Arzneimittel und Therapie

Xanthinderivat: Pentoxifyllin bei Herzinsuffizienz

Pentoxifyllin wird seit vielen Jahren bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit erfolgreich eingesetzt. Doppelblindstudien zeigen nun, dass die Substanz mehr kann als die rheologischen Eigenschaften des Blutes zu beeinflussen. Zusätzlich zur Standardtherapie der Herzinsuffizienz gegeben, verbesserte Pentoxifyllin nach einer Information von Aventis Pharma in verschiedenen Untersuchungen Beschwerden und die linksventrikuläre Funktion bei Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie.

In einer Studie kam es darüber hinaus zu einer Reduktion der Mortalität. Welchen Stellenwert der Xanthinabkömmling bei der hypertensiven und ischämischen Kardiomyopathie hat, müssen künftige Untersuchungen klären. Pentoxifyllin hemmt die Produktion von TNF-alfa, so die biologische Rationale für seinen Einsatz bei der neuen Indikation. Das inflammatorische Zytokin spielt eine wichtige Rolle in der Pathogenese der Herzinsuffizienz. TNF-alfa hemmt die kardiale Funktion auf direktem Wege und ist mit der Schwere der Symptome korreliert.

Eine Arbeitsgruppe aus Johannesburg berichtete bereits vor drei Jahren in "The Lancet" über den erfolgreichen Einsatz von Pentoxifyllin bei dilatativer Kardiomyopathie. Alle 28 Studienteilnehmer befanden sich in den NYHA-Stadien II oder III. Sie erhielten zusätzlich zu ihrer Standardtherapie mit Digitalis, ACE-Hemmern und Diuretika entweder 3 x 400 mg Pentoxifyllin täglich oder Plazebo.

Nach sechs Monaten befanden sich alle 14 Patienten der Verum-Gruppe, aber nur 10 von 14 mit Plazebo Behandelten in den NYHA-Stadien I oder II (p<0,05). Die Ejektionsfraktion war unter Pentoxifyllin mit 38,7% signifikant besser als in der Kontrollgruppe (26,8%). Gleichzeitig lagen die TNF-alfa-Spiegel bei den Patienten, die das Xanthinderivat erhalten hatten, in einem deutlich niedrigeren Bereich (2,1 vs. 6,5 pg/ml, p= 0,001).

Erhöhte TNF-alfa-Spiegel sagen Behandlungserfolg voraus

In eine plazebokontrollierte Doppelblindstudie mit ähnlichem Design wurden 49 Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie eingeschlossen. Im Wesentlichen bestätigten sich die zuvor beobachteten Effekte in einem größeren Patientenkollektiv. Während in der Plazebogruppe keine bedeutsamen Änderungen zu verzeichnen waren, kam es unter Verum zu einer signifikanten Verbesserung der Ejektionsfraktion von 21% auf 35% und zu einer Reduktion der TNF-alfa-Spiegel von 6,5 auf 1,9 pg/ml. Bei immerhin zwölf der mit Pentoxifyllin Behandelten stieg die Ejektionsfraktion um mindestens 10 Prozentpunkte an. Diese "guten Responder" hatten im Vergleich zu Patienten, die weniger stark auf Pentoxifyllin ansprachen, deutlich höhere initiale TNF-alfa-Spiegel (7,3 vs. 3,7 pg/ml, p= 0,01).

Auch mit Carvedilol behandelte Patienten haben additiven Nutzen

Nachdem sich der Nutzen von Pentoxifyllin als "Add-on" gezeigt hatte, ging die Entwicklung weiter. Die Standardtherapie der Herzinsuffizienz war nach der Veröffentlichung dreier großer Interventionsstudien um Betablocker erweitert worden. Interessant war nun die Frage, ob die zusätzliche Gabe von Pentoxifyllin für die Patienten einen Vorteil bringen kann.

Folgerichtig legten Forscher aus Johannesburg eine neue plazebokontrollierte Doppelblindstudie mit 39 Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie auf. Einschlusskriterium war eine nach dreimonatiger Behandlung mit Digoxin, ACE-Hemmern und Carvedilol auf unter 40% eingeschränkte linksventrikuläre Ejektionsfraktion. Nach einem halben Jahr Behandlung hatte sich unter 3 x 400 mg Pentoxifyllin pro Tag im Vergleich zu Plazebo die funktionelle Klasse signifikant verbessert. Während elf Patienten der Verumgruppe der NYHA-Klasse I angehörten, war dies in der Kontrollgruppe nur bei einem einzigen Patienten der Fall. Gleichzeitig hatten sich unter Pentoxifyllin die Belastungsdauer (von 9,5 auf 12,3 min) und die linksventrikuläre Ejektionsfraktion (von 24% auf 31%) signifikant verbessert.

Mortalitätssenkung bei Frauen mit peripartaler Kardiomyopathie

Doch lassen sich diese Ereignisse auf Patienten mit anderen Formen der Herzinsuffizienz übertragen? Zumindest Frauen mit einer peripartalen Kardiomyopathie profitieren ebenfalls von Pentoxifyllin. In einer Studie mit 59 Patientinnen kam es unter Verum signifikant seltener zu einem "Poor outcome" (27% vs. 52%). Dabei wurden Tod, fehlende Verbesserung der funktionellen Klasse oder ausbleibender Anstieg der Ejektionsfraktion um mindestens 10 Punkte als ungünstige Verläufe gewertet.

Im Gegensatz zu den früheren Studien zeigte sich erstmals eine statistisch auffällige Senkung der Mortalität. Acht der neun verstorbenen Patientinnen mit peripartaler Kardiomyopathie gehörten der Plazebogruppe an. Bereits in früheren Studien fand sich eine geringere Sterblichkeit unter Pentoxifyllin. Der statistische Nachweis war jedoch - vermutlich wegen der geringen Patientenzahlen - an der Signifikanzhürde gescheitert.

Auch wenn die Behandlungserfolge über die Hemmung der TNF-alfa-Produktion plausibel erklärt werden können, sind alternative Wirkungsmechanismen in der Diskussion. So konnte eine Arbeitsgruppe demonstrieren, dass unter Behandlung mit Pentoxifyllin auch die Plasmakonzentration von Fas-APO-1 zurückgeht. Fas-APO-1 ist ein myokardialer Oberflächenrezeptor, der bei der Auslösung von Atoptoseprogrammen eine wichtige Rolle spielt. Erhöhte Konzentrationen dieses Rezeptors werden bei der Herzinsuffizienz gemessen. Neben der TNF-alfa-vermittelten Verschlechterung der linksventrikulären Funktion, vermuten die Autoren, verhindert Pentoxifyllin auch den programmierten Zelltod und damit den zunehmenden Verlust von kontraktiblem Gewebe.

Nach den Ergebnissen der südafrikanischen Kardiologen soll nun der Effekt der Pentoxifyllintherapie auch bei Patienten mit hypertensiver oder ischämischer Herzinsuffizienz untersucht werden.

Literatur: Sliwa, K., et al. Lancet 351, 1091-1093 (1998). Skudicky, D., et al. Circulation 103, 1083-1088 (2001). Skudicky, D., et al. J. Am. Coll. Cardiol. 35, Suppl A: 190A-191A, Abs. 845-2 (2000). Sliwa, K., et al. Circulation 102, 18 Suppl: II-533, Abs. 2595 (2000). Skudicky, D., et al. Heart 84, 438-441 (2000).

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