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Botanik: Eröffnung des Leipziger Apothekengartens

LEIPZIG (dür). Einer der ältesten deutschen Apothekergärten befand sich in Leipzig. In den letzten Jahrzehnten besaß die Universität jedoch nur noch den Botanischen Garten. Der lang gehegte Wunsch, wieder einen ausgewiesenen Apothekergarten zu haben, erfüllte sich am 1. Juni 2001 mit der Eröffnung eines auf 3000 Quadratmetern angelegten neuen Apothekergartens, der sich in eine historische Abteilung und in eine Abteilung mit aktuell genutzten Heilpflanzen gliedert.

Der im Friedenspark beim Uniklinikum angelegte Garten ist ein Gemeinschaftsprojekt der Universität Leipzig, der Stadt Leipzig und der Madaus AG in Köln. Das Unternehmen hat rund die Hälfte der Kosten für Planung und Bau der Anlage in Höhe von 1,2 Millionen DM übernommen. Die Stadt hat das Grundstück bereitgestellt und die Gestaltung unterstützt.

Der alte "Hortus Medicus" wurde 1542 erstmals urkundlich erwähnt. Er diente der Leipziger Löwen-Apotheke als Lieferant von Heilpflanzen. "In dieser Zeit entwickelte sich Leipzig zu einem Zentrum der wissenschaftlichen Heilkunde", erinnerte Ministerialrat Horst Bineoschek vom sächsischen Wissenschaftsministerium und hob die Rolle von Apothekengärten für die damalige Medizin hervor.

"Zum Glück haben sich die Zeiten im Vergleich zu früher gebessert", scherzte Prof. Dr. Wilfried Morawetz, Leiter des Botanischen Gartens und nun auch des Apothekergartens bei dem Festakt. "Früher mussten die Professoren für systematische Botanik persönlich die Gärtner bezahlen und die Pflanzen beschaffen", erzählte er den Gästen. "Heute sind wir in der glücklichen Lage, dass sich die Universität sehr sorgsam um ihre botanischen Einrichtungen kümmert."

Auch Prorektor Helmut Papp bemühte die Historie. In den Matrikeln der Universität fänden sich viele Namen von Persönlichkeiten, die mit der Pharmazie zu tun hatten. Darunter der Apotheker Wilhelm Pfeffer, Begründer der experimentellen Pflanzenphysiologie, sein Nachfolger Wilhelm Ruland, der Neurologe Paul Flechsig, der Physiologe Carl Ludwig und der Chemiker Wilhelm Ostwald.

Werbung für die Apotheker

Heute habe ein Apothekergarten vor allem kulturellen Wert, meinte Hans Knoll, Präsident der Sächsischen Landesapothekerkammer. Angesichts schwarzer Wolken über den zahlreichen Ehrengästen beschränkte sich Knoll in seiner Ansprache auf wenige Worte: "Dank, dass dieser Garten Apothekergarten heißt, welch tolle Werbung für uns. Dank für diesen wunderschönen Ort, mit dem wir uns identifizieren können. Dank an die Gestalter und Sponsoren. Mögen die Pflanzen kräftig ins Kraut schießen."

Aufklärung über Heilpflanzen

Dr. Uwe Pechar vom Vorstand der Madaus AG ließ es sich trotz heftigem Regen nicht nehmen, das Interesse des Unternehmens an der Förderung des Leipziger Apothekergartens darzustellen: "Wir möchten Erkenntnisse der traditionellen Phytotherapie noch deutlicher mit schulmedizinischen Ansprüchen verknüpfen." Die Wirksamkeit der für die unterschiedlichsten Indikationen eingesetzten Pflanzen werde oft belächelt, sei aber in vielen Prüfungen belegt worden.

Um noch mehr Aufklärung hinsichtlich Arzneipflanzen und deren Wirkung betreiben zu können und das Wissen der breiten Öffentlichkeit, den Studenten und Politikern zugänglich zu machen, habe sich das Unternehmen an der Errichtung des Apothekengartens in Leipzig beteiligt.

Nachdem die Sonne wieder hervorgekommen war, durchtrennten Bürgermeister Tschense, Prorektor Papp und Dr. Pechar das Band vor dem Eingang. Die vielen Gäste studierten, was der noch jungfräuliche Garten zu bieten hat. Die Pflanzen wurden nach neuester pharmazeutischer Literatur ausgesucht und nach Inhaltsstoffen, Wirkungsprinzipien und Giftigkeitsskalen geordnet. So wird dem Besucher ein systematisch aufbereitetes Heilpflanzenkompendium präsentiert. Auch die Homöopathie wurde berücksichtigt.

Zu den Schätzen des Gartens zählen ein Mate-Strauch, eine Mistel in Augenhöhe, der seltene chilenische Boldo-Strauch, ein Eucalyptus-Baum und eine ausgesuchte Sammlung von Salbei-Arten. Gezeigt werden mehr als 300 Heil- und Giftpflanzen. Darunter befinden sich auch solche mit volkstümlichen Bezeichnungen wie Zahnwehstrauch, Wüterich, nackende Hure, Tollbeeren und Gichtrose. Über die Heilwirkung einzelner Pflanzen kann sich das Publikum auf Schautafeln informieren. Der Eingang zum Apothekergarten befindet sich vor dem Hospitaltor. Er ist in der Sommerzeit von 9 bis 20 Uhr geöffnet.

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