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Jahrestagung des BVKA: Neue Herausforderungen für krankenhausversorgende Apothe
Die geplante Ausweitung der Zuständigkeit von Krankenhausapotheken auf die Abgabe von Arzneimitteln an die Patienten zur ambulanten Behandlung scheint zunächst ein einfacher und praktikabler Ansatz zu sein, so Walter Schneider, Dillingen,1. Vorsitzender des BVKA in seinem Bericht des Vorstands. Er berge jedoch gleichzeitig die Risiken eines enormen Anstiegs der Kosten für Arzneimittel im Krankenhaus und führe je nach Ausweitung zu einer Deregulierung des gesamten Arzneimittelmarktes.
Apothekengesetz-Novelle: Einstieg in Systemveränderung
Krankenhausapotheken werden in direkter Konkurrenz zu der öffentlichen Apotheke stehen. Diese Politik sei absolut mittelstandsfeindlich, da zugelassen würde, dass völlig unterschiedliche Systeme aufeinanderprallen. Insbesondere werde das Fremd- und Mehrbesitzverbot tangiert. Die Gesetzesnovelle bedeute den Einstieg in eine Systemveränderung. Es sei allerdings nicht Aufgabe des BVKA, die Interessen der öffentlichen Apotheken zu vertreten, dafür sei die ABDA zuständig.
Die Aufgabe des BVKA sei es, dafür Sorge zu tragen, dass die Gleichberechtigung der Versorgungsmöglichkeiten durch eine krankenhausversorgende Apotheke oder eine Krankenhausapotheke auch weiterhin in den Formulierungen des Gesetzes explizit berücksichtigt werde. Aufmerksam beobachtet der BVKA auch die Bemühungen des Großhandels um die Krankenhausversorgung. Der BVKA wehrt sich entschieden gegen eine direkte Stationsbelieferung von Arzneimitteln durch den Großhandel.
Kein Qualitätsgefälle zwischen krankenhausversorgender Apotheke und Krankenhausapotheke!
Neben der Wirtschaftlichkeit ist die Qualität von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, eine Versorgung durch die öffentliche Apotheke für Krankenhausträger und Verwaltungen interessant zu machen. Qualitätsmanagement und der Nachweis der fachlichen Qualifikation werden, so Schneider, immer mehr gefordert. In der Vergangenheit hat der BVKA immer wieder klar gemacht, dass es kein Qualitätsgefälle zwischen einer Krankenhausapotheke und einer Versorgungsapotheke gebe. Bestätigt werde dies auch aus Kreisen der Ärzteschaft, so von dem Vorsitzenden der niedergelassenen Hämatologen und Onkologen, Dr. Schmitz, der in der Qualität der Arzneimittelversorgung keinen Unterschied zwischen einer Krankenhausapotheke und einer öffentlichen Apotheke sehen kann.
Konzentrationsprozess im Krankenhausbereich wird zunehmen!
Wie kann die Krankenhausversorgung in zukünftige Versorgungsstrukturen eingebunden werden? Mit dieser Frage setzte sich Gerhard Schulte, Vorstandsvorsitzender der Betriebskrankenkassen in Bayern, aus Sicht der Krankenkassen auseinander. Entscheidend werden die zunehmenden Konzentrationsprozesse im Krankenhausbereich sein. Öffentliche Träger ziehen sich immer mehr zurück, an deren Stelle treten in erster Linie private Träger. Mit der Zunahme an privaten Trägern wird die Wirtschaftlichkeit immer mehr in den Vordergrund rücken und den Konzentrationsprozess verstärken.
Zunehmend börsennotierte Krankenhausträger haben das Ziel, Gewinne zu machen. Da die Krankenkassen in Zukunft stärker in die Finanzierung der Krankenhäuser eingebunden werden, werden sie ebenfalls aus Wirtschaftlichkeitsgründen größere Häuser präferieren. Die Krankenhausbedarfsplanung fällt. Die Krankenkassen bestimmen immer mehr mit, auch in Standortfragen, so dass auch auf diesem Weg die Konzentration im Krankenhausbereich gefördert wird. Von 1991 bis 1999 nahm die Zahl der Krankenhäuser von 2411 auf 2252 ab, die Bettenzahl sank in diesem Zeitraum von etwa 665 000 auf 565 000.
