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Arzneimittelpreisverordnung: Kippen, bewahren oder modifizieren

BERLIN (bra). Bei einer Veranstaltung von "Forum", die am 18. Juni in Berlin stattfand, wurde die Zukunft der Arzneimittelpreisverordnung (AMpreisV) auf den Prüfstand gestellt. Dabei wurde auf Entwicklungen am Arzneimittelmarkt hingewiesen, die zumindest eine Modifizierung der AMpreisV nahelegen würden. Allerdings wurden auch die Nachteile und Risiken deutlich, die einzukalkulieren sind, wenn man dieses Thema ohne die nötige Umsicht angeht.

Dr. Frank Diener, ABDA-Geschäftsführer für Wirtschaft und Soziales, machte in seinem Überblick deutlich, dass die Entwicklung der GKV-Ausgaben für Arzneimitteln weitgehend von der Strukturkomponente getragen wird; die Mengen sind zwischen 1992 und 2000 um 30% zurückgegangen, auch die Preise für gleiche Produkte liegen im Schnitt unter denen von 1992. Die Ausgabendynamik sei aber ein internationales, kein allein deutsches Problem.

Diener machte deutlich, das nicht die Entwicklung der Kosten im Arzneimittelvertrieb für die Ausgabendynamik verantwortlich zu machen ist; im Gegenteil: der kumulierte Rohertrag, den die Apotheken für die Versorgung der GKV-Mitglieder erhalten, habe im Jahr 2000 (7,55 Mrd. DM) erstmals wieder den schon 1992 erreichten Wert (7,36 Mrd. DM) erreicht, obwohl im gleichen Zeitraum die Arzneimittelausgaben der GKV von 32,6 auf 37,8 Mrd. gestiegen sind. Auch unter Berücksichtigung der erhöhten Selbstbeteiligung zeigt sich, dass für GKV-Arzneimittel im gleichen Zeitraum zwar 22,9% mehr Mittel aufgebracht wurden, dass der Apothekenrohertrag aber nur um 8,8% gestiegen ist. Das Problem seien also nicht die Entwicklung der Kosten für die Distribution insgesamt. Schon gar nicht dürfe man - wie internationale Daten zeigten - erwarten, dass durch einen Systemwechsel hin zu Apothekenketten die Finanzprobleme der GKV geringer würden.

Eine Schieflage ergibt sich aber dadurch, das die gegenwärtige Struktur der AMpreisV eine exzessive Rosinenpickerei durch Versandhändler, durch einzelne Apotheken und auch durch Großhändler mit einen kleinen Spezialsortiment geradezu herausfordere. Diener warnte davor, in Systemen wie in den USA oder in der Schweiz Vorbilder für die Lösung der Probleme zu sehen: "Wenn es darum geht, dass auch das Vertriebssystem einen Beitrag zum bestmöglichen Handling der Strukturkomponente leisten soll, ist es nicht zielführend, es zu zerstören"; besser sei, es systemkonform fortzuentwickeln. Es gehe darum , die AMpreisV so weiter zu entwickeln, dass vorhandene Wirtschaftlichkeitspotenziale "mit dem Apotheker" erschlossen werden könnten; Diener denkt dabei an eine Verbesserung der Compliance und an eine verstärkte Generika-Nutzung. Er verwies auf einen Grundsatzbeschluss, wonach die ABDA bereit sei, eine Weiterentwicklung der AMpreisV voranzutreiben.

Das Thema beschäftige inzwischen eine Arbeitsgruppe, an der das Bundesgesundheitsministerium, das Bundeswirtschaftsministerium und die ABDA beteiligt sei. Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe würden beim "Runden Tisch", den das Bundesgesundheitsministerium ins Leben gerufen hat, vorgelegt und zu beraten sein. In welche Richtung die Vorschläge gehen könnten, wollte Diener - auch nach Befragen - nicht herauslassen. Er deutete nur an, es müsse geprüft werden, ob das gegenwärtige System der Mischkalkulation (niedrigpreisige Arzneimittel liefern Roherträge, die für Großhandel und Apotheken weit unter den Vertriebskosten liegen, hochpreisige müssen die Kompensation dafür bringen) nicht überstrapaziert werde.

Unten rauf, oben runter

Mit konkreten Vorschlägen für eine Modifizierung der Arzneimittelpreisverordnung heizte Erich Dambacher von der Aventis Pharma Deutschland die Diskussion an. Die Preise von niedrigpreisigen Arzneimitteln müssten so angehoben werden, dass für Großhandel und Apotheken der Vertrieb mindestens kostendeckend sei. Dafür müssten die Handelsspannen bei hochpreisigen Arzneimitteln deutlich gesenkt werden. Die heutige Quersubventionierung sei nicht mehr hinnehmbar. Sie führe zu Marktverwerfungen und fördere die Rosinenpickerei.

Einzelne Apotheken profitierten davon zu Lasten der Mehrheit der Apotheken; und auch im Großhandelssektor zögen Großhandlungen, die sich auf wenige hochpreisige Produkte (z. B. Zytostatika oder Insuline) mit (absolut gerechnet) hohen Handelsspannen spezialisierten, zum Schaden des vollsortierten Großhandels und seiner Versorgungsfunktion immer mehr Marktanteile an sich. Dambacher plädierte für eine Kombination aus Fix-Zuschlägen und prozentualen Zuschlägen. Dass eine Verteuerung der Selbstmedikation die Konsequenz eines Abbaus der Quersubventionierung ist, sieht Dambacher auch, er hält es aber für hinnehmbar.

Die DAZ wird an anderer Stelle noch weiter auf die Diskussionen in Berlin eingehen. Der Ex-ABDA-Sprecher Dr. Johannes Pieck wies z. B. darauf hin, dass sich auch aus den geplanten Änderungen des Apothekengesetzes - insbesondere wenn man zusätzliche Vorschläge aus der SPD mit einbezieht - erhebliche Gefährdungen für die Arzneimittelpreisverordnung ergeben würden.

Bei einer Veranstaltung von "Forum", die am 18. Juni in Berlin stattfand, wurde die Zukunft der Arzneimittelpreisverordnung (AMpreisV) auf den Prüfstand gestellt. Dabei wurde auf Entwicklungen am Arzneimittelmarkt hingewiesen, die zumindest eine Modifizierung der AMpreisV nahe legen würden. Allerdings wurden auch die Nachteile und Risiken deutlich, die einzukalkulieren sind, wenn man dieses Thema ohne die nötige Umsicht angeht.

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