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BAK-Kongress in Meran: Europäisch zusammenstehen – gegen Kommerzialisieru

MERAN (diz). "Ein Systembruch zwischen der stationären und ambulanten Versorgung mit Arzneimitteln ist in keinem Fall akzeptabel" - mit deutlichen Worten nahm Johannes Metzger, Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK) in seiner Eröffnungsrede zum Fortbildungskongress der BAK am 20. Mai in Meran Stellung zur geplanten Novellierung des Apothekengesetzes und zum Arzneiversandhandel via Internet. Er rief dazu auf, die europäischen Länder sollten sich gemeinsam gegen eine Kommerzialisierung des Gesundheitswesens wenden.

Zur Meraner Fortbildungswoche der Bundesapothekerkammer, die bis zum 25. Mai dauert, sind in diesem Jahr rund 600 Apothekerinnen und Apotheker angereist. Während, so die Aussagen von Bevölkerung, Politiker und sogar Krankenkassen, alle unser heutiges Apothekensystem erhalten wollen, ist man gleichzeitig im Begriff, es durch Systembrüche zu gefährden.

Voraussichtlich dürfte die Entscheidung über die Zulassung des Arzneiversandhandels aus wahltaktischen Gründen auf 2003 verschoben werden; möglicherweise, so hoffte Metzger, könnte sich bis dahin in der Politik die Erkenntnis durchsetzen, dass die Einführung eines Arzneiversandhandels in Europa aus Wettbewerbsgründen allen Vertriebswilligen offen stehen müsste, woraus sich vielfältige Probleme ergäben. Er erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass es kein einheitliches europäisches Arzneimittel-, Steuer- und Sozialrecht gibt, und auch an die bevorstehende Osterweiterung der Europäischen Union, was Probleme für den Arzneimittelmarkt, die Arzneimittelsicherheit mit sich brächte.

Ernüchterung bei E-Commerce

Beim E-Commerce, dem "Wunderwort für grenzenlose wirtschaftliche Entwicklung", ist angesichts dramatischer Umsatzeinbrüche bis zu 19 Prozent Ernüchterung eingekehrt. Metzger verdeutlichte, dass E-Commerce - was im Prinzip nichts anderes als Versandhandel bedeute - bei Arzneimitteln nicht nötig sei, denn: "Arzneimittel aus der Apotheke sind höchstens fünfzehn Minuten von Jedermann entfernt, das Arzneimittel aus dem Versandhandel jedoch mindestens zwei Tage."

Dagegen böten die Apotheker mit ihrem Internetportal flächendeckend ein "business to consumer" (B2C) an, das es ermögliche, bei der Apotheke der Wahl Arzneimittel zur Abholung vorzubestellen und sich im Einzelfall durch einen Apothekenboten sogar nach Hause bringen zu lassen, falls die Apotheke krankheitsbedingt nicht aufgesucht werden könne. Ein Versandhandel à la DocMorris sei vor diesem Hintergrund nicht nötig, so Metzger.

Erfreulicherweise scheint die Politik den Versandhandel mit Arzneimitteln inzwischen nicht mehr uneingeschränkt zu propagieren. So habe sich Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt auf dem Wirtschaftsforum gegen eine Rosinenpickerei ausländischer Internet-Apotheken ausgesprochen. Der BAK-Präsident begrüßte in diesem Zusammenhang den von Schmidt einberufenen "Runden Tisch", bei dem am Gesundheitswesen Beteiligte gemeinsam Strategien für das Gesundheitswesen von Morgen entwickeln wollen.

Systembruch nicht akzeptabel

Die beim E-Commerce eingetretene Nachdenklichkeit wünschte sich Metzger auch bei der anstehenden Novellierung des Apothekengesetzes. Denn möglicherweise noch bis zur Sommerpause sollen - in unverständlicher Eile - grundlegende systemverändernde Änderungen des Apothekengesetzes vom Parlament verabschiedet werden. Bei der ursprünglich aus dem Land Berlin kommenden Gesetzesinitiative, bei der es anfangs im Wesentlichen um Fragen der Belieferung von Pflegeheimen ging, sollen nun Krankenhausapotheken stärker in die ambulante Arzneiversorgung eingebunden werden. Man gehe davon aus, die im stationären Bereich frei kalkulierten Arzneipreise in die ambulante Arzneimittelversorgung übertragen zu können. Nach den Vorstellungen mancher Politiker könnte dadurch Wettbewerb in den streng reglementierten Bereich der Apotheke einziehen. Dabei vergessen diese Politiker allerdings, so Metzger, dass hinter der Preisbildung im stationären Bereich eine knallharte Marketingstrategie der Hersteller steckt: "Es ist das Vehikel zur Einführung der Präparate in den ambulanten Bereich, in dem dann das Geld verdient werden muss." Öffnete man den ambulanten Bereich für Krankenhausapotheken, würde das Preisniveau steigen, Mehrkosten wären die Folge.