Weniger Kunden für krankenhausversorgende Apotheke?
Schulte vertrat die These, dass die Kunden für die krankenhausversorgende Apotheke weniger werden würden, da sie in erster Linie kleine und mittlere Häuser versorge. Bei den zu erwartenden Konzentrationsprozessen werde die Zahl der möglichen Verträge automatisch schrumpfen. Einschneidende Folgen werden die DRG (Diagnosis Related Groups) für die Krankenhausstruktur haben. Die Krankenhäuser werden sich spezialisieren müssen, bestimmte Teile der Versorgung werden fortfallen. Der Wettbewerb unter den Trägern werde zunehmen. Eine größere Rolle wird in Zukunft die Qualitätssicherung spielen, zudem werde die Transparenz im Krankenhaussystem zunehmen, so dass sich Strukturen besser steuern lassen.
Integrierte Versorgungssysteme werden das Verhältnis der zur Zeit noch isoliert agierenden Akteure untereinander verändern. Der Widerspruch der getrennten Arzneimittelmärkte werde sich, so Schulte, nur in einer einheitlichen Preisbildung auflösen lassen. Auf diese Weise ließen sich schädliche Steuerungsinstrumente wie Nullpreise, Muster oder Marketingstudien reduzieren. Schulte appellierte an die krankenhausversorgenden Apotheker, bei Modellen zur integrierten Versorgung mitzumachen, um wichtige Erfahrungen zu sammeln.
Konzentrationsprozesse in der pharmazeutischen Industrie
Ebenfalls um Konzentrationsprozesse und um die zukünftige Zusammenarbeit mit der pharmazeutischen Industrie ging es in dem Vortrag von Günther Hartmann, Leiter Key Account- und Auftragsmanagement der Novartis Pharma GmbH, Nürnberg. Die Großen der pharmazeutische Industrie, zu denen unter anderen Aventis, AstraZeneca, Glaxo SmithKline, Novartis, Hoffmann La-Roche und Sanofi-Synthelabo zählen, werden im Klinikbereich einen Marktanteil von über 40%, im Grosso-Bereich von über 30% haben. Der Anteil der Klinikware beträgt etwa ein Fünftel am Gesamtumsatz.
Eine fusionierte Pharmafirma hat in der Regel viele Geschäftseinheiten und viele - oftmals aus Kundensicht zu viele - Ansprechpartner im Innen- und Außendienst. Für den krankenhausversorgenden Apotheker bedeutet das, dass Verhandlungen über das Gesamtsortiment kaum zu führen sind.
Wenige Kunden verantwortlich für großen Teil des Gesamtumsatzes
Auch auf Kundenebene haben durch die stetige Zunahme von Einkaufsringen und Einkaufsgemeinschaften in den letzten beiden Jahren Konzentrationsprozesse stattgefunden. Das hat dazu geführt, dass mit nur wenigen Kunden ein großer Teil des Gesamtumsatzes gemacht werde. Glaubt man den Prognosen der Arthur-Andersen-Studie zur Entwicklung des Deutschen Gesundheitswesens bis 2015, so wird bis dahin jede 4. Klinik geschlossen werden, 40% der Krankenhausbetten werden abgebaut werden, die Klinikzahl sinkt auf 1700 Kliniken. 15 000 Apotheken in Deutschland werden überflüssig, der Markt wird von Apothekenketten beherrscht - und Ärzte schicken die Rezepte online an die Apotheken. Auch Hartmann geht davon aus, dass die Einführung der DRG ab 2003 die Konzentrationsprozesse im Klinikbereich beschleunigen werden. Kostenungünstige Kliniken werden geschlossen werden, die Spezialisierung wird zunehmen.
Veränderungen in den Kliniken
In den Kliniken selber werden die DRG zur Abschaffung der Pflegesätze führen. Die Anzahl der Betten als Kennzahl wird entfallen. Die Verweildauer wird sich verkürzen, die Fallzahlen werden steigen. Eine Dokumentation über Haupt- und Nebendiagnosen wird aufgebaut werden, Kostenträgerrechnungen sind zu erstellen. Kliniken werden zu Wirtschaftsunternehmen. Der Arzt wird sein Handeln wirtschaftlichen Gesichtspunkten unterordnen müssen.
