktpalette (line extensions) soll es möglich sein, diese entsprechend dem CTD-Format einzureichen und auf zuvor eingereichte Dossiers zu verweisen, die noch im alten Format vorliegen. Generell soll die Bezugnahme auf bereits bei der Behörde vorliegenden Daten durch einen entsprechenden Hinweis im Dossier möglich sein.

Zur Gesamtheit des CTD soll durch das ICH-Sekretariat, das durch die "International Federation of Pharmaceutical Manufacturers Associations" (IFPMA)betreut wird, eine Internetseite mit Fragen und Antworten angelegt werden, in der die wichtigsten Probleme behandelt werden sollen. Die Beantwortung wird durch die jeweils betroffenen Arbeitsgruppen und die ICH-Koordinatoren erfolgen.

Im Nachgang zur bereits im letzten Jahr vollzogenen Verabschiedung der CTD-Module zeigten sich diverse Probleme im Umgang mit den Dokumenten, die einige Detailänderungen erforderlich machten. Die entsprechenden Korrekturen wurden bei dem jetzigen Treffen größtenteils verabschiedet und sollen in Kürze publiziert werden.

Umsetzung in einen elektronischen Zulassungsantrag

Im Mittelpunkt der ICH-Frühjahrstagung stand die Umsetzung des CTD-Formates in einen elektronischen Zulassungsantrag, das ICH-Topic M2 oder kurz eCTD.

Als Ergebnis konnte am 24. Mai 2001 das eCTD-Dokument für eine erste Testphase vom ICH-Steering Committee freigegeben werden. In dieser Testphase sollen die Spezifikationen für das eCTD mit einer geeigneten Zahl an Firmen überprüft werden. Hierzu sollen "dummy"-Anträge in elektronischer Form eingereicht werden. Entsprechend den Vorgaben eines ebenfalls bei diesem Meeting verabschiedeten Prüfplanes sollen die Ergebnisse aufgezeichnet und bis zum nächsten Expertentreffen im Oktober in Brüssel ausgewertet werden. Erst danach soll das eCTD offiziell in Step 2 verabschiedet und zur weiteren Kommentierung freigegeben werden.

Post-Marketing-Aktivitäten

Weitere wichtige Ergebnisse liegen in den künftigen Aktivitäten der ICH in den Bereichen "Post Marketing Activities" und "Biotechnologie und Gentherapie". Seither war die ICH mit Ausnahme der Guideline zu den Periodic Safety Update Reports (PSUR - ICH-Topic E2B) nicht im Bereich "post marketing" tätig gewesen. Aufgrund der immer deutlicher in allen drei ICH-Regionen zutage tretenden Schwierigkeiten gerade im Bereich der PSUR-Implementierung wurde bei einem Brainstorming-Meeting in Tokyo beschlossen, eine Expertengruppe einzusetzen, die hierzu konkrete Vorschläge erarbeiten soll.

Diskutiert wurde zum einen über die geforderten Inhalte der PSUR – hier v.a. Art und Umfang der Bewertung der gesammelten Daten. Zum anderen wurde von verschiedener Seite auf die Notwendigkeit praktikabler Regelungen zur Harmonisierung der Datenstichtage ("birth dates") und noch fehlender spezieller Regelungen für bekannte Substanzen hingewiesen. So erscheint es weder sinnvoll noch notwendig, dass bei einer Neuzulassung bekannter Stoffe die sechsmonatigen PSUR-Berichtsintervalle angeordnet werden. Auch erscheint der Aufwand für die multiple Aufarbeitung der umfangreichen internationalen Fachliteratur bei generischen Substanzen mit gut bekannten Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil unangemessen. Die Vertreter der WSMI und auch des BAH werden sich in den genannten Punkten für praktikable Lösungen einsetzen.

Biotechnologie und Gentherapie

Im Bereich der Biotechnologie und der Gentherapie wurde im Verlauf dieser Tagung eine Bestandsaufnahme der regulatorischen Anforderungen in den drei ICH-Regionen vorgenommen. Erfreulicherweise sind die wissenschaftlichen Grundlagen für die regulatorischen Anforderungen an die Gentherapie bzw. gentherapeutische Produkte in den drei Regionen weitestgehend übereinstimmend. Basierend auf diese Analyse wurden kritische Felder identifiziert, in denen von Expertenarbeitsgruppen die Entwicklung beobachtet und ggf. ICH-Guidelines oder andere Papiere erarbeitet werden sollen.