Aber letztendlich sei der Transfer der Preise vom Krankenhaus in den ambulanten Bereich mit dem Ziel der Kostenersparnis nur ein Vorwand, stellte Metzger fest, denn die Apotheken hätten von den Krankenkassen im Wesentlichen nicht mehr Mittel in Anspruch genommen als 1992. Und die gestiegenen Arzneipreise dürften nicht dem Vertrieb durch die Apotheken angelastet werden. Den Politikern gehe es nach Ansicht Metzgers viel mehr um mehr Wettbewerb. Hier sollten sie aber erkennen, dass es sich um eine massive Wettbewerbsverzerrung handele, denn die Kostenstruktur von Krankenhausapotheken könne nicht mit der von öffentlichen Apotheken verglichen werden.

Nach europäischem Wettbewerbsrecht müssten aber private Anbieter wie hier die öffentlichen Apotheken mit gemeinnützigen, von öffentlichen Geldern getragene Einrichtungen (wie Krankenhausapotheke) gleichgestellt werden. Dies bedeutete, dass den privaten Anbietern der Zugang zur günstigen Krankenhausware eröffnet und der Mehrbesitz erlaubt werden müsste. Damit müssten Hersteller einen einheitlichen Preis für ihre Ware im stationären und ambulanten Bereich einführen, die Preisvorteile gingen verloren. Letztlich führte dies zu Vertriebsformen für Arzneimittel, deren Maxime ausschließlich die Profitorientierung wäre, prognostizierte Metzger, eine Politik, die er nicht nachvollziehen könne, zumal sie den Absichten der von Kanzler Schröder propagierten Politik der Förderung von Klein- und Mittelbetrieben zuwider liefe.

Was eine solche Kommerzialisierung bedeute - und nichts anderes werde durch den Änderungsantrag der SPD zum Apothekengesetz bewirkt - zeige ein Blick in die USA, wo es bereits das im Gesundheitswesen gebe, was hierzulande von interessierten Kreisen als richtungsweisend bezeichnet werde. Die Zahlen sprechen für sich: Während die Gesamtarzneiausgaben in Deutschland seit 1992 um 25 % von 40 auf 50 Mrd. DM gestiegen sind, zeigen sie in den USA einen Anstieg um 109 % von 143 auf 299 Mrd. DM.

Metzger wandte sich deutlich gegen Kommerzialisierungsvorhaben. So habe auch die Bundesapothekerkammer einstimmig die Thesen verabschiedet, dass bei jeder Weiterentwicklung die Qualität der Arzneimittelversorgung durch eine stärkere Einbeziehung der Apotheker gesichert und gesteigert werden müsse. Außerdem sei in keinem Fall ein Systembruch zwischen der stationären und der ambulanten Versorgung mit Arzneimitteln akzeptabel. Darüber hinaus müsse die Gleichpreisigkeit des Entgelts für die Apotheken durch eine gesetzliche Regelung als Ergänzung und Weiterentwicklung der Arzneimittelpreisverordnung auf Dauer gesichert werden.

Angesichts der Tatsache, dass die freie Heilberufsapotheke auch in vielen anderen Ländern der EU das Grundprinzip der Arzneiversorgung darstelle, rief er dazu auf, europäisch gegen eine Kommerzialisierung zusammenzustehen, die im Gesundheitswesen nichts verloren habe. Metzger wörtlich: "Seien Sie sicher, dass wir alles in unserer Kraft stehende unternehmen werden, um diesen Systembruch in Deutschland zu vermeiden."

"Ein Systembruch zwischen der stationären und ambulanten Versorgung mit Arzneimitteln ist in keinem Fall akzeptabel." Mit diesen Worten nahm Johannes Metzger, Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK) in seiner Eröffnungsrede zum Fortbildungskongress der BAK am 20. Mai in Meran Stellung zur geplanten Novellierung des Apothekengesetzes und zum Arzneiversandhandel via Internet. Er rief dazu auf, die europäischen Länder sollten sich gemeinsam gegen eine Kommerzialisierung des Gesundheitswesens wenden.

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