Apotheker verantwortlich für Pharmakoökonomie
Der Apotheker wird in diesem System zum pharmakoökonomischen Advisor. Einkauf und Bewertung von Arzneimitteln werden sich nach ihrem pharmakoökonomischen Nutzen richten müssen. Der Apotheker wird in Zusammenarbeit mit Chefärzten, Verwaltungsleitern und der Industrie vor allem dann gefragt sein, wenn es um folgende Fragen geht:
- Wie hilft ein Arzneimittel, Liegezeiten zu verkürzen?
- Wie gut lässt sich ein Arzneimittel in schlanke Prozesse der Klinik integrieren?
- Was trägt das Medikament zu DB-Rechnung der DRG-Indikation, der Abteilung, der Klinik bei?
- Wie beeinflusst ein Medikament den Wertschöpfungsprozess einer Klinik oder einer Abteilung?
Der krankenhausversorgende Apotheker wird in Zukunft mehr für den strategischen und operativen Einkauf verantwortlich sein. Er wird ein Artikelsortiment für die DRG festlegen und die Lieferanten auswählen. Zudem überwacht er die sachgerechte Anwendung und den ökonomischen Einsatz der Arzneimittel.
Key-Account-Management soll Apotheker unterstützen
Die Firma Novartis unterstützt die Apotheker mit ihrem Key-Account-Management. Besondere Kennzeichen des Key-Account-Managements sind:
- Nur ein Ansprechpartner für kaufmännische Belange,
- strategischer Einkauf für A-/B-Produkte,
- Jahresgespräche,
- Paketangebote,
- Rahmenverträge,
- Bonusvereinbarungen,
- CAP-Vereinbarungen,
- Risk-Sharing-Konzepte,
- Category-Management ,
- Service- und EDV-Beratung.
Keine Unterstützung wird die Firma Novartis gewähren, wenn es um den so genannten grauen Markt geht. Im Gegenteil. Hartmann zeigte einen Maßnahmenkatalog auf, Warenströme im grauen Markt zu unterbinden. Durch Änderung der Packungsgestaltung, Reduktion von Naturalrabatten und kostenlosen Lieferungen, durch den Nachweis der verbrauchten Mengen und durch Kontingentierungen lässt sich der graue Markt nach den Erfahrungen von Hartmann wirksam reduzieren. Mit Hilfe von IMS-Daten, GPI-Panels, Exportzahlen und Potenzialanalysen kann sehr gut verfolgt werden, ob Klinikware in den grauen Markt gelangt.
Gemeinsam nach Lösungen suchen!
Für die Zukunft bot Hartmann den Apothekern an, sich gemeinsam um neue Entwicklungen und Lösungen zu bemühen. Handlungsbedarf sieht er bei der Novelle des Apothekengesetzes, E-Commerce und Internethandel, Fremd- und Mehrbesitzverbot, den DRG und der Preisspannenverordnung. Hartmann schloss aus, dass sich die Gesamtarzneimittelpreise dem zur Zeit niedrigen Niveau der Krankenhausware angleichen werden. Die "großen" erhofften Ersparnisse im Zusammenhang mit der geplanten Arzneimittelversorgung von ambulanten Patienten durch die Krankenhausapotheke werden seiner Meinung nach möglicherweise ausbleiben.
Kastentext: BVKA-Vorstand wiedergewählt
Im Rahmen der Mitgliederversammlung des BVKA stand auch die Neuwahl des Vorstandes auf der Tagesordnung. Mit überwältigender Mehrheit wurde der alte Vorstand wiedergewählt. Er setzt sich wie folgt zusammen:
- Walter Schneider, Dillingen, 1. Vorsitzender
- Klaus Grimm, Wesseling, 2. Vorsitzender
- Axel Kruse, Offenbach, Schatzmeister
- Dr. Klaus Peterseim, Essen, Schriftführer
Auf die krankenhausversorgenden Apotheker kommen neue Herausforderungen zu, so zum Beispiel durch die geplante Novelle des Apothekengesetzes, durch Veränderungen im Klinikbereich, durch neue Versorgungsstrukturen und durch Konzentrationsprozesse in der pharmazeutischen Industrie. Mit diesen Themen befassten sich die krankenhausversorgenden Apotheker auf der Jahrestagung des Bundesverbandes krankenhausversorgender Apotheker (BVKA) am 7. Mai in Bad Homburg.
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