Berichte

parmapharm auf Wachstumskurs

Am 10. Juni hielt die Apothekenkooperation parmapharm in Köln ihre Gesellschafterversammlung ab. Im Mittelpunkt stand der Bericht des Sprechers des parmapharm-Beirates, Wolf-Peter Krause, Preetz. Er stellte die vielfältigen Aktivitäten der Kooperation im Marketing und zur Unterstützung der Beratung in Apotheken vor, ging aber auch auf die strategischen Konzepte der parmapharm für den Fall eines Systembruchs im Apothekenwesen ein.

Im zurückliegenden Geschäftsjahr stieg die Zahl der parmapharm-Mitglieder von 144 auf 576. Davon waren 382 auf der Mitgliederversammlung vertreten. Die Kooperation hat 93 Industriepartner. Der Jahresüberschuss von ca. DM 450000 wurde überwiegend an die Gesellschafter ausgeschüttet.

In seinem Bericht zur Lage der Gesellschaft betonte Krause die Übereinstimmung zwischen ABDA und parmapharm in der Einschätzung der politischen Lage. Dies hatte sich am Vorabend gezeigt (siehe Bericht auf Seite 30). Obwohl die Umsätze der Apotheken gestiegen seien, sei die Bedrohung der Apotheken gewachsen. Die Apothekenketten in Großbritannien, Italien, Tschechien, Norwegen, Irland und den Niederlanden machten dies sichtbar. Gegen solche Großformen hätten mittelständische Betriebe wie Individualapotheken nur eine Chance, wenn sie sich zusammenschlössen.

Gefahren und Perspektiven

Den diversen Bestrebungen zur Kostensenkung im Arzneimittelbereich entgegnete Krause, dass Deutschland längst ein Billigland auf dem Arzneimittelmarkt sei. Die Arzneimittelversorgung sei leistungsfähig, sicher, modern und im internationalen Vergleich auch preisgünstig. Doch gelte in der Politik immer mehr der Aktionismus. Gemäß der Forderung nach "schöpferischer Zerstörung" sei in der Öffentlichkeit nicht mehr gefragt, was passiere, sondern dass überhaupt etwas geschehe.

Anstelle des Apothekenwesens sei vielmehr das Krankenversicherungssystem zu reformieren und für den Wettbewerb zu öffnen. Leistungen sollten in Grund- und Wahlleistungen differenziert werden. Für letztere sollte der Wettbewerb mit privaten Versicherungen geöffnet werden. Nur so könnte der Gesundheitsmarkt aus dem "Würgegriff der Krankenkassen" befreit und zum wirtschaftlichen Wachstumsmarkt des Jahrhunderts werden.

Weniger problematisch als viele andere Betrachter sieht Krause den Internethandel an sich. Der Vergleich mit den USA relativiere die Marktbedeutung. Dort würden nur 2% der Arzneimittel über das Internet verkauft. In anderen Branchen sei der Internethandel wegen der hohen Kosten ein Verlustgeschäft. Versandhandel ohne Rosinenpickerei hätte nur geringe wirtschaftliche Bedeutung. Im Vergleich dazu wäre der Wegfall der Arzneimittelpreisverordnung ein Desaster.

Vorbereitet für den Systembruch

Angesichts der vielfältigen Gefahren müsse sich die parmapharm für einen Wegfall der Arzneimittelpreisverordnung und/oder des Fremd- und Mehrbesitzverbotes rüsten. Die Kooperation werde für die anderen Marktbeteiligten - Krankenkassen, Hersteller und Großhandel - interessant durch die Leistungen der Mitglieder und der Gesellschaft selbst. Dies erfordere einen hohen Organisationsgrad, die Verbindlichkeit von Entscheidungen der Gesellschafterversammlung und eine flächendeckende Verbreitung in ganz Deutschland.

Im Falle eines Systembruches sei nicht zu erwarten, dass die Krankenkassen an den Kollektivverträgen festhielten. Dann werde eine leistungsfähige Gruppe wie die parmapharm als Vertragspartner für die Krankenkassen interessant. Dies setze eine flächendeckende Verbreitung und etwa 2000 Mitglieder voraus. Mit diesem Hinweis machte Krause die unterschiedlichen Strategien für verschiedene Szenarien deutlich. Für die derzeitige Situation hatte er die Verbände zuvor als die berufenen Vertreter für Vertragsverhandlungen mit den Krankenkassen beschrieben. Insbesondere der Blick zu den Sanitätshäusern zeige, wie konkurrierende Verbände gegeneinander ausgespielt werden könnten. Andererseits wolle die parmapharm für einen Systembruch vorbereitet sein.

