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England schafft die Preisbindung für Arzneimittel ab

LONDON (nkh). Die Preisbindung für OTC-Arzneimittel wurde in England am 15. Mai endgültig abgeschafft. Nach einem mehr als fünfjährigen Kampf um die Beibehaltung der Preisbindung (Resale Price Maintenance, RPM) kapitulierten die englischen Apotheker und zogen sich aus dem Gerichtsverfahren gegen das "Büro für Fairen Wettbewerb" (Office of Fair Trading, OFT) zurück.

Wenn auch der Ausgang des seit Oktober letzten Jahres vor einem englischen Gericht geführten Rechtsstreites um die RPM nicht ganz unerwartet gewesen war, so kam das Ende doch überraschend schnell. Der Vorsitzende Richter, Mr. Justice Buckley, hatte der Community Pharmacy Action Group (CPAG), dem Zusammenschluss von Apothekerverbänden, pharmazeutischen Großhändlern und OTC-Herstellern, wenige Tage zuvor einen Rückzug nahe gelegt, da man geneigt sei, den Fall im Sinne der OFT zu entscheiden. Daraufhin, so CPAG, habe man keine andere Wahl gehabt als zu kapitulieren.

Die Ketten feiern, die Apotheker klagen

"Dies ist ein trauriger Tag für Großbritannien", so der CPAG-Vorsitzende David Sharpe. "Viele Apotheker werden einfach nicht in der Lage sein, mit den aggressiven Preistaktiken der Supermärkte zu konkurrieren." CPAG hatte argumentiert, dass bis zu einem Viertel der 12 000 unabhängigen Apotheken in England durch die Abschaffung der Preisbindung in Existenzgefahr gebracht würden. Zusätzlich befürchten die OTC-Hersteller eine Verringerung der Anzahl an OTC-Produkten durch die reduzierten Gewinnspannen. Beides sah das Gericht als nicht nachvollziehbar an.

Als "einen Sieg für den Kunden" bezeichnete der Generaldirektor der OFT, John Vickers, die Entscheidung des Gerichts, "nach 30 Jahren können die Einzelhändler nun endlich ihre eigenen Preise festlegen". Die Auswirkungen der Abschaffung der Preisbindung waren sofort für alle erkennbar. Der Supermarktgigant ASDA, der federführend gegen die Preisbindung vorgegangen war, reduzierte die Preise für zahlreiche OTC-Präparate wie z. B. Nurofen, Benylin und Lebertran um bis zu 50 Prozent. "Dies ist ein Tag zum Feiern", teilte eine begeisterte Sprecherin von ASDA gegenüber der DAZ mit. "Dies ist jedoch erst der Anfang", fügte Mike Coupe, ASDA's trading director, hinzu.

Andere folgten dem Beispiel von ASDA zügig nach. "Boots the Chemist" reagierte auf das Ende der Preisbindung mit einer 20-prozentigen Reduktion des Preises für Nicorette-Kaugummi und bietet drei Packungen Nurofen zum Preis von zweien an. Es wird sich jedoch erst zeigen müssen, als wie weitreichend und dauerhaft sich diese Preisreduzierungen erweisen.

Apotheken müssen ihre Stärken ausspielen

John D'Arcy, Hauptgeschäftsführer der National Pharmaceutical Association, dem englischen Pendant zum Deutschen Apothekerverband, zeigte sich durchaus zuversichtlich, dass die Entscheidung des Gerichtes nicht das Ende der unabhängigen Apotheke bedeutet. Auch wenn sie in Sachen Preis nicht mit den Supermärkten konkurrieren könnten, so verfügten die Apotheker über andere Stärken, die sie gegenüber ihren Patienten herausheben müssten, sagte Mr. D'Arcy.

Er war fest davon überzeugt, dass der Kampf um die Preisbindung trotz der hohen Kosten nützlich war. Zwischen 4 und 5 Millionen Pfund soll CPAG diese Auseinandersetzung in den letzten fünf Jahren gekostet haben. "Wenn wir RPM nicht so rigoros verteidigt hätten, hätten wir den Eindruck erzeugt, dass auch unserer Meinung nach das bestehende Apothekennetz nicht viel wert sei", so Mr. D'Arcy.

Unterstützung bekamen die Apotheker auch von Seiten der Großhändler und Numark, einer der so genannten "buying groups", in der sich unabhängige Apotheker lose zusammenschließen. Der englische Großhändler UniChem versprach seinen Kunden OTC-Waren im Werte von £ 50 sowie Material zur Verkaufsförderung. Numark's Marketing Direktor Andrew Sollitt sagte gegenüber der DAZ, dass trotz der Enttäuschung über den Ausgang dieses Verfahrens dies ein Kampf sei, den die Apotheker gewinnen könnten. Numark versprach seinen Mitgliedern, man werde die Preise der Konkurrenz beobachten und diese über das gruppeninterne Intranet zugänglich machen. Eine nationale Werbekampagne soll Ende Mai gestartet werden.

"Als unabhängige Offizinapotheker müssen wir unseren Anteil am OTC-Markt verteidigen. Wir müssen zusammenarbeiten, um klar zu machen, dass aufgrund der Beratung durch den Apotheker und die Verfügbarkeit von hoch ausgebildetem Personal die Apotheke der sicherste Platz ist, um Medikamente zu kaufen", so der Marketingdirektor Sollitt. Da sich CPAG freiwillig aus dem Verfahren zurückgezogen hat, kann gegen die Entscheidung des Gerichtes kein Einspruch erhoben werden.

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