In einer weiteren Expertenarbeitsgruppe wurden in diesem Zusammenhang Vorschläge zur Weiterentwicklung einer ICH-Guideline on Comparability and Process Validation mit dem Fokus auf biotechnologische Produkte diskutiert. Die künftigen Arbeiten in diesem Zusammenhang sollen auf die Anforderungen an die Stabilitätsuntersuchungen biotechnologischer Produkte konzentriert werden, um die Arzneimittelhersteller bei Änderungen im Herstellungsprozess von weltweit vermarkteten Produkten zu unterstützen. Bei der nächsten Sitzung der Expertenarbeitsgruppe soll hierzu ein weiterentwickeltes Konzeptpapier diskutiert werden.

Verschiedene Themen für Guidelines

Weiterhin wurden verschiedene Themen für Guidelines im Bereich der Stabilitätsuntersuchungen (ICH-Topic Q1) weiterdiskutiert. So wurden die Arbeiten an der beim letzten Meeting in die Beratung aufgenommenene Guideline Statistical Analysis and Data Evaluation (ICH-Topic Q1E) weitergeführt. Diese Guideline konnte in Step 2 verabschiedet werden; sie wird in Kürze der Öffentlichkeit zur breiten Kommentierung zur Verfügung gestellt werden.

Im Mittelpunkt der noch in Step 1 befindlichen ICH-Guideline Data Package for Registration in Climatic Zones III and IV (ICH-Topic Q1F) stehen die Anforderungen an die Stabilitätsuntersuchungen für solche Produkte, die in den Klimazonen III und IV vermarktet werden sollen. Da die meisten der betroffenen Länder nicht in der ICH, sondern in der WHO organisiert sind, wurde seitens der ICH eine Abstimmung mit der WHO bei der Erarbeitung entsprechender Anforderungen gesucht.

Nach einem Dialog der Expertenarbeitsgruppe mit Vertretern der WHO, die in der ICH einen Beobachterstatus einnimmt, wurde der WHO nunmehr vorgeschlagen, in den entsprechenden Klimazonen Untersuchungen bei 30 Grad Celsius und 65% relative Feuchte durchzuführen.

Anhand verschiedener Guidelines on Impurities in New Drug Substances (ICH-Topics Q3 A + B) wurde über die Definition von Grenzwerten für die Identifizierung und Qualifizierung von Verunreinigungen diskutiert. Die derzeit in Step 3 befindlichen Guidelines sollen bei dem ICH-Meeting in Brüssel weiter diskutiert und ggf. in Step 4 verabschiedet und veröffentlicht werden.

Harmonisierung der Arzneibuch- Anforderungen

Zeitgleich mit dem ICH-Meeting fand eine Sitzung der Pharmacopoeial Discussion Group (PDG) statt, die sich mit der Harmonisierung der Anforderungen der Arzneibücher in den drei ICH-Regionen (ICH-Topic Q4) befasst. Die Zusammenarbeit zwischen der ICH und der PDG wurde im November 2000 bei der ICH 5-Konferenz in San Diego aufgenommen und soll auch weiterhin im Zusammenhang mit den ICH-Meetings fortgeführt werden.

Innerhalb der PDG wurde vereinbart, dass eine Arzneibuchmonographie dann als harmonisiert gelten kann, wenn eine Arzneibuchtestmethode eines pharmazeutischen Wirkstoffes oder Arzneimittels die gleichen Ergebnisse erbringt bzw. zur gleichen akzeptierenden oder ablehnenden Entscheidung des getesteten Produktes führt. Eine entsprechende Definition der Vergleichbarkeit wurde vom Japanischen Arzneibuch erstmals im März 2001 veröffentlicht, das Europäische Arzneibuch wird diese im September 2001 und das USP vermutlich Mitte 2002 publizieren.

Das nächste Treffen der Expertenarbeitsgruppen wird vom 22. bis 26. Oktober 2001 in Brüssel stattfinden.

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