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50 Jahre BPI: Die pharmazeutische Industrie ist zu Dialog und Kooperation bere

BERLIN (ks). Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI) feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen. In seiner Vorrede zum Festvortrag der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, stellte der Vorsitzende des BPI, Dr. Bernd Wegener, vor allem die Bereitschaft der pharmazeutischen Industrie zu Dialog und Zusammenarbeit heraus.

Dr. Bernd Wegener eröffnete den Festakt mit einem Rückblick auf die Geschichte des BPI, die nicht ohne Brüche gewesen sei. Im Gründungsjahr 1951 habe man sich eine Entwicklung, wie sie in den vergangenen Jahrzehnten stattgefunden habe, kaum vorstellen können. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs standen zunächst die Rohstoffprobleme im Mittelpunkt aller Aktivitäten des neu gebildeten Zusammenschlusses der pharmazeutischen Industrie. Doch das Aufgabenspektrum erweiterte sich schnell. Der BPI als Dialog- und Kooperationspartner im Gesundheitswesen: dies war bereits bei der Gründungsversammlung Zielvorstellung des Vorstandes. Und so sei es auch heute noch. Der BPI habe stets größten Wert auf die Zusammenarbeit mit Behörden und benachbarten Berufsorganisationen gelegt, so auch den Apothekern. Das Verhältnis zu den Krankenkassen gestaltete sich von Beginn an schwierig. Schon immer bemühten sich diese um eine Ausgabenbegrenzung bei Arzneimitteln.

Planungssicherheit bedarf Rahmenbedingungen

Wegener führte aus, dass die pharmazeutische Industrie teilweise sehr investitionsintensiv arbeiten müsse. Sie nehme hohe finanzielle Belastungen auf sich, um Patienten ein breites Spektrum medikamentöser Therapiemöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Deshalb benötige man für eine mittelfristige Planungssicherheit Rahmenbedingungen, die es ermöglichten, sich gegen internationale Konkurrenz zu behaupten.

In diesem Zusammenhang sprach er zwei aktuelle Punkte an: Mit Genugtuung nehme man zur Kenntnis, dass den Argumenten des BPI gegen eine "Positivliste" Aufmerksamkeit geschenkt werde. In der fachpolitischen Diskussion bestehe weitgehender Konsens darüber, dass eine "Positivliste" patienten-individuelle Therapien, die heute nach "State of the Art" möglich seien, einschränken und zu Qualitätseinbußen in der Patientenversorgung führen werde. Ebenso sei man sich zum Großteil einig, dass sie die Arzneimittelausgaben der Krankenversicherung nicht reduzieren werde, sondern durch die Dynamisierung der so genannten "Strukturkomponente" eher gegenläufige Kosteneffekte provoziere. Dissens bestehe jedoch im Hinblick auf das Verfahren der Erstellung der "Positivliste" - durch eine Vorpublikation werde offensiv in wettbewerbs- und standortpolitische Rahmenbedingungen eingegriffen.

Plädoyer für Beteiligungskultur

Wegener ging auch auf das geplante Arzneimittelbudget-Ablösungsgesetz ein. Hier werde weiter der Philosophie der Markteingriffe gehuldigt. Es müsse einen anderen Weg geben, das Problem zu lösen, als neue Kartelle gegen die Pharmaindustrie aufzubauen. Er sprach sich für die Beteiligungskultur aus, zu der die Bundesgesundheitsministerin Schmidt mit dem "Runden Tisch" einen wichtigen Beitrag leiste. In Zeiten des verstärkten Wettbewerbs solle man eher auf Verhandlungs- und Gesprächskultur setzen als den Gang zu Gerichten neu zu provozieren. Mehr Beteiligung der Pharmaindustrie könne ein großer Schritt zur Lösung sein. Irritierend sei für den BPI, wenn der Gesetzesentwurf vorsehe, dass den Krankenkassen-Verbänden auf Landesebene "Prokura" für die Information über Arzneimittel und medikamentöse Therapien erteilt werden solle. Die eigentliche Kompetenz liege schließlich bei den Herstellern, doch diese seien durch das Heilmittelwerbegesetz weitestgehend von der Arzt- und Patienteninformation ausgeschlossen.