Die parmapharm habe bei einem Systembruch die Wahl, ob sie als Leistungsgemeinschaft ohne gemeinsamen Marktauftritt - wie die Parfümerien in der parma - oder mit einem gemeinsamen Marktauftritt - wie die Edeka - agieren wolle. Allerdings werde sie keinesfalls eine kostengünstigere Logistik aufbauen können als der deutsche Großhandel. Dann werde sich die parmapharm einen Logistikpartner unter den heute bestehenden Großhändlern suchen müssen, der Überweisungsaufträge der Industrie kostengünstig abwickeln könne. Solange die Arzneimittelpreisverordnung besteht, komme aber für die parmapharm ein zentraler Einkauf nicht in Betracht. Denn ein Einkaufspool wie die MVDA gefährde den Bestand dieser Verordnung.

Aktivitäten der Kooperation

Unter den derzeitigen Aktivitäten der parmapharm-Apotheken betonte Krause die große Bedeutung der apothekergestützten Selbstmedikation. Diese werde bei einer größeren Eigenverantwortung der Versicherten größere Bedeutung erhalten. Hier sollten die Mitglieder die Produkte der Partnerfirmen aus der Industrie bevorzugt präsentieren und konsequent fördern - als Gegenleistung für die vielfältige Unter- stützung durch diese Partner.

Die parmapharm unterhalte außerdem gute Beziehungen zu den Spezialkooperationen Diabetes Vital, Torre und Curasan. Mit dem EDV-Anwenderverein Prokas sei eine Zusammenarbeit geplant. Die parmapharm sei als einzige Kooperation im Warengeschäft und im gesamten Versorgungs- und Dienstleistungsbereich der Apotheken tätig. Zuvor habe noch keine unabhängige Kooperation eine Größe von fast 600 Mitgliedern erreicht. Zu den Aktivitäten gehörten die wöchentliche Zentralregulierung, wöchentliche Rundschreiben und verschiedene Treffen. Das sechsmal jährlich aufgelegte Marketing-Paket habe sich voll durchgesetzt. Im Rahmen des parmapharm-College für innovative Apothekenführung hätten jeweils über 150 Interessierte an Seminaren für die Alten- und Pflegeheimversorgung und zum Einkaufstraining teilgenommen.

Als weiteres Angebot sollen Fach-Erfagruppen für Wellness, Diagnostik, Herz-Kreislauf, Allergien und Asthma eingeführt werden. Der Organisationsgrad solle weiter gesteigert werden. Hierzu wurde auf der Gesellschafterversammlung zur Gründung regionaler parmapharm-Zentren für den Erfahrungsaustausch aufgerufen. Außerdem sind Marketingkonzepte für unterschiedliche Apothekentypen vorgesehen. Wesentlich für den Erfolg sei nach Ansicht von Krause, dass die parmapharm sich als eine durch Überzeugung verbundene Gemeinschaft von Gesinnungsfreunden verstehe. An die Mitglieder appellierte er nachdrücklich, für die Aufnahme weiterer Gesellschafter zu werben.

Wachstum der parmapharm

Das Wachstum der Gesellschaft war auch ein zentrales Thema im weiteren Verlauf der Versammlung. Auf der Tagesordnung stand eine Modifizierung des Gebietsschutzes, die die Aufnahme weiterer Apotheken ermöglicht. Nach der beschlossenen Änderung des Gesellschaftervertrages können nun auch in Städten zwischen 20000 und 50000 Einwohnern weitere Gesellschafter aufgenommen werden, wenn diese nicht in einer unmittelbaren Wettbewerbssituation zu bisherigen Mitgliedern stehen. Für größere Städte sollen die Detailregelungen zum Gebietsschutz künftig noch präzisiert werden. In Zweifelsfällen bleibt es bei einer Entscheidung zu Gunsten der bisherigen Mitglieder. Im Süden und in Teilen des Ostens Deutschlands stellen sich derartige Fragen allerdings bisher kaum, da die parmapharm dort noch weniger stark vertreten ist.

Bedeutung der Selbstmedikation

Einen wissenschaftlichen Exkurs während der Gesellschafterversammlung bot der Vortrag von Prof. Dr. M. Linden, Berlin, zur Selbstmedikation mit Phytopharmaka bei psychischen Störungen. Er betonte die große Bedeutung eines kurzen Vorabscreenings bei diversen funktionellen Beschwerden, um einfache Befindlichkeitsstörungen von ernsthaften Erkrankungen zu unterscheiden. Hier biete sich eine Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern an, da eine Befragung auch in der Apotheke zeitlich zu realisieren sei. Auch einfache Beschwerden, die keine ärztliche Therapie erfordern, könnten durchaus belastend für die Betroffenen sein und sollten daher in der apothekergestützten Selbstmedikation behandelt werden. Dabei müsse nicht immer eine durchschlagende Wirksamkeit gefordert werden, schon geringe Effekte könnten ausreichen, um die Lebensqualität zu verbessern. tmb

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