Auch hier signalisierte Wegener nochmals die Bereitschaft zum Dialog. Ziel müsse nach seiner Ansicht sein, für mehr Transparenz im Leistungsgeschehen der gesundheitlichen Versorgung in Deutschland zu sorgen. Es müsse eine Beschreibung einer patienten-individuell angemessenen Versorgungsleistung erreicht werden. Dabei sei die Versorgungsleistung von Therapieerfordernissen her zu definieren und nicht nach aktueller Kassenlage.

Schmidt würdigt Arbeit des BPI

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt sicherte in ihrem Festvortrag zu, dass der BPI ein wichtiger Ansprechpartner für sie sei. Der Fortschritt in der Medizin, der sich gerade im Arzneimittelbereich zeige, müsse allen Versicherten zugute kommen. Die demografischen Verhältnisse in Deutschland stellten die Gesundheitspolitik vor große Herausforderungen. Man sei sich auch bewusst, dass sie Rahmenbedingungen schaffen muss, damit sich in Zeiten der Globalisierung auch pharmazeutische Unternehmen - insbesondere mittelständische - behaupten können.

Beim Überdenken des Sozialversicherungssystems stelle sie allerdings nicht das Solidaritätsprinzip in Frage. Jeder solle im Krankheitsfalle alles medizinisch Notwendige erhalten können. Versicherungen für Grund- und Wahlleistungen halte sie für ökonomisch nicht sinnvoll. Die Partialinteressen im Gesundheitswesen seien offenkundig. Umso mehr erfreue sie sich der allseitigen Gesprächsbereitschaft. Nur mit allen am Gesundheitswesen Beteiligten seien die Herausforderungen zu meistern. Der gebündelte Sachverstand am "Runden Tisch" sei eine gute Basis für Lösungen. Der BPI ist hierbei in der Arbeitsgruppe zur Modernisierung der Arznei-, Heil- und Hilfsmittelversorgung beteiligt.

Bei der Frage, was für ein Gesundheitssystem gewollt ist, müsse man als erstes schauen, ob die vorhandenen Mittel probat seien. Erst auf der zweiten Stufe sei die Finanzierbarkeit zu überdenken. Der Inhalt stehe in jedem Falle vor der Bezahlbarkeit. Hier forderte sie zur Diskussion am "Runden Tisch" auf.

Sackgasse Arzneimittelbudget

Hinsichtlich der Ablösung der Arzneimittelbudgets ist sie der Auffassung, dass ein zeitlich begrenzter Konsens, wie er nun getroffen wurde, einem weiteren Streit vorzuziehen ist. Das Bundesgesundheitsministerium sei auf jeden Fall bereit, neue Wege zu gehen. Zumal wenn sich alte Wege als Sackgasse erweisen, wie es beim Arzneimittelbudget der Fall war. Hier seien neue Instrumente von Nöten. Schmidt nahm Bezug auf die Ergebnisse ihres letzten Gesprächs mit Krankenkassen und Ärzten vom 14. Juni (AZ 2001 Nr. 25, S. 1). Die hier aufgestellten Bundesempfehlungen böten ein großes Einsparpotenzial und stellten daher wirksame Instrumentarien dar.

Keine Angst vor der Positivliste

Schmidt griff auch das Thema "Positivliste" auf. Auch ihr sei bewusst, dass diese über Jahre unter falschen Voraussetzungen diskutiert worden sei. Die "Positivliste" sei kein Instrument für große Einsparungen - wohl aber sei sie geeignet für mehr Transparenz zu sorgen. Die Qualität der Arzneimittelversorgung stehe bei allen Überlegungen im Vordergrund. Das Institut für Arzneimittelversorgung erarbeite einen Vorschlag, der zur Stellungnahme auch an die Verbände versendet werde. Bevor also das Bundesgesundheitsministerium tätig werde, finde eine fachliche Diskussion statt. Eine Vorveröffentlichung sei daher nicht zu fürchten. Die Pharmaindustrie könne nur gewinnen, wenn sie sich am Diskussionsprozess über die Qualität von Arzneimitteln beteilige.

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